Österreich hat ein Problem mit der Zweiten Generation

Österreich hat ein Problem mit der Zweiten Generation
Die Kinder von Migrant*innen werden als Zweite Generation bezeichnet. Sie sind selbstbewusst und stellen Österreich vor ein Rätsel.

Für ein Buch habe ich mich kürzlich mit der Zweiten Generation von Menschen mit afrikanischen Wurzeln auseinandergesetzt. Vor ein Problem stellte mich allerdings bereits die korrekte Definition. Denn Statistiken und die Wissenschaft beschreiben diese Generation vielfältig. In einer Quelle werden als Zweite Generation von Menschen mit Migrationshintergrund nur Menschen bezeichnet, bei denen beide Elternteile im Ausland geboren sind. Anderen Quellen reicht ein Elternteil aus dem Ausland, um zu dieser Gruppe zu gehören.

Ich stelle die Theorie auf, dass auch Menschen, die als kleine Kinder nach Österreich kamen, zur Zweiten Generation gezählt werden können, weil sie sich vermutlich so verhalten. Es gibt sie mit oder ohne Staatsbürgerschaft - wobei die Frage, ob sie diese einfacher erhalten sollten, immer mehr diskutiert wird.

Es gibt nicht die eine Zweite Generation

Die Zweite Generation von Schwarzen Menschen in Österreich ist eine Gruppe, die sich immer neu gründet. Es gibt nicht die eine Zweite Generation. Eher sind es Generationen. Da sich durch immer neue Migration immer wieder eine Erste Generation herausbildet, gibt es mit ihren Kindern immer wieder eine Zweite. Josephine Soliman - die Tochter von Angelo Soliman, der ersten namentlich bekannten Schwarzen Person in Österreich - war die erste namentlich bekannte Person der Zweiten Generation. Fraglich ist allerdings, ob Einzelpersonen eine Generation sein können. Auch Gruppen, die durch Einzelpersonen entstehen, allerdings nicht miteinander verbunden sind, sind nicht klar als Generation zu bezeichnen. Teils wissen sie nicht einmal voneinander. Daher kann hinterfragt werden, ob sich die Kinder von Schwarzen US-Soldaten und Österreicher*innen, die im Rahmen der Besatzungszeit geboren wurden, als Beispiel für eine Generation eignen.

Spätestens ab den 1960er Jahren gründen sich Vereine afrikanischer Studierender in Österreich und auch Botschaften siedeln sich an. Spätestens ab dann können die Kinder dieser Menschen als Generation bezeichnet werden, da sie durch ihre Eltern auch in Kontakt mit anderen Schwarzen Kindern kamen. Besonders Kinder der 80er und 90er versuchten sich in einer Pre-Internet-Welt zu finden und seit Social Media ist die Verbindung besonders einfach. Die Verbindung ermutigt die Zweite Generation von Schwarzen Menschen in Österreich auch immer mehr zu Protest und Gesellschaftskritik.

Kolonialismus als Teil der österreichischen Tradition

Österreich als Land scheint nicht ganz zu wissen, was es mit dieser Gruppe von Menschen machen soll. Denn von der Mehrheitsgesellschaft wird schon fast eine Art der Dankbarkeit erwartet, die Migrant*innen aufbringen sollen. Sie wurden ja schließlich im Land aufgenommen. Während die Erste Generation noch stärker darauf bedacht ist, wenig aufzufallen - was nicht zuletzt dem vorherrschenden Rassismus geschuldet ist - macht es die Zweite Generation anders. Sie hat nicht mehr das Gefühl, jemanden etwas zu schulden. Sie sind hier geboren und aufgewachsen. Es ist eine Gruppe, die sich nicht integrieren musste, da sie von Anfang an in Österreich groß wurde.

Sie sind Österreicher*innen - mit oder ohne Staatsbürgerschaft - und haben es oft einfach satt. Sie haben es satt, immer wieder beweisen zu müssen, dass Österreich ihre Heimat ist. Sie wollen sich nicht immer zwischen ihren Kulturen entscheiden müssen, sondern beide leben. Und den Rassismus, der auch ihnen entgegenschlägt, wollen sie schon gar nicht akzeptieren. Die Zweite Generation wird zukünftig immer wichtiger. Es wird immer relevanter sein, diese Menschen als absolut selbstverständlichen Teil unserer Gesellschaft zu sehen und sich mit ihren Bedürfnissen auseinanderzusetzen.

Das Buch gibt es übrigens bereits zu kaufen: https://www.studienverlag.at/produkt/6269/jenseits-von-soliman/

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