Österreich: Nicht offen für Menschen anderer Kulturen - für Objekte schon

Österreich: Nicht offen für Menschen anderer Kulturen - für Objekte schon
Es ist spannend zu beobachten, wie viele Österreicher*innen koloniale Objekte als ihr Eigentum und Kulturgut sehen.

Koloniale Objekte sind in europäischen Museen oft wichtige Teile der Sammlung und der Ausstellungen. Ägyptische Sarkophage, Benin Bronzen und Stücke wie die Federkrone sind essenzielle Bestandteile der Museumswelt und sorgen für viele Besucher*innen. Die Debatte, ob es rechtmäßig ist, diese Objekte zu besitzen oder sie nicht doch zurückgegeben werden müssen, läuft in ganz Europa.

Spätestens seit dem Jahr 2017 ist die Frage, ob und wie koloniale Objekte zurückgegeben werden müssen, im Museums-Diskurs angekommen. Der französische Präsident Emmanuel Macron meldete sich zu Wort und stellte Rückgaben von kolonialen Objekten in Aussicht. Ein Bericht von den Wissenschaftler*innen Benedicte Savoy und Felwine Sarr erläuterte konkrete Kontexte und bildete einen konkreten Neustart der Debatte. In Deutschland war es besonders die Neuaufstellung des Humboldt Forums, die das Thema aufmachte. Es wurde in Aussicht gestellt, die wertvollen Benin Bronzen an Nigeria zurückzugeben. Die Rückgabe wurde dieses Jahr begonnen. In Österreich dauerte es etwas, bis die Fragestellung bei den Museen ankam.

Wissen und Forschung wird Europa zugeschrieben

Im Jahr 2021 widmete sich ein Projekt in den Bundesmuseen der Frage, welche Objekte kolonialen Ursprungs in den österreichischen Bundesmuseen überhaupt vorhanden sind. Einige Museen, in denen die Verbindung zum Kolonialismus stärker verankert ist, haben sich mit der sogenannten Restitutionsdebatte, wo ​​es um die Rückgabe der Objekte geht, schon länger auseinandergesetzt.

Seit Jahrzehnten beschäftigen sich allerdings schon Teile der afrikanischen Communities mit dem Thema und adressieren ihre Forderungen. Gehört wurden diese nicht. Klar erkennbar in der Debatte bleibt das - immer noch stark in der Gesellschaft verankerte - koloniale Gedankengut. Als Legitimierung für den Besitz der Objekte wird oft angeführt, dass die Ursprungsländer die Objekte ja gar nicht adäquat lagern könnten. Ebenfalls fällt die Begründung, dass die Objekte den Personen gar nichts bedeuten und sie erst durch europäisches Wissen relevant werden.

Wissen und Forschung wird Europa zugeschrieben. Den ehemals kolonialisierten Gebieten wird Unwissenheit und Unfähigkeit zugeschrieben. Diese kolonialen und eurozentristischen Denkweisen werden dabei kaum hinterfragt. Beide Argumente sind schlicht falsch.

Kolonialismus als Teil der österreichischen Tradition

Allerdings ist es spannend zu beobachten, wie viele Österreicher*innen diese Objekte als ihr Eigentum und Kulturgut sehen. Objekte, die aus Regionen und Kulturen stammen, über die sie nichts wissen und zum Großteil nichts wissen wollen. Besonders sichtbar wird dieser Umstand, wenn darauf verwiesen wird, wie unerwünscht die Personen aus diesen Ländern sind. Österreich ist kein Land, das offen auf Menschen anderer Kulturen zugeht. Migration ist ein Dauerthema und wird als negativ besetzt gesehen. Wahlen werden damit gewonnen, welche Partei dem Thema Migration härter gegenübersteht. Rassismus ist die Lebensrealität vieler Menschen, die Wurzeln in ehemals kolonialisierten Ländern haben. Rufe um Abschiebungen sind keine Seltenheit.

Obwohl die Menschen nicht wertgeschätzt werden, werden die Objekte als umso wertvoller eingestuft. Sie sollen da bleiben und nicht zurückgegeben werden. Sie werden als Teil der Tradition verstanden. Vielleicht ist es eine Chance darüber zu sprechen, dass koloniales Denken und Kolonialismus ebenfalls Teile der österreichischen Tradition sind. Objekte als Erinnerung daran haben wir ja genug.

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