Wrabetz übt Regierungskritik: Grüne "bringen auch nichts wirklich weiter"
100 Tage vor seinem Abtritt nach 15 Jahren als ORF-Generaldirektor nutzte Alexander Wrabetz die am Mittwoch gestarteten Österreichischen Medientage in Wien für Regierungskritik.
Zur Frage nach seinem größten Erfolg meinte der 61-Jährige, „dass es den ORF als führendes Leitmedium in allen drei Medien-Gattungen gibt. Dass er diese Stärke, diese Zukunftsfähigkeit hat.“ Unter der türkis-blauen Zeit sei es ihm gelungen, „die Zerstörung des ORF zumindest so weit hinauszuzögern, bis sich die Regierung selbst zerstört hat. Und jetzt mit den Grünen ist es scheinbar ein bisschen leichter – nur die bringen auch nichts wirklich weiter.“
Konkret kritisierte Wrabetz, dass die von seinem Nachfolger Roland Weißmann ebenfalls dringlich eingeforderte Digital-Novelle des ORF-Gesetzes, die etwa längere Abrufzeiten in der Mediatheken bringen und diese Woche den Ministerrat passieren sollte, erneut aufgeschoben wurde. „Aber wir haben eine Basis gelegt, dass sie irgendwann doch kommt, bevor es auch diese Regierung aufstellt.“ Nachsatz: „Da hat Weißmann gute Voraussetzungen, das besser zu machen“, spielte Wrabetz auf die dem Nachfolger nachgesagte Nähe zur Kanzlerpartei an.
Keinerlei Denkverbote
In dem Zusammenhang relevant sein könnte, dass die EU-Kommission die geplante Digitalmedienförderung, die Brüssel vorab prüfen muss, kurz vor Fristende beanstandet hat. Die Einwände sollen die Rundfunkförderung betreffen. Die Förderung soll nun bis Jahresende beschlussreif sein.
Die digitale Zukunft und hier besonders die Situation am Markt der Streaming-Plattformen waren das zentrale Thema von Senderchefs. Hier stehen die Zeichen in Österreich auf Kooperation. „Keinerlei Denkverbote“ gab der designierte ORF-Generaldirektor Weißmann in Bezug auf die Zusammenarbeit mit heimischen Privatsendern als Devise aus. „Mir und dem ORF geht es darum, die Hand auszustrecken und österreichische Inhalte zu forcieren.“ Platz beim künftigen ORF-Player – sofern es eine Digitalnovelle erlaubt – sei „im Prinzip“ auch für Private.
Als denkbare Variante führte Weißmann die Plattformen von ARD und ZDF an, die künftig Inhalte beim jeweils anderen auffindbar machen, ohne die eigenen Mediatheken aufzugeben. „So etwas kann ich mir auch für Österreich vorstellen,“ sagte der künftige ORF-Chef.
ProSiebenSat.1Puls4-Geschäftsführer Markus Breitenecker freute sich über „neue Töne“ vom Küniglberg herunter. Auch ServusTV-Intendant Ferdinand Wegscheider konstatierte einen „Paradigmenwechsel“: „Wir sind in eine Phase eingetreten, in der es wirklich um Zusammenarbeit geht.“ Für den Ex-Rundfunk-Pirat ist das „fast grotesk“. Jetzt aber gebe es eine „Win-win-Situation, die in die Zukunft gerichtet ist“.
Nicht nur Konkurrenz
Kooperationen wurden auch bei der Diskussionsrunde „Europa als Hollywood“ über die Herausforderungen der deutschsprachigen Filmwirtschaft beschworen. Durch Allianzen könne man „den Streamern Paroli bieten“, sagte UFA-Produzent Nico Hofmann, der u. a. auf die in den vergangenen Jahren angestiegene Zusammenarbeit zwischen österreichischen und deutschen Sendern verwies.
Carlos Gerstenbauer vom Bayerischen Rundfunk betonte, dass Kino und lineares Fernsehen nach wie vor wichtige Instrumente seien, um Filme ins Gespräch zu bringen. Streamingdienste solle man jedoch „nicht nur negativ abtun als große Konkurrenz“: Sie würden dazu beitragen, dem Publikum den internationalen Film näherzubringen. Wie er plädierte auch Produzent Alexander Dumreicher-Ivanceanu für die Einführung von Steueranreizen, um internationale Produktionen in den deutschsprachigen Raum zu holen. Und es brauche „das Studio“, so Dumreicher-Ivanceanu – das in Wien dafür vorgesehene Hafengelände wäre „wunderbar geeignet“.
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