ORF-Gesetz wird beschlossen: Wer wieviel zahlen muss und was kritisiert wird
Am morgigen Mittwoch wird das umfehdete ORF-Gesetz im Nationalrat beraten und wohl auch von der schwarz-grünen Mehrheit beschlossen. Es bringt eine „ORF-Beitrag“ genannte Haushaltsabgabe für alle, wer bisher von der GIS befreit war (z B. Sozialhilfe- und Pflegegeldbezieher), bleibt das auch.
Wer muss künftig wieviel zahlen?
Mit monatlich 15,30 Euro liegt es deutlich unter den bisherigen 18,59 Euro. Gleichzeitig verzichtet der Bund auf bislang via GIS eingehobene Abgaben (z. B. Kunstförderungsbeitrag, Umsatzsteuer). Durch das Absenken des Beitrags werden zum Teil auch damit eingehobenen Landesabgaben weniger. In Niederösterreich fallen sie nun ebenso weg, wie bisher schon in Oberösterreich und Vorarlberg.
Muss ich für den Zweitwohnsitz zahlen?
Zweitwohnsitze fallen künftig aus der Beitragspflicht.
Warum wurde die GIS-Gebühr in eine Haushaltsabgabe verwandelt?
Ein Spruch des Verfassungsgerichtshofs, der die bisherige GIS kippte, hat eine neue Form der ORF-Finanzierung notwendig gemacht. Die Beitragshöhe ist bis inklusive 2026 fix. Laut Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) bringt das eine „massive Entlastung“ für 2,9 Millionen Menschen. Allerdings rechnet man mit 525.000 Hauptwohnsitze (z. B. bisherige Streaming-Haushalte) und 100.000 Unternehmen zusätzlich, die nun zu Zahlern werden. Für 200.000 "Radio-Haushalte“ wird es teurer.
Wieviel kriegt der ORF künftig?
In Summe dürfte der Beitrag dem ORF Einnahmen von etwa 710 Millionen Euro bringen. Da die Kosten des öffentlich-rechtlichen Auftrags – nur die dürfen laut EU-Vorgaben mit „Steuern“ abgedeckt werden – für 2024 auf 682,4 Mio geschätzt werden, kommt der Rest auf ein Sperrkonto für die Folgejahre. Zusätzlich kompensiert der Bund dem ORF den Verlust des Vorsteuerabzugs mit jährlich 70 bis 90 Millionen bis 2027. Auch fürs Radio Symphonie Orchester steht der Bund grade.
Warum wird die Novelle von privaten Medien so scharf kritisiert?
Die Kompensationen und Mehreinnahmen sowie neue zusätzliche Möglichkeiten für den ORF im digitalen Raum erzürnen die Verleger und Privatsender. Der Zeitungsverband ist bereits dabei, eine Beschwerde bei der EU-Kommission einzubringen. Auch die Privatsender sind in Brüssel brieflich vorstellig geworden. Beide sind der Meinung, dass der ORF-Beitrag erst noch von der Kommission genehmigt werden muss, was ihn über den 1. Jänner hinaus verzögern könnte.
Mehr lesen: Ist der Regierung die Medienvielfalt wirklich so egal?
Warum fokussiert sich die Kritik auf ORF.at?
Der große Aufreger ist weiterhin die „blaue Seite“ orf.at. Textmeldungen müssen auf maximal 350 pro Woche reduziert werden. Sie sind außerdem auf „nachrichtenmäßige Kurzberichterstattung zur Vermittlung des wesentlichen Informationsgehalts“ beschränkt und dürfen nicht mehr als 30 % des Angebots umfassen. Die übrigen 70 % müssen Video-Beiträge sein. Eine Überblicksberichterstattung auf Bundesländerebene ist weiter zulässig, allerdings eingegrenzt auf 80 Meldungen pro Bundesland und Kalenderwoche. Diese Freiräume gehen den Verlegern viel zu weit.
Was ändert sich online noch?
Auch weitere digitale Möglichkeiten stehen im Fokus: So ist es dem ORF künftig etwa gestattet, Videos und Audiobeiträge in bestimmtem Umfang ausschließlich für das Online-Angebot zu produzieren und Sendungen schon vor der Ausstrahlung online zur Verfügung zu stellen. Außerdem entfällt die Sieben-Tages-Frist für die Mediathek. Das Gesetz sieht außerdem einen eigenen Online-Kinderkanal mit einem qualitativ hochstehenden und pädagogisch wertvollen Sendungs-Mix vor.
Mehr lesen: Wegen ORF-Gesetz und ORF-Beitrag: VÖZ ruft EU-Kommission an
Was ändert sich für den ORF selbst?
Der ORF muss Einschränkungen hinnehmen: Vorgesehen sind überdies weitere Werbebeschränkungen für den Online- und Radio-Bereich sowie ein Verbot von maßgeschneiderter Online-Werbung. Er muss durch Strukturmaßnahmen die Kosten substantiell senken. Das betrifft sowohl die operativen Personalkosten als auch die Sachkosten. Zudem soll die Produktionseffizienz durch innovative Produktionsmethoden gesteigert werden. Geprüft wird die Umsetzung dieser Vorgaben durch die KommAustria. Laut ORF-Angaben muss der Öffentlich-Rechtliche auch noch 325 Millionen an erwarteten zusätzlichen Kosten bis 2026 von sich aus aufbringen. Zudem sind – umstrittene - gesetzliche Eingriffe in Ansprüche von ORF-Mitarbeitende vorgesehen. Das betrifft etwa die Begrenzung besonders hoher Abfertigungen und das schrittweise Aus für die Wohnungs-, Familien- und Kinderzulage bis Ende 2026, wobei es Übergangs- und Ausgleichsregelungen gibt. Gleichzeitig wird der Pensionssicherungsbeitrag teilweise angehoben, was zu einer Kürzung von Sonderpensionen führt.
Warum wird künftig der Gehalt von ORF-Mitarbeitern veröffentlicht?
Gesetzlich vorgeschrieben wird dem ORF auch die jährliche Vorlage eines Transparenzberichts. Darin sind unter anderem die Bruttogehälter für ORF-Mitarbeitende darzustellen, und zwar aufgegliedert nach bestimmten Einkommenskategorien sowie nach Arbeitgeber, Altersgruppen und Geschlecht. Bei Brutto-Jahresgehältern über 170.000 € sind auch die Namen der betreffenden Personen anzugeben und Einnahmen aus Nebenbeschäftigungen anzuführen. Das ist in Österreich einzigartig und aus Datenschutzgründen höchst umstritten. Ebenso müssen u.a. Werbe- und Sponsoringeinnahmen, aufgeschlüsselt nach den einzelnen Programmen und den einzelnen Online-Angeboten, Ausgaben für Eigenmarketing, Reichweiten und Ausgaben für Beraterverträge im Transparenzbericht angeführt werden.
Was bekommen die Privatsender?
Auf seiner Online-Plattform hat der ORF, wenn das gewünscht wird und gegen eine entsprechende Kostenerstattung, auch Programme von privaten Hörfunk- und Fernsehveranstaltern bereitzustellen. Außerdem wird privaten TV-Sendern das Recht eingeräumt, aktuelle ORF-Sendungen ausschnittsweise zu verwenden sowie bestimmte vom ORF ausgewählte Sendungen mit Österreich-Bezug aus den Bereichen Dokumentation, Reportage und Fiktion, deren Erstausstrahlung mindestens fünf Jahre zurückliegt, auszustrahlen. Das diesbezügliche Angebot des ORF muss 1.000 Minuten pro Jahr umfassen, zudem ist die Hälfte der Produktionen jährlich zu erneuern.
Kommentare