Verlegerverband: Der ORF soll weniger Zeitung sein

Verlegerverband: Der ORF soll weniger Zeitung sein
VÖZ-Geschäftsführer Grünberger plädiert dafür, dass sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk online auf Video und Audio konzentriert

Die Regierung hat am Donnerstag ihren Begutachtungsentwurf zu den Neuerungen im ORF vorgelegt. Der Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) warnte postwendend per Aussendung vor einem „massiven Einschnitt in der heimischen Medienvielfalt“. Warum das Vorhaben derart kritisch beurteilt wird, erklärte VÖZ-Geschäftsführer Gerald Grünberger im KURIER talk.

Kern der Kritik ist für Grünberger die Schaffung von mehr Möglichkeiten für den ORF im Internet. „Der digitale Raum ist ein sehr, sehr heiß umkämpfter Boden und das Zukunftsthema für private Medien“, argumentiert er.

Zeitungen müssten sich digital transformieren, was mit dem Gesetzesvorhaben unterlaufen werde: „Wenn der größte Anbieter in Österreich wesentlich mehr Möglichkeiten bekommt, so bedroht das die Entwicklungsmöglichkeiten und die Zukunft der österreichischen Zeitungen und Magazine.“

KURIER Talk mit Gerald Grünberger

Grundsätzliche Fragen

Er moniert an der Medienpolitik, „dass man sich gewisse Grundsatzfragen nicht stelle: „Was soll ein öffentlich-rechtlicher Rundfunk heute können und dürfen?“. Historisch betrachtet sei ein gebührenfinanzierter Rundfunk für Fernsehen und Radio mit einer teuren technischen Infrastruktur notwendig gewesen. Allerdings ist das im Online- Bereich anders, meint Grünberger: „Braucht es da überhaupt ein öffentlich-rechtliches oder auch ein öffentlich-rechtlich finanziertes Onlineangebot? Denn der Wettbewerb ist hier sehr, sehr, breit und mannigfaltig.“

Den publizistischen Mehrwert gäbe es auch abseits des ORF, betont er: „Da gibt es sehr viele Plattformen, Zeitungen und Magazine, die mindestens die gleiche Leistung im Aufklärerischen und in der Sicherung von Fakten erbringen.“

Meinungsvielfalt

Diese medienpolitische Diskussion sei für die einzelnen Bürger, die künftig auch noch in jedem Haushalt für den ORF zahlen müssen, schwierig nachzuvollziehen, räumt Grünberger ein: „Aber ich glaube, es ist im Interesse jeder Bürgerin und jeden Bürgers, dass man eine Auswahl an Publikationen, an Medien, an Meinungen hat. Das stellt letztendlich die Sicherung der Medien. und Meinungsvielfalt dar, die ein wesentlicher Wert für eine demokratische Gesellschaft ist.“

Die Begutachtungsfrist des Gesetzesvorhabens endet am 25. Mai. Danach werden allfällige Änderungen vor dem Beschluss im Nationalrat eingearbeitet. Grünberger erwartet jedenfalls Nachbesserungen im Sinne einer „noch strikteren Aufteilung, was Text und Bewegtbild anlangt“. So solle die der Vermeidung der Zeitungsähnlichkeit im Gesetzestext noch „stärker akzentuiert“ werden.

Gerald Grünberger ist seit 2006 Geschäftsführer des VÖZ sowie  Mitglied im Präsidium des Weltzeitungsverbandes (WAN-Ifra). Er war  u. a. Medienexperte im Kabinett von Kunst- und Medienstaatssekretär Franz Morak (ÖVP). Damals wurde  z. B. das  ORF-Monopol abgeschafft.  Grünberger war zu Beginn seiner Laufbahn Bundessekretär der Jungen ÖVP und Bezirksrat in Wien.

Der VÖZ

Der Verband Österreichischer Zeitungen ist eine Interessensvertretung, derzeit sind 13 Tageszeitungen und  38  Wochen- und Monatsmedien  ordentliche Mitglieder. Gegründet 1946

Er plädiert außerdem dafür, dass man stärker über Kooperationsmöglichkeiten nachdenkt: „Welche Inhalte werden auf der eigenen Plattform erstellt und bereitgestellt? Wird das auch anderen Plattformen bereitgestellt?“ Gegen eine Lizenzgebühr könne den privaten Medienhäusern hier der Zugang zu ORF-Inhalten ermöglicht werden. Schließlich passiere das auch auf Social Media: „Dort produziert der ORF eigene Inhalte für Plattformen wie TikTok, Instagram oder andere. Da werden Geld, Traffic und Userdaten letztendlich zu großen amerikanischen oder eben einer chinesischen Plattform geschaufelt.“

Grünberger zeigte sich zuversichtlich, dass es hier noch einen Kompromiss geben werde: Ich habe der Ministerin (Susanne Raab, Anm.) bei der Präsentation sehr genau zugehört, die, glaube ich, durchaus das Interesse hat, diesen Interessensausgleich für den privaten Markt auch zu schaffen.“

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