ORF will trotz Minus Innovationen im Programm setzen

Verleihung des Hugo Portisch-Preis 2023
Neue Führung im multimedialen Newsroom soll über den Sommer stehen. Stiftungsrat genehmigte positiven Jahresabschluss

Die gute Nachricht zuerst: Der ORF-Stiftungsrat hat am Donnerstag den positiven Jahresabschluss des öffentlich-rechtlichen Medienhauses für 2022 einstimmig genehmigt. Der ORF-Konzern bilanzierte 2022 mit 9,6 Mio. € positiv. Bei der Muttergesellschaft waren es 1,9 Mio. €.

Die Umsatzerlöse des ORF-Konzerns stiegen von rund 1,05 Milliarden Euro im Jahr 2021 auf 1,07 Milliarden Euro 2022. Die Erlöse aus den Programmentgelten wuchsen auf ca. 663 Millionen Euro (2021: ca. 645 Mio. Euro). Jene aus der Werbung sanken dagegen von rund 228 Mio. Euro 2021 auf ca. 218 Mio. Euro 2022 ab. Die sonstigen Umsatzerlöse legten auf ca. 189 Mio. Euro zu (2021: 179 Mio. Euro).

Die weniger gute Nachricht: Ein Jahr später dürfte sich das Ergebnis, wie berichtet, ins Minus kehren. Der Forecast geht derzeit von Verlusten in der Höhe von 17 Mio. Euro für 2023 aus. ORF-Chef Roland Weißmann bezeichnete das am Donnerstag nach dem Stiftungsrat als "nicht erfreulich", ist aber optimistisch, das Minus noch reduzieren zu können.

Werbeeinbruch

Weißmann sieht den ORF - wie viele andere Medienhäuser auch - mit einem "gewissen Einbruch am Werbemarkt" konfrontiert. Beim Programm solle aber nicht gespart werden. "Es sind einige Programminnovationen in der Pipeline", sagte Weißmann, ohne Konkretes zu verraten. Aber das Publikum werde, entsprechend der neuen Strategie "Ein ORF für alle", künftig stärker zu Wort kommen und junge Menschen mit digitalen Formaten angesprochen.

Letzteres ermöglicht eine Novelle des ORF-Gesetzes, die kommende Woche im Nationalrat beschlossen wird. 2024 bringt das u. a. den ORF-Beitrag als Haushaltsabgabe. Aber auch mehr digitale Möglichkeiten, was bis zuletzt von privaten Medien bekämpft wird. Mit Jahresbeginn soll u. a. der neue ORF-Player ausgerollt werden, auf dem u. a.die Inhalte (meist) länger als derzeit abrufbar sein werden.

Information

Neben neuem Programm wird auch an einer Organisationsanweisung für den multimedialen ORF-Newsroom am Küniglberg gearbeitet. Diese soll laut Weißmann in den kommenden vier Wochen finalisiert und anschließend die Führungspositionen im Newsroom ausgeschrieben werden. Im Herbst soll die neue Struktur und Führungsmannschaft stehen. Einzelne kursierende Namen für Chefredakteursposten wollte er nicht kommentieren, betonte aber, dass innerer Pluralismus gegeben sein müsse. Und: "Gute Leute sind immer willkommen im ORF."

Thomas Zach, Leiter des ÖVP-"Freundeskreises" im Stiftungsrat, zeigte sich froh darüber, dass es keinen zentralen Chefredakteur geben werde, sondern mehrere Personen, die an der Spitze stehen, um Meinungspluralität und Diversität sicherzustellen.

ORF-Stiftungsratsvorsitzender Lothar Lockl sprach im Anschluss an die Sitzung von einer "schwierigen Budgetsituation". Der Sparkurs werde fortgesetzt, wenngleich der ORF kein "Sparverein" sei. Es müsse zwar der Gürtel enger geschnallt werden, aber weiterhin Spielraum für Innovationen sein, so Lockl. Die Ärmel sieht er diesbezüglich im ORF aufgekrempelt. "Es ist unheimlich viel in Bewegung." Auch Zach sprach sich dafür aus, die besten Innovationen zu kreieren, um so dem ORF eine breitere Akzeptanz zu bescheren. Dabei müsse spezielles Augenmerk auf die Qualität gelegt werden. "Eile mit Weile", so der Stiftungsrat.

Dialog mit Publikum

Heinz Lederer, SPÖ-"Freundeskreisleiter" im Stiftungsrat, nutzte die Sitzung, um auf eine Kampagne des ORF zu drängen. "Wir müssen uns den Dialog mit jenen, die für den ORF zahlen, gut überlegen."

Der ORF dürfe nicht vermitteln, dass beim öffentlich-rechtlichen Medienhaus gevöllert werde, während der ORF-Beitrag für manche Personen schwer zu stemmen sei. "Die Befreiungstatbestände müssen geöffnet, vergrößert werden", ortete Lederer noch Optimierungsbedarf bei der sozialen Treffsicherheit des neuen ORF-Gesetzes, das auch eine Umstellung von der geräteabhängigen GIS-Gebühr auf einen ORF-Beitrag in Form einer Haushaltsabgabe mit Anfang 2024 vorsieht.

Lederer sprach sich zudem für rasche Neuerungen im Programm aus. Es müsse neue Köpfe, neue Positionierungen geben. Manche Formate - etwa im Diskussionsbereich - bedürfen einer "dramatischen Änderung", so der Stiftungsrat.

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