Die Einführung der neuen, ORF-Beitrag genannten Haushaltsabgabe mit 1. Jänner ist weiter mit Unwägbarkeiten verbunden. Zum Teil fehlen noch Daten bzw. ist deren Qualität nicht abgesichert. Geschätzt wird, dass gut 720 Millionen Euro hereinkommen könnten. Aber Genaues weiß man noch nicht.
Immerhin aber weiß der ORF, dass er nicht alles bekommt. Nur die Kosten des öffentlich-rechtlichen Auftrags dürfen laut EU-Vorgaben über den ORF-Beitrag finanziert werden. Die belaufen sich 2024 auf 682,5 Millionen Euro. Der Rest wandert auf ein Sperrkonto.
Was die ORF-Konsumenten für ihren Beitrag bekommen werden und wie sich die Millionen auf die ORF-Programm-Genres konkret verteilen, offenbart der Finanzplan 2024. Den hat ORF-Generaldirektor Roland Weißmann nun den Stiftungsräten übermittelt. Ende November soll er beschlossen werden.
Der Kurzbefund: Der Sport macht einen größten Sprung beim Budget, am meisten wird vom ORF in die Information investiert, Geld ist auch für eine Thomas Stipsits-Krimi-Verfilmung und eine erneute „Wetten, dass..?“-Sonderausgabe da.
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Sport für alle
Ein Plus von 17,5 Mio. Euro (plus 17,1 Prozent) weißt das Budget des ORF-Sport-Clusters aus. Das lässt sich vor allem auf die Sport-Großevents Fußball-EM in Deutschland (ab 14. Juni) und Olympische Sommerspiele in Paris (ab 26. Juli) zurückführen. Über Sonderbudgetmittel finanziert sind überdies die Übertragungen der Paralympics (ab 28. August) und der Skiflug-WM am Kulm (26. – 28. Jänner). Insgesamt ist der medienübergreifende Genre-Cluster, zu dem auch Sport+ zählt, mit 119,5 Millionen budgetiert.
Höher finanziert ist der Cluster Kultur/Bildung/Religion mit 125,9 Mio. Euro und einer Steigerung um 8,4 Mio. Euro bzw. 7,1 Prozent. Aufgestockt werden damit u. a. ORF III und ORF Kultur. Mehr gibt es auch für Ö1, das mit 1. Februar eine große Schemareform umsetzt. Deren Ziel ist eine bessere Übersichtlichkeit und Durchhörbarkeit. Zudem wird es sieben neue Sendungen bei Ö1 geben. Eine Tagesmoderation soll den Live-Charakter von Ö1 stärken.
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Sonderbudget für Kultur-Highlights
Auch für „Bildung und Zeitgeschehen“ (z. B. „Universum“, „Menschen und Mächte“), FM4, die trimediale Religion sowie für die trimedialen Landesstudios sind in diesem Bereich höhere Mittel eingeplant.
Aus Sonderbudgets bestritten werden die Jubiläumskonzerte zum „200. Geburtstag Anton Bruckners“ und „200 Jahre Beethovens Neunte“, wie auch das „Praterkonzert“ und der „Freischütz“ aus Bregenz. Erster Höhepunkt des Jahres 2024, den der Cluster „Kultur/Bildung/Religion“ liefert, ist tradtionell das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker.
Die Programmkategorie Unterhaltung & Service ist 2024 mit 168,7 Mio. Euro budgetiert, deckt aber nicht nur Unterhaltung im engeren Sinn ab. So sind hier z. B. ebenfalls Mittel für ORFIII und einige Landesdirektionen eingeplant. Und auch neue eigen- und koproduzierte Serien gehören hier dazu: „Biester“, eine zehnteilige Serie über vier junge Frauen, die achtteilige Event-Serie „School of Champions“ rund um ein Elite-Ski-Internat in Österreich oder auch der Mehrteiler „Die Macht der Kränkung 2“.
Finanziert ist zudem die Ausstrahlung von fünf neuen „Landkrimis“ und des Stipsits-Romans „Kopftuchmafia“. ORF2 wird wiederum den Event-Mehrteiler „Kafka“ zeigen. Wichtig: Laut aktuellem Planungsstand wird der ORF das Vergabe-Volumen für die heimische Filmwirtschaft (100 Millionen) halten können.
Wetten, dass ..? es kein Ende nimmt
Budgetär eingeplant sind auch viele Show-Koproduktion und die Mittel für ein neues, bisher nicht benanntes Live-Krimi-Format. Im Jänner wird „Clever! – die Rätselshow“ starten. Überraschend: Auch eine Sonderausgabe von „Wetten, dass ..?“ ist 2024 budgetiert, obwohl sich Thomas Gottschalk am Samstag für immer davon verabschiedet. Offenbar soll es bereits 2024 mit anderer Moderation weitergehen.
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Gewaltige 213,1 Mio. Euro sollen 2024 für die ORF-Information medienübergreifend zur Verfügung stehen, das sind um 13,8 Mio. Euro bzw. 6,9 Prozent mehr als heuer. Mehr als die Hälfte der Mittelaufstockung (7,1 Mio. Euro) betrifft den Multimedialen Newsroom. Mit den Wahlen zum österreichischen und dem EU-Parlament sowie den Gemeinderatswahlen in Tirol und Salzburg wartet auf den ORF-Info-Cluster, zusätzlich zur ohnehin turbulenten Weltlage, einiges an Herausforderungen.
Hearing über ORF-Chefredaktionen läuft
Aktuell nähert man sich dem Ende der Chefredakteurssuche für das gut 400 Personen umfassende Team im Newsroom. Am Montag sind die Mitarbeiter-Hearings dazu gestartet. Zum Auftakt ging es um den Chefredakteur für die Sendungs- und Plattformteams. Wie berichtet hat sich der langjährige APA-Chefredakteur Johannes Bruckenberger beworben und das auch publik gemacht. Durchgesickert ist, dass u. a. auch „Im Zentrum“-Moderatorin Claudia Reiterer, im Sendungsteam umstritten, nach Höherem strebt. Am Dienstag folgt das Hearing zur Chefredaktion für die multimedialen Fachressorts. Hier wird, trotz überraschender Mitbewerber wie Dossier-Chefredakteur Florian Skrabal, Radio-Info-Chefin Gabi Waldner-Pammesberger favorisiert. Wohl bereits fix, weil einziger Bewerber: ORF-Newsdesk-Chef Sebastian Prokop als „Newsteams“-Chefredakteur.
Im Info-TV-Bereich gibt es zudem mehr Geld für die Magazine, die Hintergrundberichte im Wahljahr liefern werden. Finanziert ist auch ein neues Auslandsmagazin: Am Sendeplatz von „Vera“, Freitag, um 21.20 Uhr, erhalten verstärkt die ORF-Korrespondenten Spielfläche.
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ORF-Zukunftshoffnung Streaming
Ein wichtiger Investitionsschwerpunkt im Jahr 2024 ist für den ORF Digital. Und da vor allem auch die vor dem Start stehende Streaming-Plattform ORF On. Mit Inkrafttreten der von den privaten Medien heftig kritisierten Digitalnovelle am 1. Jänner bekommt der ORF online größere Freiheiten: Auf ORF On, das zu Jahresbeginn startet und sukzessive entwickelt wird, können nun Video- und Audioinhalte länger als sieben Tage bereitgestellt werden - meist 30 Tage, mitunter auch unbegrenzt. Ausgewählte Sendungen sind künftig zudem bis zu 24 Stunden vor der linearen Ausstrahlung online first verfügbar. Online-Only-Inhalte bleiben aus gesetzlichen Gründe die Ausnahme. Auch das Angebot auf news.orf.at und sport.orf.at wurde limitiert, wird aber mehr Video-Content bieten.
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Kostendruck bleibt
Der Ausgaben-Rahmen des ORF ist natürlich höher als das, was via ORF-Beitrag verrechnet werden kann. Begonnen haben soeben auch die Gehaltsverhandlungen. Nachdem zuletzt nur ein Plus von 4,5 Prozent für zwei Jahre herausgeschaut hat, soll es nun mehr sein. Der Spielraum dafür ist gering. Laut Finanzplan 2024 gibt es einen Einsparungsbedarf von 90 Millionen. Es läuft bereits ein nächstes Sparpaket, dass die Mitarbeiterzahl bis 2026 von derzeit etwa 4000 um 300 reduzieren soll. Eine Entlastung durch die Werbekonjunktur ist, so wie bei allen Medien, so sie nicht Google oder TikTok heißen, nicht zu erwarten. Trotzdem soll sich am Ende für das Jahr 2024 die schwarze Null ausgehen.
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