Allerdings, der letzte ORF-Generaldirektor, der zum Zeitpunkt seiner Kür nicht ohnehin am Küniglberg saß, war Gerhard Zeiler 1994. Der war davor von Thomas Vater vom Öffentlich-Rechtlichen zu Tele5 und RTL2 gelotst worden. Schlechte Karten also? „Ich bin immer optimistisch."
Kostenintensives Nebeneinander
Nicht so ist sein Blick auf den ORF – „ein Unternehmen mit fehlender Vision und immer noch in der Storming-Phase gefangen, die durch interne Auseinandersetzungen geprägt ist, durch Doppelstrukturen, die Leerläufe produzieren und wo ein Nebeneinander herrscht. „Das ist kostenintensiv und Nerven aufreibend, auch für die Mitarbeiter selbst. Der Blick von außen auf das Unternehmen täte dem ORF gut. Für ein ORF-Gewächs, das über Jahre auf dem Küniglberg sozialisiert wurde, werden da Änderungen und Einschnitte eher schwierig.“
Der aktuelle Diskussion um den ORF wird – neben der politischen Dimension – durch die Erkenntnis geprägt, dass sich die jungen Zielgruppen verabschieden. „Ein Altersheim soll keine Jugendprogramm bauen“, heißt es dazu in Thomas Konzept. „Ein paar versprengte junge Mitarbeiter gibt es ja zum Glück“, meint er schmunzelnd. Auch sei die Erfahrung Älterer natürlich wichtig. „Aber gemeint ist, dass man Junge nicht mehr auf den alten Wegen erreicht. Deren Leben und Medienkonsum läuft komplett über mobile.“ Darauf müsse nicht nur das Programm, sondern das Angebot insgesamt ausgerichtet sein.
„In dem Zusammenhang wird dieser ORF-Player besonders hervorgehoben, auch in der ,Strategie 2025‘, so was macht mich immer besonders aufmerksam, da muss man genau hinschauen“, meint Thoma. Auffällig sei für ihn, dass usergenerated Content nur sehr zurückhaltend angesprochen werden. „Natürlich muss sich ein Öffentlich-Rechtlicher besondere Regeln geben, was man hochlädt. Aber man muss das zulassen, die Jungen wollen Teilhabe, wollen Inhalte teilen, bearbeiten, spielerisch damit umgehen. Das ist eine Selbstverständlichkeit.“
Grantige Leute
Eine unternehmerische Neu-Ausrichtung benötigt Geld, weiß auch Thoma. Aber: „Was völlig fehlt, ist das unternehmerisches Ziel. Man kann nicht nur einen Zustand verwalten und von Zeit zu Zeit um eine Gebührenerhöhung vorstellig werden. Dazu vielleicht auch noch Gebührenbefreiungen vom Staat einfordern – wer in alle Töpfe greifen will, macht die Leute grantig.“
Thoma meint, es sei möglich, zehn Prozent einzusparen und damit Gebühren nicht nur nicht zu erhöhen, sondern einmalig zu senken. „Ich sage gleich, ich bin gegen Personalabbau, das bringt nur Widerstände. Wichtiger ist es, die Pensionierungswelle entsprechend zu nutzen.“ Natürlich seien auch gesetzliche Maßnahmen, mit der Privatwirtschaft abgestimmt, notwendig, um Spielräume bei der Vermarktung und der Ansprache junger Zielgruppen ausweiten. Auch die Landesstudios will er da stärker einbinden. Weil es nicht mehr Geld für Personal gibt, will er normale Programm will er mit regionalen TV-Sendern kooperieren und vermarkten, wie es die SRG schon tut. „Regionale Inhalte sind Gold wert, selbst Spotify, Netflix und Co wollen so nah wie möglich an die Kunden heran.“
Ösi-ARD
Die Kooperationsfreudigkeit hat aber für Thoma auch Grenzen. Dass der ORF fast nur mit den deutschen Öffentlich-Rechtlichen co-produziert, „ist von der Kosten-Nutzen-Rechnung her nachvollziehbar, aber da muss man schauen, dass am Ende der ORF nicht zur Ösi-ARD wird.“ Es gäbe auch andere, die näher an der jungen Zielgruppe seien. „Früher hatte man den Eindruck, der ORF ist das Dickschiff aus Österreich, bei dem ARD und ZDF hin und wieder andocken dürfen. Heute fungiert der ORF als Anhängsel. Eine bittere Entwicklung, die von Versäumnissen in den vergangenen Jahren zeugt.“
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