Mit dem Song Contest kehrt das Publikum zurück

Mit dem Song Contest kehrt das Publikum zurück
Das Wettsingen startet mit dem ersten Semifinale (heute, Dienstag, 21 Uhr, ORF1) – und Zusehern vor Ort.

Nach Monaten des Abstandhaltens und Haushaltezählens kommt es einem fast unwirklich vor: Jeweils 3.500 Personen dürfen bei den drei Live-Shows und sechs Proben des Eurovision Song Contests im Publikum sitzen. Das Wettsingen in Rotterdam – die erste Semifinalshow steigt am heutigen Dienstag, zu sehen ab 21 Uhr in ORF1 – ist damit eines der ersten großen internationalen Events, bei dem wieder Zuseher vor Ort zugelassen sind. Zuvor hat es etwa in England und Spanien Veranstaltungen mit mehreren tausend Teilnehmern gegeben.

Tests und Apps beim ESC

Das ESC-Publikum muss sich an strenge Regeln halten: Die personalisierten Sitzplatzkarten wurden nur unter jenen verkauft, die bereits für den abgesagten ESC im Vorjahr ein Ticket hatten. Personen, die zu Risikogruppen zählen (etwa über 70-Jährige), sind nicht zugelassen. Zuseher müssen einen gültigen Coronatest vorweisen und vor Betreten der Ahoy Arena über eine App Fragen nach eventuellen Covid-Symptomen beantworten. In der Halle fällt dann der in den Niederlanden geltende Mindestabstand von 1,5 Metern. Maskenpflicht gilt am Weg zum Platz oder zum WC – beim Sitzen kann die Maske abgenommen werden. Fünf Tage nach dem Event sollen die Besucher erneut einen Coronatest machen.

Der Song Contest mit Publikum soll aber nicht nur schöne Bilder, sondern auch wissenschaftliche Erkenntnisse liefern: Der ESC ist Teil einer Untersuchung, die zeigen soll, ob und wie Events dieser Größenordnung trotz Pandemie stattfinden können.

Auch hierzulande steht dieser Tage die Rückkehr des Publikums an: Ab Mittwoch (19. Mai) dürfen Theater, Kinos, Konzertsäle etc. wieder aufsperren. Die Regeln sind jedoch andere als beim Song Contest: Bei Indoor-Veranstaltungen sind mit zugewiesenen Sitzplätzen maximal 1.500 Besucher erlaubt, outdoor sind es 3.000. Der Mindestabstand von zwei Metern muss eingehalten werden, zwischen Besuchergruppen muss mindestens ein Sitzplatz frei bleiben. Es herrschen FFP2-Maskenpflicht sowie Registrierungspflicht, zusätzlich gelten die drei Gs: Nur wer geimpft, getestet oder genesen ist, bekommt Zutritt zum Live-Erlebnis.

Spiegel Vision zum ESC: "Streut die Saat für den Frühling"

von Markus Spiegel

Voriges Jahr konnte der Song Contest nicht stattfinden, ab heute wird er in Rotterdam (Niederlande) vor Publikum ausgetragen. Österreichs Beitrag (Vincent Bueno mit „Amen“) wird erst im zweiten Halbfinale am Donnerstag präsentiert. Insgesamt nehmen dieses Jahr 39 Länder am Wettbewerb teil, einige nicht: Ungarn wird nicht teilnehmen. Ein regierungsnaher TV-Sender behauptete, dass der Contest eine „homosexuelle Armada“ sei, die Ungarns mentale Gesundheit gefährden würde. Belarus wurde von der EBU (European Broadcasting Union) disqualifiziert, weil der Song politische Botschaften inkludiert hat. Das verbietet das Reglement explizit. Andorra und Armenien haben kein Budget, Monaco, Slowakei und Luxemburg wollen nicht. 

Im ersten Halbfinale heute Abend (21 Uhr in ORF1) werden nun 16 Länder präsentiert, zehn können ins Finale aufsteigen. Einige Länder treten an, die zumindest erwähnenswert sind. 

Und auch einige, die es ins Finale am Samstag unter die ersten zehn schaffen könnten. 

Mit dem Song Contest kehrt das Publikum zurück

 Stimmgewaltig und selbstbewusst: Destiny aus Malta gilt als eine Favoritin 

Teilnehmer im ersten Semifinale: Eine Auswahl

Die erst 18-jährige, stimmgewaltige und selbstbewusste Destiny („Je me casse“) aus Malta, die etwas an Israels Netta erinnert, verwehrt sich in diesem lupenreinen Popsong irgendwelcher Avancen und Wünschen von Männern. Die auffallend schlechte Kostümwahl ist provozierend trashig. Maltas Beitrag ist unter den Favoriten, sogar ein möglicher Sieger. 

Elena Tsagrinou („El Diablo“) aus Zypern will uns eindringlich mitteilen, dass sie in den Teufel verliebt sei, weil dieser sie als Engel bezeichnet hat. Es gibt nicht wenige, die den Beitrag aus Zypern mögen. 

Gäbe es noch Kolchosen, wäre dieser Titel aus der Ukraine perfekt für die Arbeitsmotivation: „Streut die Saat für den Frühling!“ Musikalisch angereichert ist „Shum“ von Go_A  mit lokalem Kolorit und rhythmischem Stakkato. In der Show sind auch Matrix-Elemente platziert. 

„Voices“ von Tusse ist  ein glatter Song aus Schwedens Popfabrik, durchaus mit eingängigem Refrain, aber eher langweilig und ohne jede Raffinesse. Warum der Sänger The Roop aus Litauen seinen Retro-Song „Discoteque“ unbedingt in Rotterdam präsentieren möchte, ist nicht schlüssig. Er singt, dass er am liebsten allein zu Hause in seiner privaten Disco singt und tanzt. Dort ist er auch besser aufgehoben. 

Slowenien bietet mit Ana Soklic neben Österreich den zweiten Beitrag, der „Amen“ heißt und kaum berührt. 

Manizha, „Russian Woman“ aus Russland: Russische Melodik mit orientalischem Einschlag, auch witzig gemeint. Das funktioniert nicht. 

Die Delegation aus Australien will oder kann nicht reisen. Es gibt also die Videozuspielung eines erstaunlich schwachen Beitrags, Montaigne mit „Technicolour“. 

Aus dem Gewinner-Land vor drei Jahren, Israel, hätte man mehr erwarten können als Stimmakrobatik der Sängerin Eden Alene und einfallslose Choreografie der Tänzer bei „Set Me Free“. Trotzdem, für die Qualifikation könnte es reichen. 

Vasil aus Nord-Mazedonien mit „Here I Stand“: Innig gesungen, ein schwacher Refrain und bombastisch orchestriert. 

So viel sei versprochen, das zweite Halbfinale am Donnerstag wird spannender. 

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