Umfrage vor Konzertsommer zeigt: Publikum noch spektisch
Die Situation der heimischen Konzertveranstalter bleibt vor dem Sommer trotz der neuen Öffnungskonzepte der Regierung schwierig.
„Im Moment hilft uns das nicht weiter“, sagt Ewald Tatar, Chef von Barracuda, dem größten Rockkonzertveranstalter des Landes. Tatar sieht aufgrund der nun bekannt gegebenen Covid-Regeln ab 19. Mai, die nur Konzerte mit zugewiesenen Sitzplätzen erlauben, keine Veranlassung, rasch Konzerte aus dem Boden zu stampfen. „Es ist nicht so, dass wir jetzt großartig über Konzepte nachdenken müssten, um Shows durchzuführen, die eh schon ins Jahr 2022 verschoben sind.“
Barracuda veranstaltet hauptsächlich Stehplatzkonzerte im oberen Kapazitätsbereich. Obwohl man nicht „der typische Sitzplatzveranstalter“ sei, habe man in diese Richtung trotzdem Überlegungen angestellt. Es gebe aber starke Skepsis vonseiten der Bands. „Es ist sowohl für die Musiker als auch für uns eine wirtschaftliche Frage“, sagt Tatar.
Geringe Zuschauerzahlen
Am 20. Juni steht derzeit das Konzert des US-Musikers Beck („Loser“) im Open-Air-Programm der Wiener Arena. Auch hier ist Barracuda Veranstalter. Ob Konzerte wie diese unter den nun möglichen Bedingungen durchgeführt werden können, steht noch in den Sternen.
Von 22. bis 25. Juli soll das Popfest, ein von der Stadt Wien gefördertes Gratisevent, erstmals in der Arena über die Bühne gehen. Die Kapazität des Open-Air-Geländes wird allgemein mit 3.000 angegeben. Das entspricht zwar der neuen Maximalgröße für Outdoor-Events, die neue Verordnung erlaubt aber nur die Hälfte der Maximalauslastung, im Fall der Arena also 1.500. Und wie sich das Einrichten von Sitzplätzen auf die Kapazität auswirken würde, ist wieder eine andere Frage.
Hoffen auf Frequency
In der Branche wartet man daher auf weitere Lockerungen. Für den 1. Juli wurden solche von der Bundesregierung in Aussicht gestellt. Darauf beruht auch die Hoffnung Tatars, von 19. bis 21. August wenigstens eines der mehrtägigen Großfestivals – das Frequency in St. Pölten mit üblicherweise bis zu 50.000 Besuchern pro Tag – halten zu können. „In den nächsten zwei Wochen werden wir konkrete Gespräche führen, unter welchen Bedingungen das möglich ist“, erklärt Tatar.
Eines sei klar: Es müsste auf Stehplatzbasis und mit einem möglichst normalen Ablauf sein. Barracuda konzentriere sich nun ganz darauf, „das Frequency als Pilotprojekt ins Rennen zu schicken. Wir haben drei Monate Zeit, um gemeinsam etwas zusammenzustellen. Unmöglich ist es nicht.“
Die Festivalpläne in anderen Ländern, wie etwa beim belgischen Pukkelpop, das zur selben Zeit stattfinden soll, stimmen ihn optimistisch. „Und in den USA sieht man, dass die Vorverkäufe enorm gut laufen. Es gibt viele, die ihr altes Leben zurückhaben wollen“, meint Tatar.
Skepsis beim Publikum
Die Bereitschaft, größere Veranstaltungen zu besuchen, scheint hierzulande aber noch verhalten zu sein. Bei einer repräsentativen Umfrage von Marketagent mit 500 Befragten gaben jüngst zwar rund 49 Prozent an, dass sie eine kleine Indoor-Veranstaltung bis zu 100 Personen „auf jeden Fall“ oder „eher“ besuchen würden, Outdoor bis zu 500 Personen auch noch 46 Prozent. Bei Indoor-Veranstaltungen mit mehr als 1.500 Personen liegt der Wert dagegen nur bei 14,4 Prozent.
Interessant ist, dass bei Freiluftveranstaltungen, die allgemein als sicherer gelten, die Lust auf Konzerte offenbar nicht größer ist. Großevents im Freien mit über 3.000 Personen würden derzeit nur 14,8 Prozent in Erwägung ziehen, fast 74 Prozent „eher nicht“ oder „auf gar keinen Fall“. Selbst bei den 14- bis 29-Jährigen zeigen sich 61 Prozent demnach skeptisch.
Bei der Wiener Marketing- und Eventagentur Cayenne, die die Umfrage in Auftrag gegeben hat, interpretiert der geschäftsführende Gesellschafter Wolfgang Übl das so: „Jene, die generell noch skeptisch sind, machen offenbar keinen Unterschied zwischen Outdoor und Indoor. Zu viele Fragen sind noch offen.“
Pilotprojekte in Klassik und Pop
Im vergangenen Jahr waren die Salzburger Festspiele ein erstes prominentes Zeichen der Hoffnung. Der Bereich Hochkultur scheint auch diesen Sommer vorzupreschen. So veranstaltet Cayenne Philipp Hochmairs „Jedermann Reloaded“ am 13. Juni in Grafenegg und das Klassikkonzert „Götterklang trifft Donaugold“ mit Andreas Schager, Günther Groissböck und Lidia Baich auf der Donaubühne Tulln (3. September).
Im Popbereich zeigen sich Michael Niavarani und Georg Hoanzl experimentierfreudig. Sie bieten im Globe Wien Open Air in St. Marx Sitzplatzkonzerte von Voodoo Jürgens bis Ina Regen an.
„Wichtig ist, den Leuten die Scheu zu nehmen und Sicherheit zu vermitteln“, meint Übl. Erste Pilotprojekte könnten „zeigen, dass de facto nichts passiert. Dann werden sich wieder mehr drüber trauen.“
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