George Floyds "I can’t breathe" erstmals als Theaterszene – online

Vier Männer inszenieren eine Performance mit einer Trommel auf dem Boden.
ARBOS inszeniert dreiteiligen Abend in der Neuen Bühne Villach – live gespielt – online gestreamt – kann noch Stunden später angeschaut werden.

Im dritten und letzten Teil dieses Online-Live-gestreamten Theaterabends aus der Neuen Bühne Villach (Kärnten) kommt bei 1:16:20 (bei der Premiere am Montagabend) der Schauspieler Markus Rupert stampfend ins Rampenlicht. Auf dem Kopf trägt er ein zunächst seltsam scheinendes Gebilde. Es stellt sich als Schutzhelm heraus – auf dem über eine Holzkonstruktion zwei durchsichtige flache Trommeln wie riesige Scheuklappen – vorne und hinten - montiert sind.

Rund 30 Sekunden später erscheinen ein weiterer Schauspieler (Markus Pol) und seine Kollegin (Rita Hatzmann-Luksch) auf der Bühne – Druml-Sticks in Händen. Sie beginnen auf die Trommelflächen einzuschlagen. Immer heftiger bis der behelmte Schauspieler in die Knie und schließlich ganz zu Boden geht. Sie erhöhen die Frequenz ihrer Schläge.

Da helfen die auf Englisch gesprochenen Bitten des Mannes mit Helm, aufzuhören und immer wieder die leider traurige Berühmtheit erlangten Worte „I can’t breathe“ („Ich kann nicht atmen“) rein gar nichts.

Alle Sätze und Worte werden von einem vierten – neben dem Geschehen stehenden – Schauspieler (Werner Mössler) übersetzt – in Gebärdensprache.

Der trommel-schlagende Schauspieler kniet sich sogar auf den am Boden Liegenden. Wir kennen das seit 25. Mai und den Folgetagen des Vorjahres (2020). Es sind die nachgespielten Szenen der Videos dieser insgesamt rund acht Minuten dauernden Tötung des 46-jährigen US-Afroamerikaners George Floyd in Minneapolis (US-Bundesstaat Minnesota).

Nach rund 3 ½ Minuten kein Laut mehr. Black.

Verdichtet, verfremdet bildet „I Can’t Breathe“ den Abschluss des dreiteiligen Theaterabends (bis 7. Jänner 21 – nachzuschauen bis zum 10. Jänner, siehe Infos) „Tryptichon“ der Gesellschaft für Musik und Theater ARBOS. Mehr zu den beiden anderen Teilen, von denen einige Kurz- und Kürzest-Stücke schon zu sehen waren, weiter unten.

Ein Tryptichon-artiges Objekt mit einer blauen Kugel zwischen zwei Trommeln, gehalten von einem Holzrahmen.

Der Spezial-Helm

Ein Mann mit Bauhelm und einem Ring um den Kopf steht auf einer Bühne.

Markus Rupert mit diesem Helm...

Ein Mann mit Bauhelm blickt durch einen Trommelrahmen.

...

Vier Personen mit Trommeln und Trommelstöcken auf einer Bühne.

"Hey, Man!" ...

Vier Personen stehen auf einer Bühne, eine trägt einen Helm mit Trommeln.

...

Eine Person hält eine Trommel hoch, während andere Personen im Hintergrund stehen.

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Eine Theaterszene mit vier Personen, von denen eine am Boden liegt und eine Trommel über dem Kopf hat.

"Don't kill me!" ...

Eine Theaterszene mit drei Schauspielern, einer davon liegt am Boden mit einem Schlagzeugrahmen um den Kopf.

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Vier Männer inszenieren eine Performance mit einer Trommel auf dem Boden.

"I can't breathe!"

Visuelles und dokumentarisches Theater

„I Can’t Breathe“ ist eine Uraufführung. Die dramatische Tötung Floyds durch Polizisten, eine von rund 1000 pro Jahr in den USA, war durch Videos von Passant_innen, die den Skandal öffentlich machten, bekannt geworden – im Gegensatz zu vielen anderen. Und sie hatte die weltweite Black Lives Matter-Bewegung rund um die Erde zu großen Demonstrationen und Protesten auf die Straßen gebracht.

„Wir wollten aber natürlich nicht unseren Schauspieler echter Gewalt aussetzen – die Konstruktion mit dem Sicherheitshelm samt Gehörschutz, der die Schläge total dämpft, schafft Distanz, vermittelt aber das Geschehen“, so Herbert Gantschacher, der dieses Stück aber auch die anderen Teile des Abends inszenierte, zum Kinder-KURIER. Gantschacher ist so etwas wie der „Vater“ von ARBOS, dem Verein, der jährlich Festival für visuelles (vormals Gehrölosen-)Theater organisiert – im Vorjahr online.

„Mit Hilfe des Visuellen Theaters, der Gebärdensprache, der Lautsprache und mit Musik wird diese Szene in Theater verwandelt, wobei hier Visuelles Theater und Dokumentarisches Theater einander ergänzen“, heißt es in der ausführlichen Hintergrund-Info zum dreiteiligen Online-Theater-Abend. Und weiter: „Diese Inszenierung erinnert daran, dass sowohl Menschenrechte als auch Bürgerinnen- und Bürgerrechte für alle Menschen gelten, egal welcher Hautfarbe, ob behindert oder nicht behindert. Dafür haben weltweit Menschen jahre- und jahrzehntelang gekämpft, darunter auch die taubblinde Schriftstellerin, Pazifistin und Menschenrechtsaktivistin Helen Keller.

Reisen ist für Millionen nicht angenehm

Teil zwei des Abends – der ja auch mitten in der nach oder am folgenden Vormittag nach-geschaut oder wiederholt genossen werden kann – steht unter dem Motto: „Die Geschichten vom Reisen“, kleine große Stücke von Dževad Karahasan. Reisen, derzeit kaum möglich, verarbeitet der Autor aber in seiner Vielfältigkeit. Millionen von Menschen verbinden damit ja keine entspannenden Urlaube, sondern zwangsweise Vertreibungen, beschwerliche Fluchten, menschenunwürdige Bleiben (Stichworte wie Moria Kara Tepe oder Lipa) und vor allem Grenzen – wo du weder dies- noch jenseits gemocht wirst. Diese Bandbreite spielen dieselben vier Schauspieler_innen unter der gleichen Regie.

Vier Personen stehen auf einer Bühne und formen mit ihren Händen Herzen.

Aus "Die Geschcihten vom Reisen" ...

Vier Männer stehen auf einer Bühne, einer von ihnen gestikuliert mit der Hand.

... aus "Die Einen und die Anderen" ...

Vier Schauspieler auf einer dunklen Bühne mit erhobenen Händen.

... aus "Der Weltenerschaffer" ...

Vier Schauspieler stehen auf einer dunklen Bühne während einer Aufführung.

... aus "Eine orientalische Parabel erzählt" ...

Ein Mann steht auf einer Bühne und gestikuliert vor einem sitzenden Publikum.

... aus "Begegnungen an der Grenze" - hier im Vordergrund zu sehen die Gebärde für "Grenze"

Autor mit Fluchtgeschichte

Der Autor schreibt nicht nur drüber, er hat’s erlebt. Er kam im März 1993 als Flüchtling aus Sarajevo nach Österreich – mit nicht viel mehr als er am Leib trug. Er stand, so erinnert sich ARBOS-„Vater“ Gantschacher „draußen vor Tür vor dem Probenraum“. ARBOS gab ihm Stückaufträge – gespielt wurde vor allem in Gebärdensprache. Nach einigen Jahren seiner dramatischen Texte für ARBOS wurden auch renommierte Verlage auf Karahasan aufmerksam, zuerst Rowohlt Berlin, dann Suhrkamp und der Insel-Verlag. Gleichzeitig blieb er ARBOS treu – als Autor, mitunter aber auch als Dramaturg.I

Von Helden des Friedens

Den Auftakt des dreiteiligen Abends machen einige – ebenfalls kurze Stücke – von einer dadaistischen Ouvertüre (Hurra! Hurra“) über „Helden des Friedens – Gandhi und andere) von Martha Steinitz bis zur „Missglückten Vorstellung“ von Daniil Charms.

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Ein Mann steht auf einer Bühne und gestikuliert, während andere im Hintergrund sitzen.

Im Vordergrund: Werner Mössler in „Hurra Hurra“ ...

Vier Personen stehen auf einer Bühne und jubeln mit erhobenen Händen.

... von Raoul Hausmann

Eine Frau steht auf einer Bühne, umgeben von weiteren Personen in dunkler Kleidung.

Im Vordergrund Rita Hatzmann-Luksch in ...

Eine Frau spricht auf einer Bühne, während vier Männer im Hintergrund sitzen.

... „Helden des Friedens – Gandhi und andere“ ...

Eine Frau zeichnet ein Friedenssymbol auf ein Blatt Papier, umgeben von drei Männern.

 ... von Martha Steinitz

Ein Mann steht auf einer Bühne und hält ein blaues, stabförmiges Objekt, während vier Personen im Hintergrund sitzen.

Im Vordergrund mit den ...

Ein Mann steht mit ausgestreckten Armen und je einer Krücke in der Hand vor drei sitzenden Personen auf einer Bühne.

... Krücken Markus Pol in ...

Ein Mann steht mit Krücken auf einer Bühne, während vier weitere Personen auf Stühlen sitzen.

... Ostpolzug – Die Alexanderschlacht“ ...

Ein Mann steht mit ausgestreckten Armen vor drei sitzenden Personen auf einer Bühne.

...

Ein Mann steht mit ausgestreckten Armen vor einer Gruppe sitzender Personen auf einer Bühne.

... von Arnolt Bronnen

Ein Mann steht mit erhobenen Armen auf einer Bühne, während andere im Hintergrund sitzen.

Im Vordergrund Markus Rupert in ...

Ein Mann gestikuliert auf einer Bühne, während drei weitere Personen sitzen und zusehen.

... „Die Matrosen von Cattaro“ ...

Vier Personen stehen auf einer Bühne und gestikulieren mit erhobenen Händen.

... von Friedrich Wolf

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