Einfühlen, wie es ist, blind und gehörlos zu sein

Ein Mädchen führt ein anderes, dem die Augen verbunden sind.
Ausstellungen „Invalid“ und "Verweigert den Krieg!" im Bahnhof von Klagenfurt – als Teil des Festivals ARBOS.

Nächster Teil des ARBOS-Festivals, in dem in diesem Jahr vieles online stattgefunden hat, manches aber nun nach den Lockerungen der Corona-bedingten Sperren auch schon in der analogen Welt angekommen ist. Zum einen begann schon am Freitag das Projekt mit der Neuen MittelSchule Klagenfurt Wölfnitz – ein langjähriger Partner des Festivals, das sich (nicht nur) heuer schwerpunktmäßig mit den Themen Krieg und Frieden einerseits und immer wieder auch Behinderung auseinandersetzt.

Eine Collage mit Zeitungsausschnitten und einem Foto, die sich kritisch mit dem Irakkrieg auseinandersetzen.

Verweiget den Krieg!

Und am 8. Juli (2020, ab 9 Uhr) ist sozusagen eine Fortsetzung dieser Beschäftigung – als Online-Direktübertragung (Link unten) – zu erleben: „Verweigert den Krieg!“ von Helen Keller und Wilhelm Jerusalem.

So wie zum erstgenannten Themenkomplex gibt es auch zu jenem eine Ausstellung auf dem Klagenfurter Hauptbahnhof (jeweils bis Jahresende): „Verweigert jede Militärarbeit“ über Militärarbeit, Nährpflicht, Wehrpflicht, Gewaltfreiheit, Kriegsdienstverweigerer, Deserteure, Mörder, Privatisierung des Krieges und Helen Keller und Wilhelm Jerusalem als Teil des weltweiten Pazifismus.

Schüler nehmen an einem Workshop mit verbundenen Augen und einer Tafel mit Handlinien teil.

Fotos aus Schulworkshops - sind Teil der Ausstellung "Invalid 2020" am Bahnhof von Klagenfurt

Blind und gehörlos

Zu ersterem wurde am Freitag (3. Juli 2020) auf dem Klagenfurter Hauptbahnhof die Ausstellung „Invalid 2020“ eröffnet, die der Erfinder des Visual-Festivals (vormals Gehörlosentheaterfestival) ARBOS, Herbert Gantschacher, zusammengetragen und gestaltet hat. Bis Ende des Jahres sind großformatige Fotos bzw. Reproduktionen von Gemälden zu sehen, die sich mit Behinderungen als Folgen des 1. Weltkrieges befassen. Behinderungen waren lange Zeit fast ausschließlich im Zusammenhang mit Kriegsfolgen ein Thema.

So sind britische Soldaten der 55. Division zu sehen, die am 10. April 1918 durch einen Gasangriff der deutschen Armee blind, gehörlos bzw. viele auch beides wurden. Ein Foto zeigt, wie sie lernen mussten, so überhaupt vorwärts zu kommen – als Kolonne, wo jeder dem Vordermann seine beiden Hände auf dessen Schultern legte.

Eine Person in Uniform und Kopfbedeckung steht mit ausgestreckten Armen vor einer Berglandschaft.

Szenenfotos aus "Karawane" ...

Eine Person in dunkler Kleidung springt vor einer Bergkulisse.

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Eine Person springt vor einer Bergkulisse in die Luft.

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Eine Person mit Maske springt vor einer Bergkulisse in die Luft.

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Eine Person mit einer Kopfbedeckung und einem langen Mantel steht vor einer Steinmauer in einer Berglandschaft.

Szenenfotos aus "Totenklage" ...

Ein Mann in einem Mantel und einer ungewöhnlichen Kopfbedeckung steht vor einem Gebäude in einer Berglandschaft.

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Ein Mann mit Bart und einer Pappmaske posiert vor einer Steinmauer.

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Eine übergroße Kuhmaske vor einer Berglandschaft.

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Eine Kuhmaske vor einer Berglandschaft.

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Lormen

In ARBOS-Workshops verbinden einander Schülerinnen und Schüler die Augen und verschließen die Ohren mit Stöpsel, um sich annähernd in diese Situation einfühlen zu können. Als Kommunikationsmittel von Menschen die weder sehen noch hören, erlernen die Jugendlichen dann deren Sprache Lormen. Dabei werden Punkte der Hand zu Buchstaben – so stehen beispielsweise die fünf Fingerspitzen, wenn sie von einer anderen Person gedrückt werden für die Vokale.

Ein Holzschnitt zeigt eine Person mit erhobenem Kopf und ausgestreckten Händen.

"Der Blinde" - Holzschnitt von Werner Berg

Ein Mann mit Bart und Sonnenbrille steht in einem dunklen Raum und berührt eine Wand.

Szenenfoto aus "Der Blinde" nach dem Gedicht von Herny Beissel, inspiriert vom Holzschnitt Bergs

Ein Mann mit Bart und Hut steht vor einem kahlen Baum und hält eine Hand hoch.

"Der Gehörlose" - Holzschnitt von Werner Berg

Ein Mann mit Bart steht vor einer Wand und hält die Hände vor die Brust.

Szenenfoto aus "Der Gehörlose" nach dem Gedicht von Herny Beissel, inspiriert vom Holzschnitt Bergs

Schule wurde Feldspital

Andere Fotos der Ausstellung zeigen etwa das Feldspital von Thörl-Maglern im Kärntner Kanaltal, das in der damaligen Volksschule untergebracht wurde.
Zu sehen sind auch Bilder ermordeter Kinder und Jugendlicher während des Völkermordes an den Armeniern durch das Osmanische Reich.

Ein Mann mit Bart und Mütze gestikuliert im Halbdunkel.

Szenenfotos aus dem mehrsprachigen Gedicht „Zmaga in zgaga, mir in mir / Krieg und Sieg, Friede und Liebe / Guerra e vittoria, pace e amore“ von Fabjan Hafer - an verschiedenen historischen Orten

Ein Mann mit Bart und Mütze lehnt an einer Steinmauer in einer Gasse.

Ein Mann mit Bart lehnt an einer Betonwand vor einer grünen Wiese und Bergen.

Ein Mann kauert an einer Wand mit einem Kreuz im Hintergrund und hält sich die Brust.

Ein Mann kniet im Gras und hält sich mit schmerzverzerrtem Gesicht die Brust.

Ein Mann mit Bart und Mütze gestikuliert vor einer bemoosten Wand.

Ein Mann mit Bart und Mütze gestikuliert vor einer grauen Wand.

Ein Mann mit Bart und Mütze gestikuliert vor einer grünen Wiese.

Ein Mann mit Bart lehnt an einem gemauerten Grill im Grünen.

Ein Mann gestikuliert vor einer Wand mit einem Marienbildnis in Jezersko.

Ein Mann mit Bart kauert in einem alten, überwucherten Steintunnel.

Ein Mann rennt über eine grüne Wiese an einem kleinen gemauerten Gebäude vorbei.

Ein Mann posiert an einem Torbogen in Slowenien.

Ein Mann in Tracht posiert vor einem Gebäude mit Gedenktafeln und einer Kletterfigur.

Ein Mann mit Bart und Mütze gestikuliert in einer grünen Wiese.

Ein Mann mit Bart und Mütze steht in einem Feld und gestikuliert.

Ein Mann geht durch eine Wiese mit hohem Gras.

Ein Mann kniet im Gras und scheint etwas zu betrachten.

Ein Mann mit Bart und Mütze steht in einer Wiese und gestikuliert.

Stationen-Theater-Tour

Ab 6. Juli – bis Ende August - 2020 ist ARBOS in Kärnten mit verschiedenen Stationentheater-Stücken auch in Gebärdensprache unterwegs: „Hell und Dunkel“ von Laura Bridgman, „Karawane“ und „Totenklage“ von Hugo Ball, „Krieg und Sieg, Frieden und Liebe“ von Fabjan Hafner, „Der Gehörlose“ sowie „Der Blinde“ von Henry Beissel nach einem Holzschnitt von Werner Berg, „Verweigert den Krieg“ von Helen Keller und Wilhelm Jerusalem, „Johnny zieht in den Krieg“ von Dalton Trumbo, „Sturmangriff“, „Patrouille“, „Wacht“ und „Kriegsgrab“ nach bzw. von August Stramm, „O Hand Opfer“ von Guillaume Apollinaire.

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Infos über die Veranstaltungen: arbos.at

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