In Gebärden- und Lautsprachen gegen Krieg und für Frieden

Mehrere Hände sind ineinander verschlungen.
Ab nun auch Schüler_innen im Einsatz beim ARBOS-Festival visuelles Theater, heuer online zu erleben. Update 18. Juni 2020.

Auch die Theater- und Performance-Reihe ARBOS (vormals Gehörlosentheater, schon seit vielen Jahren Festival visuellen Theaters) ist für das Publikum in diesem Jahr „nur“ online zu erleben. Voraufgezeichnete Stücke werden ausgestrahlt – über deren Homepage - Termine und Link siehe unten am Ende des Artikels.

Drei Männer stehen in einem dunklen Raum, zwei tragen weiße Kittel.

Szene aus "Tryptichon"

Zum Abschluss: "Tryptichon"

Der dritte und letzte Teil des Festivals Visual 2020 (vormals Gehörlosentheaterfestival) – diesmal natürlich „nur“ online“ – kommt aus dem Salzburger Toihaus-Theater: Am 19. und 20. Juni, jeweils um 19.30 Uhr.

Gezeigt wird an beiden Tagen: „Tryptichon“ - Szenen und Stücke von Daniil Charms, Raoul Hausmann, Martha Steinitz, Arnolt Bronnen, Friedrich Wolf, Dalton Trumbo und August Stramm

Mix aus Stücken und Autor_innen

Außergewöhnliche Szenen und Stücke werden zu einem Tryptichon geformt und erzählen Geschichten von Schicksalen von Menschen in außerordentlichen Situationen mit und ohne Musik. Der erste Teil ist dem russischen Dichter Daniil Charms gewidmet. Dieser beschäftigt sich in „Historischer Einschnitt“ mit dem Revolutionsjahr 1917. In dieser dramatischen Szene findet Charms die Quintessenz der einsetzenden revolutionären Bewegungen des Jahres 1917, die einfach schlichtweg verschlafen werden, somit also eine Art traumatischer Wachzustand eintritt.

„Die Schamlosen“ versteht sich als große Oper in kurzer Form, in der die beiden großen Solopartien in Streit miteinander geraten, wer denn nun wen schlagen wird, bevor es zum Gemetzel kommt schreitet der Trommler ein und beendet den grotesken Streit. „Die Schamlosen“ schildert aber auch die Auseinandersetzungen zwischen den rivalisierenden Gruppen der revolutionären Zeit Russlands. „Dialog“ ist eine wortsymphonische Dichtung in Metaphern zur Frage, ob Vögel überhaupt fliegen können. In dieser auf den ersten Blick anmutenden einfachen dramatischen Szene liest es sich zwischen den Zeilen heraus, dass es in der neuen Zeit der Sowjetisierung nicht von Vorteil ist, Situationen ungeschminkt darzustellen, sondern diese besser in einer künstlerischen Umsetzung vorzustellen, also auf künstlerische Art und Weise den sozialistischen Realismus zu umgehen.

Auf einer Bühne gestikuliert ein Mann in Zivilkleidung vor einem Soldaten.

"Tryptichon"-Szene

Parodie

Den Anfang des zweiten Teils macht die Parodie „Heimatklänge!“ des Wiener Dichters Raoul Hausmann, der sich dem Friedensmanifest der Pazifistin Martha Steinitz „Helden der Güte - Gandhi und andere“ anschließt, gefolgt vom „Ostpolzug“ des österreichischen Dramatikers Arnolt Bronnen, der uns mit seiner „Alexanderschlacht“ in die tiefen Täler und hohen Berge von Afghanistan entführt, um dann mit Friedrich Wolfs „Die Matrosen von Cattaro“ am Adriatischen Meer zu landen, um die Geschichte von Seeleuten in Ausnahmesituationen zu erfahren, wobei den Abschluss des zweiten Teils die Parodie „Missglückte Vorstellung“ von Daniil Charms bildet.

Zwei Männer stehen auf einer Bühne, einer trägt einen Arztkittel.

Ebenfalls eine Szene aus "Tryptichon"

Musik und Gebärdensprache

Der dritte Teil ist modernder Musik in Verbindung mit Gebärdensprache und Visuellem Theater gewidmet. Dalton Trumbos Szene „Johnny zieht in den Krieg“ zeigt das Schicksal eines jungen US-amerikanischen Soldaten, der im Ersten Weltkrieg taub und blind wird und nur noch über das Morsesystem mit der Außenwelt kommunizieren kann, und trotz aller Einschränkungen die Hoffnung nicht aufgibt gemäß Helen Kellers Motto „Hindernisse sind dazu da, um überwunden zu werden“. August Stramms Gedicht „Sturmangriff“ zeigt die Situation einer Gruppe von Soldaten, die in einem Sturmangriff nicht zu Helden wird.

Eine Gruppe von Personen mit Gesichtsvisieren steht in einem Raum mit grünem Boden.

Szenenfoto aus "M.a.r.s.c.h."

Jugendliche in Aktion

Nun beginnt jener Teil des Festivals, in dem auch Schülerinnen und Schüler bei den Aufzeichnungen der Stücke in Aktion getreten sind. Am Montag, 25. Mai werden ab 10 Uhr auf der Festival-Homepage Szenen gestreamt, in denen Jugendliche der Neuen Mittelschule Klagenfurt-Wölfnitz und des BIG (BUndesInstitut für GehörlosenBildung) mitgespielt haben:

„M.a.r.s.c.h.“ - Szene von Herbert Gantschacher (Uraufführung) Visuelles Theater mitgehörlosen, hörgeschädigten und mehrfachbehinderten Schülerinnen und Schülern des BIG (BundesInstitut für Gehrölosenbildung) Wien - Eiva, Alberto und Angel - und fünfsinnigen Schülerinnen und Schülern der NMS Klagenfurt-Wölfnitz und dem Schauspieler Markus Rupert (Bilinguale Inszenierung in Österreichischer Gebärdensprache und Lautsprache Deutsch), Inszenierung und Produktion: Herbert Gantschacher.

Eine Person mit einer Tiermaske tanzt vor drei sitzenden Personen, die ihre Gesichter mit Händen bedecken.

Szenenfotos aus "Karawane"

Eine Person mit einem Elefantenkostüm springt vor vier sitzenden Kindern.

Eine Person in einem Kostüm steht vor drei sitzenden Personen mit weißen Handschuhen und Masken.

„Karawane“ – ein dadaistisches Gedicht von Hugo Ball gespielt von Samantha Böhme, Pavarsi Kokollari, Anastasija Radovanović und Bedir Çemir aus dem BIG (Bundesinstitut für Gehörlosenbildung) sowie 5-sinnigen Schüler_innen der NMS Klagenfurt-Wölfnitz und dem Schauspieler Markus Rupert. Mit einer Maske in Handarbeit hergestellt von der bildenden Künstlerin Burgis Paier. Inszenierung und Produktion: Herbert Gantschacher.

Ein Mann mit Bart gestikuliert vor einer Gruppe von Menschen.

Szene aus "Der Gehörlose"

Der Gehörlose“: Visuelles Theater nach dem gleichnamigen Bild von Werner Berg und dem Gedicht von Henry Beissel mit Markus Rupert und Schülerinnen und Schülern der NMS Klagenfurt-Wölfnitz. Gebärdensprach-Coach und Übersetzung in Österreichische Gebärdensprache vom gehörlosen Schauspieler Werner Mössler. Inszenierung und Produktion: Herbert Gantschacher.

Ein Mann mit Bart und Kappe gestikuliert vor dunklem Hintergrund.

Ein Mann mit Mütze steht auf einer Bühne und reißt die Arme hoch.

„Ich sehe was, was Du nicht siehst“: Kindertheaterstück von Herbert Gantschacher (Inszenierung und Ausstattung); in die Österreichische Gebärdensprache übertragen von Georg Horngacher und Werner Mössler; Es spielt: Markus Rupert

Ein Stapel Flyer für das „Visual 20/20“, das 21. europäische und internationale visuelle Theaterfestival.

Visuelles Theater - heuer eben "nur" online

75 Jahre Ende des 2. Weltkriegens

In der Woche rund um das 75-Jahr-Jubiläum zum Ende des 2. Weltkrieges und damit der Befreiung vom Faschismus wurden bereits Viktor Ullmanns (ermordet im KZ Theresienstadt) „Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke“ bzw. „Der Kaiser von Atlantis oder Die Tod-Verweigerung“ sowie Fabjan Hafners „Zmaga in zgaga, mir in pir / Krieg und Sieg, Friede und Liebe / Guerra e vittoria, pace e amore“ sowie Herbert Gantschachers „M.a.r.s.c.h.“ und „Anschluss“ Memorial Oberschützen ge-streamt.

Einige der Aufführungen werden in den nächsten Tagen und Wochen auch wiederholt, so am Montag, 11. Mai, 20 Uhr „Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke“.

Ein Mann mit offenem Mund hält seine Hände hoch.

Schauspieler Werner Mössler gebärdet Feuer ...

Ein älterer Mann in einem schwarzen Anzug gestikuliert und lächelt.

... Freudenschuss ...

Ein älterer Mann mit weißem Haar und schwarzer Jacke lacht.

... ins ...

Ein älterer Mann in einer schwarzen Jacke gestikuliert mit den Händen.

... Herz

Eine Person filmt mit einem Smartphone eine andere Person.

... hell ...

Eine Person filmt mit einem Smartphone eine andere Person in einem Zug.

.... Schleier ...

Eine Person filmt mit dem Handy eine tanzende Person in einem öffentlichen Verkehrsmittel.

... Freude ...

Eine Person filmt mit dem Handy eine andere Person, die auf der Straße tanzt.

... Freude ...

Ein Mann in einem Zug betrachtet ein Video auf seinem Smartphone.

... frostig ...

Eine Person filmt mit einem Smartphone eine andere Person vor dem Burgtheater in Wien.

... bei der Straßenbahnstation vor dem Burgtheater...

Ein Mann fotografiert mit seinem Smartphone einen älteren Mann im U-Bahnhof Ottakring.

... in der U3/S-Bahn-Station Ottakring

Licht und Dunkel

Ab 23. Mai 2020 wird die szenische Interpretation des Gedichts „Light and Darkness/Licht und Dunkel“ der taubblinden Künstlerin Laura Bridgman gestreamt. Werner Mössler und Markus Rupert lassen das Gedicht in Gebärden- und Lautsprache bei Straßenbahn- in U- und S-Bahn-Stationen lebendig werden (Inszenierung: Herbert Gantschacher, der Erfinder von ARBOS)

Hier der deutschsprachige Text

Laura Bridgman „Licht und Dunkel“

Licht ist der Tag.
Licht strahlt heller als Rubin, sogar heller als Diamant.
Licht ist heller als Schnee.
Dunkel ist die Nacht.
Sie ist schwarz wie Eisen.
Dunkel ist traurig.
Freude ist hinreißende Verzückung.
Licht ist wie ein Freudenschuss (ins Herz).
Licht ist süß wie Honig, aber
Dunkel ist bitter wie Salz, sogar bitterer als Essig.
Licht ist edler als Gold sogar edler als das feinste Gold.
Freude ist ein wahres Licht.
Freude ist eine lodernde Flamme.
Dunkel ist frostig.
Ein guter Schlaf ist wie ein heller Schleier.
Ein schlechter Schlaf ist wie ein dunkler Schleier.

Ein Mann mit Bart und Mütze gestikuliert vor einer Steinwand.

Gebärde für Krieg ...

Ein Mann in schwarzem Hemd und Mütze gestikuliert vor einer Steinwand.

... Sieg ...

Ein Mann mit Bart und Mütze steht vor einer Steinwand und zeigt nach vorne.

... Friede ...

Ein Mann mit Bart und Mütze posiert vor einer Steinwand.

... Liebe

Ein Mann kauert zwischen alten Steinmauern.

Szenenfoto

Krieg und Sieg, Friede und Liebe

Das Gedicht „Zmaga in zgaga, mir in mir / Krieg und Sieg, Friede und Liebe / Guerra e vittoria, pace e amore“ (Slowenisch, Deutsch, Italienisch) hat Fabjan Hafner las Auftragswerk für ARBOS verfasst. Es war eines seiner letzten Gedichte, die er geschrieben hat, bevor er im Herbst 2016 tragisch ums Leben kam. Er gehört zu den großen Sprachkünstlern der slowenisch-sprachigen Dichter Kärntens.

Fabjan Hafer,
„Zmaga in zgaga, mir in mir / Krieg und Sieg, Friede und Liebe / Guerra e vittoria, pace e amore“

Zmaga in zgaga, mir in pir.
Zmaga in pir, zgaga in mir.

Mir in zmaga, pir in zgaga.
Mir in zgaga, zmaga in pir.
Pir in mir, zmaga in zgaga.
Pir in zgaga, mir in zmaga
Zgaga in zmaga, mir in pir.
Zgaga in pir, zmaga in mir.

Krieg und Sieg, Friede und Liebe.
Krieg und Liebe, Sieg und Friede.
Friede und Krieg, Liebe und Sieg.
Friede und Sieg, Krieg und Liebe.
Liebe und Friede, Krieg und Sieg.
Liebe und Sieg, Friede und Krieg.
Sieg und Krieg, Friede und Liebe.
Sieg und Liebe, Krieg und Friede.

Guerra e vittoria, pace e amore.
Guerra e amore, vittoria e pace.
Pace e guerra, amore e vittoria.
Pace e vittoria, guerra e amore.
Amore e pace, guerra e vittoria.
Amore e vittoria, pace e guerra.
Vittoria e guerra, pace e amore.
Vittoria e amora, guerra e pace.

Eine Person mit einer Tiermaske steht in einem langen Mantel vor einem alten Torbogen.

Eine Person mit einer auffälligen, selbstgemachten Tiermaske und einer Gesichtsmaske steht vor einer Steinmauer.

Ein Mann in einem Mantel steht unter einem Steinbogen und hält einen Ball in der Hand.

Eine Person mit Maske und Kuhkopf-Kopfschmuck kauert in einer alten Steinruine.

Eine Person mit Maske untersucht einen Tierkopf auf einem Steinsockel vor einer Landschaft.

Ein Mann steht in einem Torbogen und hält ein blaues Objekt in der Hand.

Ein bemalter Totenkopf liegt auf einer Steinmauer mit Blick auf eine grüne Landschaft.

Hugo Ball „Totenklage“ dadaistisches Gedicht

Gespielt von Markus Rupert beim "Anschlussdenkmal" in Oberschützen am 75. Jahrestag des Kriegsendes, 8. Mai 2020.

ombula
take
bitdli
solunkola
tabla tokta tokta takabla
taka tak

Babula m'balam
tak tru – ü
wo – um
biba bimbel
o kla o auwa
kla o auwa
la – auma
o kla o ü
la o auma
klinga – o – e – auwa
ome o-auwa
klinga inga M ao – Auwa
omba dij omuff pomo – auwa
tru-ü
tro-u-ü o-a-o-ü
mo-auwa
gomun guma zangaga gago blagaga
szagaglugi m ba-o-auma
szaga szago

szaga la m'blama
bschigi bschigo
bschigi bschigi
bschiggo bschiggo

goggo goggo
ogoggo
a-o –auma

M.A.R.S.C.H.

Szene „M.a.r.s.c.h.“ von Herbert Gantschacher

Ein Mann steht in einem Trenchcoat in einem alten Steinbogen mit Blick auf die Landschaft.

M.

Ein Mann steht in einem Torbogen und reckt die Faust in die Luft.

A.

Ein Mann steht in einem Trenchcoat unter einem Steinbogen und zeigt nach oben.

R.

Ein Mann in Mantel und Mütze steht vor einem alten Aquädukt und reckt die Faust in die Luft.

S.

Ein Mann in Mantel und Mütze steht in einer alten Steinbogenruine und grüßt.

C.

Ein Mann steht in einem Bogen aus Stein und blickt in die Ferne.

H.

Ein Mann in Mantel und Jeans geht durch einen steinernen Torbogen.

M.A.R.S.C.H.

Schon vor 20 Jahren

Übrigens, so weist der Verein darauf hin, „schon vor 20 Jahren hat ARBOS – Gesellschaft für Musik und Theater - die ersten Direktübertragungen im Internet gemacht in einer Zeit ohne YouTube und WLAN. Es waren dies die Direktübertragungen der Internetkammeroper „Es hat am Vorabend geregnet“ des schwedischen Komponisten Eberhard Eyser und das Kinderstück „Ich sehe was, was du nicht siehst – I Can See Something You Cannot See“. Diese Direktübertragungen fanden schon damals ihr Publikum auf allen Kontinenten.

Nachzusehen und nachzulesen auf der Homepage:

Arbos -> Kammeroper sowie

Arbos -> Ich sehe was

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