Das große Shakespeare-Abenteuer schon für die Jüngsten

Puck (Stefan Rosenthal) und Willie (Marius Zernatto).
Neu-Inszenierung des Erfolgs-Stücks von Theater-der-Jugend-Direktor Thomas Birkmeir eröffnet die neue Saison.

Der Junge Willie schreibt einen beinahe unaussprechlichen Spruch an eine Mauer: „Honorificabilitudinitatibus“. Er ist ein fantasievoller Träumer, will zum Theater und wünscht sich, dass die von ihm ausgedachten Geschichten überall auf der Welt gelesen und gespielt werden. Eine Gabe von der mütterlichen Muse Titania gespeist und gehegt. Doch da hat deren Ehemann, Feenkönig Oberon viel dagegen. Nie sollen die Menschen etwas über ihn erfahren. Als Aufpasser schickt er ihm Puck.

Mit diesem Trick führt „Das große Shakespeare-Abenteuer“ in rund zwei Stunden (eine Pause) einerseits durch vier Stücke des großen Theaterdichters, dessen Stücke auch nach 400 Jahren – und wahrscheinlich wirklich fast weltweit – faszinieren. Und gleichzeitig in die Welt des Theaters selbst. Spannend, actionreich, mitunter auch witzig – wenngleich Corona-bedingt – viel weniger Zuschauer_innen und Masken auf – die Reaktionen verhaltener ausfallen.

Durch vier Klassiker

Eine wahrhaft abenteuerliche Reise auf der schrägen Bretterbühne des Renaissancetheaters (Regie: Felix Metzner, Bühne: Andreas Lungenschmid) führt durch mehrere Shakespeare-Stücke. Ein Sommernachtstraum mit Titania und Oberon ist schon mal von Anfang an fix. Aber unabhängig davon, ob – und sogar eher unwahrscheinlich, dass – die jungen und jüngsten Besucher_innen die angespielten Stücke kennen, erleben sie die dargestellten großen Gefühle von Freund- und Feindschaft, von Liebe und Hass und nicht zuletzt die Machtspielchen, die mitunter positive Gefühle verhindern und blockieren.

Rita Radinger als Titania in einer Shakespeare-Inszenierung neben einer Wiege.

Titania (Rita Radinger), die sozsuagen die Obhut für Willie übernimmt

Viele Formen von Liebe

Obendrein rückt das Stück, das Thomas Birkmeir, der Direktor des Theaters der Jugend in Wien, vor mehr als 16 Jahren geschrieben und 2004 selbst inszeniert hatte, vielfältige Formen der Liebe – und des Gegenteils – ins Zentrum des Geschehens. Und davon haben, damit können auch die meisten Kinder – das Stück wird ab 6 Jahren im Renaissancetheater gespielt -  viel anfangen, auch wenn sie höchstwahrscheinlich weder „Ein Sommernachtstraum“, noch „Macbeth“, „König Lear“ oder „Der Sturm“ kennen. Vielleicht werden sie sich später, wenn ihnen das eine oder andere Stück unterkommt an dieses, möglicherweise ihr erstes, Theatererlebnis erinnern. Und eine zweite Ebene für erwachsene Begleitpersonen schadet auch bei Kindertheater ja nie.

Zwei Schauspieler in einem Fass während einer Aufführung von Shakespeares „Sommernachtstraum“.

Puck und Willie im Hexenkessel der drei Hexen in "Macbeth"

Eltern, Verliebtheiten, Objekttheater

Der fast elterliche Streit, in dem der kleine Willie Spielball von Titania (Rita Radinger) und Oberon (Jürgen Heigl) wird, kommt sicher vielen Kindern bekannt vor.

Der punkig freche, lustige Puck (Stefan Rosenthal) hält Menschen ja anfangs für komische, ja eher unnötige Wesen. Je länger er je doch an der Seite Willies (Marius Zernatto) verbringt, desto mehr kann er sein Vorurteil abbauen. Ja, bald wird aus der Ablehnung/Abneigung sogar Freundschaft – und im zweiten Teil schwingt sogar mehr mit. Möglicherweise auch eine Anspielung auf Medienberichte im Jahre 2002, denen zufolge William Shakespeare Männer geliebt haben soll.

Dann treffen Willie und Puck im „Sturm“ rund um die schräge Drehbühne auf Prospero, Kaliban und Miranda. Kaliban wirkt wie ein gemütliches, fast tollpatschiges, liebenswürdiges Monster (Benedikt Paulun) und hat Puck beinahe zum Fressen gern – womit wir wieder bei einer besitzergreifenden Form von Liebe wären. Miranda (Victoria Hauer), Prosperos Tochter, verliebt sich in Willie. Er mag sie, kann dieses Gefühl aber nicht erwidern.

Neben der elterlichen Liebe, die hier zum Machtspiel über den jungen Willie verkommt, der nicht erwiderten Verliebtheit (Miranda), und der Freundschaft, die vielleicht sogar in gleichgeschlechtliche Liebe übergeht (Puck/Willie), sowie einem „zum Fressen gern haben“ von Kaliban für Puck, erleben wir aber auch eine fast klassische Theaterübung. James Burbage (Uwe Achilles), Chef der Theatergruppe, der sich Willie anschließen will, zeigt seinen Schauspieler_innen, wie sogar ein Taschentuch zum belebten Objekt werden kann, wenn es vom Spieler/der Spielerin nur glaubhaft hingebungsvoll angebetet wird.

Weniger überzeugend wirkt hingegen Oberons Zerknirschtheit und Liebesbekenntnis für Titania gegen Ende. Dazu war er die ganze Zeit über zu herrschsüchtig ohne den geringsten Selbstzweifel kommt dieser Sinneswandel nicht wie Einsicht, sondern eher wie aufgesetztes Happy End

Szene aus einer Theateraufführung mit fantasievoll kostümierten Schauspielern vor einer projizierten Dschungellandschaft.

Begegnung mit dem Personal von Shakespeares "Sturm"

Zauberspruch

Das fast unaussprechliche Wort, das Willie anfangs auf die Mauer pinselt, wird zum Zauberspruch, der das Duo jeweils aus brenzligen Situationen der verschiedenen Stück, in die sie geraten sozusagen weg-beamt. Etwa aus dem Hexenkessel der drei Hexen aus Macbeth (Benedikt Paulun, Rafael Schuchter und Haris Ademović, der mehrmals unterschiedliche Puppen und Figuren durch die verschiedene Szenen fliegen lässt - Figurenbau: Julia Elisabeth Beyer).

„Honorificabilitudinitatibus“ ist ein mittellateinisches Wort, das William Shakespeare in seiner Komödie“ Verlorene Liebesmüh“ verwendete hat es in der englischen Version honorificabilitudinity als längstes Wort in seinen Werken auch ins Wörterbuch geschafft. Auch wenn es wie ein Fantasiewort klingt - der Theaterdichter hat nicht nur Stücke, sondern auch Wörter erfunden – hat es vom Lateinischen abgeleitet eine Bedeutung: „Fähigkeit, Ehre zu erringen“.

Marius Zernatto als William Shakespeare auf einer Theaterbühne.

Willie, der Geschichtenerfinder

Superpower

Übrigens Zu Fantasie meint der Willie-Darsteller, Marius Zernatto, im theaterpädagogischen Material (über die Homepage runterzuladen): „Fantasie hat die allergrößte Superpower, denn in der Fantasie ist man frei und alles ist möglich. Das praktische ist auch, dass man Fantasie immer dabei hat …“

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Szene aus einem Theaterstück mit Schauspielern in historischen Kostümen.

Rafael Schuchter, Benedikt Paulun und Victoria Hauer als Schauspieler_innen und Uwe Achilles als Theaterprinzipal

Rita Radinger als Titania in einer Shakespeare-Inszenierung neben einer Wiege.

Rita Radinger als Titania

Marius Zernatto als William Shakespeare hält eine kleine Flasche in der Hand.

Marius Zernatto als William Shakespeare

Stefan Rosenthal als Puck in einer Shakespeare-Inszenierung.

Stefan Rosenthal als Puck

Rafael Schuchter als Prospero und Victoria Hauer als Miranda in einer Shakespeare-Inszenierung.

Rafael Schuchter als Prospero und Victoria Hauer als Miranda

Zwei Schauspieler in einem Fass während einer Aufführung von Shakespeares „Sommernachtstraum“.

Stefan Rosenthal (Puck) und Marius Zernatto (William Shakespeare)

Zwei Schauspieler in Kostümen umarmen sich auf einer Bühne.

Stefan Rosenthal (Puck) und Benedikt Paulun als Kaliban

Stefan Rosenthal als Puck in einer Aufführung von Shakespeares „Sommernachtstraum“.

Stefan Rosenthal als Puck

Szene aus einer Theateraufführung mit fantasievoll kostümierten Schauspielern vor einer projizierten Dschungellandschaft.

Victoria Hauer (Miranda), Rafael Schuchter (Prospero), Benedikt Paulun (Kaliban), Marius Zernatto (Shakespeare) und Stefan Rosenthal als Puck

Victoria Hauer als Miranda und Rafael Schuchter als Prospero in einer Shakespeare-Inszenierung.

Rafael Schuchter als Prospero und Victoria Hauer als Miranda

Marius Zernatto als William Shakespeare auf einer Theaterbühne.

Marius Zernatto als William Shakespeare

Jürgen Heigl als Oberon in einer Inszenierung von Shakespeares „Ein Sommernachtstraum“.

Jürgen Heigl als Oberon

Puck (Stefan Rosenthal) und Willie (Marius Zernatto).

Stefan Rosenthal (Puck) und Marius Zernatto (William Shakespeare)

Mariusz Ernatto als William Shakespeare auf einer Theaterbühne.

Marius Zernatto als William Shakespeare

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