Jugendliche mit Leidenschaft auf – und hinter – der Bühne

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Bei der diesjährigen Shakespeare-im-Park-Produktion "Viel Lärm um Nichts" spielen zwei Jugendliche mit Profis im Ensemble.

Fakt or Fake – auch das könnte zwischen den Zeilen der Intrigen-Komödie „Viel Lärm um Nichts“ stehen. Damit knüpft es an eines der Wortspiele im Original an: „Nothing or Noting“ (Nichts oder Wahrnehmen).

Das Stück ist derzeit in Wien im Park des Schlosses Pötzleinsdorf (bei Schlechtwetter Indoor) zu sehen – von der Gruppe „Shakespeare im Park“, die vor der Wiener Serie Aufführungen jeweils im steirischen St. Lambrecht (im Garten des Benediktiner-Klosters) spielt. Neu: Zu den Profis in der Wandertruppe gesellen sich in diesem Jahr ein 16-jähriger Schüler und eine 18-jährige Schülerin. Beide fallen durch viel Spielfreude auf. Mehr über die Jugendlichen in Interviews in einem eigenen Abschnitt.

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Die Grundgeschichte ...

... der Shakespeare’schen Komödie kurz zusammengefasst: Benedikt, Claudio und Don Pedro kommen aus einer Schlacht, in der sie gegen Don Juan (Don Pedros Stiefbruder) gekämpft haben. In Messina werden sie von Leonato in seinem Anwesen aufgenommen. Claudio verliebt sich in Leonatos Tochter Hero. Währenddessen liefern einander Benedikt und Beatrice, Leonatos Nichte, böse aber gewandte Wortgefechte – durchaus mit einem Schuss „was sich liebt, das neckt sich“.
Don Juan, leidenschaftlicher Intrigant, der sich für die erlittene Niederlage rächt, will die Liebe zwischen Claudio und Hero zerstören. Dafür setzt er auf inszenierte Fake News: Sein Unterläufel Borachio liefert sich bei offenem Fenster lautstarkes Liebesgestöhn mit seiner Liebsten, der Kammerzofe Heros, die er für diesen Zweck stets Hero nennt. Don Juan hat Claudio und Don Pedro vor das Fenster bestellt, um Ohrenzeugen zu werden...
Auf der anderen Seite führt Intrige und List zur Liebe zwischen Beatrice und Benedikt – beide werden unabhängig voneinander, geplant, jedoch scheinbar unbewusst – Ohrenzeug_innen von der Liebe der/des anderen.

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Szenenfoto aus der diesjährigen Produktion "Shakespeare im Park": "Viel Lärm um Nichts"

Mücke wird Elefant

„Viel Lärm um Nichts“ ist die die sechste Produktion von Shakespeare im Park, die dritte, die nur mehr auf Deutsch in der Steiermark und anschließend in Wien gespielt wird. Davor spielte das Ensemble abwechselnde Abende auf Deutsch sowie in Shakespeare’schem Englisch - mit etlichen Native Speakers. Bei den meisten Produktionen agierte Eric Lomas als Regisseur.

Der gelernte Schauspieler, der „aber bald auch Regie gemacht“ hat und aus England kam, leitet(e) in der im Schloss Pötzleinsdorf untergebrachten Waldorfschule im Epochenunterricht Theater in englischer Sprache die dreiwöchigen Workshops in der zehnten Schulstufe.

Gratwanderung

Viel Lärm um Nichts habe er „schon in vielen, aber meist nicht wirklich guten Versionen gesehen“, beginnt er dem Kinder-KURIER gegenüber seine Auswahl zu begründen. Es sei eine Gratwanderung, schnell könne die Komödie in ein Gekeife kippen – das tut sie hier nicht. Und trotz der bösen Intrige soll sie lustig bleiben – was sie hier durchaus macht. Und um fast Nichts - der kleinen Intrige – wird viel Wind gemacht, der fast zu einer Tragödie führt.

Zu Beginn taucht das Männertrio Benedikt (Simon Brader), Claudio (Miguel Casas ) und Don Pedro (David-Jonas Frei) in Fußballdressen auf. Don Juan, hervorragend wie ihre die beiden anderen Rollen (Ursula, die Kammerzofe sowie ein Bote) gespielt von Christina Laas, im Schiedsrichter-Outfit mit riesigem, luftgefülltem Fußball(on) vom Hals bis zu den Knien. „Bei Shakespeare kommen sie ja aus dem Krieg. Das wollte ich nicht, habe aber nach einem Pedant gesucht, das ähnlich für pure, tiefe kämpferische Männlichkeit steht, die dann auf die eher weibliche Landhausidylle bei trifft.“

Der Regisseur, der seit einigen Jahren neben dem Theaterunterricht auch Englischlehrer in der Schule ist, fragte seine Schüler_innen Miguel Casas Reyes und Momo Maresch, ob sie nicht vielleicht bei diesem Sommertheater mitspielen wollen würden.

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Miguel Casas Reyes als Claudio - einmal bei der Vermählung und einmal zu Beginn, wenn er und seine Kumpels von der Fußballschlacht kommen

Liebe die Bühne

„Natürlich sagst du dann ja“, strahlt Miguel Casas Reyes nach der Premiere im KiKu-Gespräch, „sogar wenn es kein Geld gegeben hätte, hätte ich sofort zugesagt. Ich liebe die Bühne. Ich wollte diese Gelegenheit natürlich nutzen“, gesteht der Claudio-Darsteller. „Auch Referate genieße ich. Leuten etwas zu erzählen, sie zu begeistern, dass sie zuhören...“, gerät er ins Schwärmen.

Dabei hat der 16-Jährige gar nicht besonders viel Theatererfahrung – „nur bei den Schulaufführungen – Zauberflöte im Volksschulalter, dann das Stück in der 8. Schulstufe und Oliver Twist in der zehnten Schulstufe (entspricht der 6. Klasse Gymnasium). „Da haben wir im Herbst am Schulanfang drei Wochen ganztägige Workshops gehabt und als Abschluss drei Aufführungen – eine interne für die anderen aus der ganzen Schule und zwei öffentliche. Mein Lehrer hat mir gesagt, ich habe Talent und mich dann im Frühjahr gefragt, ob ich beim Sommertheater mitmachen möchte.“

So habe er sich zum Casting gemeldet, wurde genommen „und von der ersten Leseprobe an von den Profis gut auf- und für voll genommen. „Hau dich voll rein“, haben sie mir geraten und nach intensiven Wochen gab’s die ersten Aufführungen in St. Lambrecht in der Steiermark wo ich schon noch sehr nervös war, auch heute vor der Premiere“.

Theater fasziniere ihn – das hört man auch im Gespräch, „aber es ist nicht mein Lebensplan, der hat sich auch jetzt nicht geändert. Ich will internationale Entwicklung studieren. Theater kannst du sowieso immer brauchen. Ich versetz mich gern in die Lage oder Rolle von anderen. Auch im echten Leben. So kannst du die anderen besser verstehen“, meint der zweisprachig (Spanisch/Eltern aus Kolumbien und Deutsch) aufgewachsene junge Mann, der „in der Schule eine Zeitlang auch Russisch gelernt habe, aber dann auf Italienisch gewechselt“ hat.

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Momo Maresch als Äbtissin, die die Trauungen vornimmt und als Wache, die im Bündnis mit Detektiv_innen die Intrige auflöst

Mag alles rund um Theater

Der Pfarrer, der die Trauung vornehmen will, wird von Momo Maresch (18) gespielt und damit auch bewusst zur „Madame Hochwürden“. Das hatte in St. Lambrecht im Klostergarten noch einmal einen eigenen Reiz. „Aber den Mönchen hat das gefallen, die haben sich da sehr aufgeschlossen gezeigt“, meint die Darstellerin, die auch eine blinde Wache im Ermittler_innen-Trio mit Holzapfel und Schlehwein spielt, das letztlich die Intrige aufklärt.

In beiden Rollen zeigt die Jugendliche, die nun ihr Maturajahr vor sich hat, große Spielfreude. Sie ist von Theater seit Langem angefixt. „Seit sieben Jahren mach ich Requisite und Licht-Assistenz bei der Gruppe „Schall und Rauch“. Dazu kam sie über berufspraktische Tage. Und die suchte sie bei einer Theatergruppe, „weil mich das immer schon interessiert hat, in andere Rollen zu schlüpfen, aber auch was rundherum am Theater passiert, damit Vorstellungen überhaupt möglich werden.“

Bei Shakespeare im Park war sie für Regie-Assistenz und Tontechnik engagiert und später gefragt worden, ob sie Nebenrollen übernehmen wolle. Die Rolle der Wache „ist lustig, weil ich da eine Fight-Szene mit dem Blindenstock habe. Das macht Spaß. Und die Äbtissin war besonders im Kloster witzig.“

Theater ist auch ihre Berufsperspektive, wobei es für sie noch gleichwertig ist, ob auf oder hinter der Bühne. Und das möchte sie mit Englisch verbinden, indem sie die Vienna’s English Theatre Academy besucht.

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Hintergrund zu Shakespeare im Park

Shakespeare in Styria war ursprünglich ein jährliches Shakespeare-Festival in der obersteirischen Stadt Murau, an dem sich junge Schauspieler_innen aus ganz Europa beteiligten. Das Festival wurde im Jahr 2002 von dem in Großbritannien geborenen Theatermanager Nicholas Allen und dem österreichischen Journalisten Rudolph J. Wojta gegründet.

Seit September 2015 wird das Festival unter dem neuen Namen von Paul Elsbacher (Intendanz) und Eric Lomas (Künstlerische Leitung) geleitet. Als Spielstätte fungiert nun das Benediktinerstift in St. Lambrecht in der Steiermark, wo die Premieren der Freiluft-Produktionen stattfinden. Danach gastiert die Produktion in den Gärten von Schloss Pötzleinsdorf in Wien.

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Szenenfoto aus der diesjährigen Produktion "Shakespeare im Park": "Viel Lärm um Nichts"

Infos: Was? Wer? Wann? Wo?

Viel Lärm um Nichts
von William Shakespeare
in einer deutschen Fassung von Eric Lomas

Eine Produktion von Shakespeare in Styria & Shakespeare im Park

Es spielen:
Beatrice/Holzapfel: Barbara Fressner
Benedikt/Borachio: Simon Brader
Don Juan/Ursula/Bote: Christina Laas
Don Pedro: David-Jonas Frei
Leonato: Martin Schranz
Hero/Schlehwein: Valerie Bast
Claudio: Miguel Casas Reyes
Wache/Äbtissin: Momo Maresch

Regie & Bühne: Eric Lomas
Regieassistenz: Roberta Brown
Kostümbild: 
Lizza Keferstein
Produktion: Paul Elsbacher
Eine Produktion von
Shakespeare in Styria & Shakespeare im Park

Wann & wo?
Bis 16. August 2018
in den Gärten von Schloss Pötzleinsdorf
1180 Wien; Geymüllergasse 1
(bei Schlechwetter im Festsaal des Schlosses)

Karten: Freie Platzwahl, Reservierung unbedingt empfohlen
Telefon: 0664/56 77 298 (Mo – Fr. 10 - 14 Uhr)
eMail:  paul.elsbacher@hotmail.com
online: www.shakespeare-park.com

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