Dieses Ehepaar verfuttert jedes Monat bis zu 2000 Euro

Dieses Ehepaar verfuttert jedes Monat bis zu 2000 Euro
Lisa und Patrick nennen sich auf Instagram "Mr and Mrs Gourmet": Im KURIER-Interview sprechen sie über ihre teure Leidenschaft.

Lisa und Patrick, beide 32 Jahre alt. Nachname unbekannt. Jobs unbekannt. Budget für Restaurantbesuche: zwischen 1000 und 2000 Euro im Monat. Seine Esserlebnisse teilt das österreichische Ehepaar auf Instagram mit ihrer 2.000 großen Fan-Gemeinde.

Fallen "Mr and Mrs Gourmet" unter den Begriff Influencer? Definitiv, mit ihren Bildern und Empfehlungen sind sie Meinungsmacher und üben Einfluss aus. Der große Unterschied ist jedoch, dass sie alles selbst bezahlen. Es handelt sich also nicht um Werbung, sondern um ein "Fooddiary" - sie wollen lediglich ihr Hobby breitenwirksam zur Schau stellen.

Im Interview mit dem KURIER sprechen die Gourmets darüber, warum sie ihrer teuren Leidenschaft frönen und warum ihre Familie, ihr Arbeitgeber und ihre Freunde nichts davon wissen.

KURIER: Seit wann sind Sie Foodies?

Lisa: Als Paar haben wir unsere Leidenschaft für gutes Essen weiterentwickelt. In den vergangenen zwei Jahren haben wir uns immer mehr mit Lebensmitteln beschäftigt und wollten Restaurants testen. Im April 2018 haben wir einen Tisch bei Massimo Bottura in der Osteria Francescana, einem World Best Restaurant, bekommen: Dieses Erlebnis wollten wir nicht in unserem privaten Profil teilen, wir wollten Gleichgesinnte ansprechen.

Patrick: Am Anfang waren es schlichtere Lokale, mit der Zeit entwickelt sich der Geschmack weiter und man will mehr Qualität.

Gehen Sie nur gerne essen oder kochen Sie auch?

Lisa: Wir kochen sehr gerne. Wir nehmen von unseren Reisen oft Gewürze, Kochbücher und Ideen mit: Wir waren von einem Ceviche mit Limette, Tabasco, Salz und Pfeffer in Lecce in Apulien ganz begeistert und kochen das nach. Wir laden auch gerne zum Essen ein.

Arbeiten Sie im Gastro-Bereich?

Patrick: Nein, in ganz anderen Branchen.

Wieso machen Sie das Ganze anonym?

Lisa: Es ist nicht so, dass wir Probleme in der Arbeit bekommen würden. Aber am Anfang haben wir uns gedacht, dass unsere Familie unseren Lebensstil nicht verstehen würde. Nicht einmal eine Handvoll Leute wissen von unserem Instagram-Profil. Die Anonymität ist uns aber nicht mehr so wichtig wie am Anfang. Wir könnten uns auch vorstellen, sie aufzugeben.

Patrick: Wir geben auch vor den Restaurantbesuchen nicht an, dass wir ein Instagram-Profil haben. Wir wollen alles authentisch haben.

In letzter Zeit liest man oft, wie Foodblogger und Influencer von Stress und Druck berichten, dass sie etwas posten müssen…

Lisa: Wir investieren 45 bis 60 Minuten am Tag: Je nach Stress im Job oder Urlaub mal mehr oder weniger. Es gibt auch Tage, wo wir nicht fancy essen gehen. Wir haben überhaupt keinen Druck. Wir posten auch nicht, wenn uns das Essen nicht geschmeckt hat.

In Ländern wie Australien können Fotos auf Instagram nicht mehr gelikt werden, um den Druck zu nehmen: Wie wichtig sind Ihnen die Likes?

Patrick: Anders als bei Facebook gibt es bei Instagram keinen Daumen nach unten. Wenn wir unsere ersten Postings ansehen, dann denken wir uns: Oh mein Gott, was haben wir da fotografiert. Wenn wir wenige Likes bekommen, dann fragen wir uns schon aus dem Hobby heraus, warum das so ist. Und ob wir vielleicht besser etwas anderes posten sollen wie einen guten, österreichischen Wein. Wir machen gerne Videos, wir mögen es, wenn Essen ästhetisch arrangiert ist. Wir machen zwar Fotos während des Essens oder posten zu Beginn, aber während des Essens legen wir das Handy weg und genießen. Wir schauen zum Spaß auf die Zahlen, aber es ist kein Job.

Was sagen Sie über Köche wie Juan Amador in Wien, die Handys aus ihren Restaurants verbannen?

Lisa: Wir haben auch bei Amador Fotos gemacht und einfach gewartet, bis die Mitarbeiter was sagen. Tun sie aber nicht, weil auch ein Juan Amador davon lebt. Alle Spitzenköche leben davon, dass die ganze Welt ihre Kreationen sehen kann. Wir waren an diesem Abend die einzigen Österreicher, auch die ausländischen Gäste durften fotografieren.

Schätzungsweise verfuttern Sie einen Kleinwagen im Jahr…

Patrick: Wir zahlen jedes Essen selbst. Im Schnitt geben wir zwischen 1000 und 2000 Euro im Monat für Restaurantbesuche aus, Lebensmittel nicht miteingerechnet. Wenn wir ein Top 50-Restaurant besuchen, dann liegt der Monat natürlich eher bei 2000 Euro. Das Essen plus Weinbegleitung bei Massimo Bottura hat zum Beispiel 1000 Euro gekostet. Andere kaufen sich teure Fahrräder, wir gehen gerne gut essen.

Ist das Ziel alle Top 50-Restaurants zu testen?

Lisa: Nein, das wäre nicht schaffbar. Wir haben bereits zehn abgehakt, aber es können auch andere gute Restaurants sein, die wir gerne im Rahmen von Städte-Trips besuchen. Wir haben zum Beispiel im Mandarin Oriental Hotel in Mailand gefragt, ob wir in der Küche sitzen dürfen. Das war eine tolle Erfahrung: Erst da sieht man, was für ein Knochenjob das Personal in der Küche hat.

Patrick: Essen bekommt so eine höhere Wertigkeit.

Sind Sie anonyme Tester für Gault&Millau oder Falstaff?

Lisa: Nein, gar nicht.

Patrick: Ich habe einmal in meinem Leben eine Online-Bewertung aus privater Sicht geschrieben, nämlich über das Ai im Goldenen Quartier. Das war das schlechteste Essen, das ich je hatte. Und dann ist das Restaurant tatsächlich in Konkurs gegangen.

Welchen Restaurant-Tipp haben Sie für unsere Leser?

Lisa: Wir waren sehr von dem ein-Stern-Restaurant Bros' in Lecce, Apulien, begeistert.

Patrick: Wir sind generell von Italien sehr begeistert: Das Essen im Piazza Duomo in Alba (Anm: Nummer 15 der 50 Best und drei Michelin-Sterne) war ein Erlebnis: Wir haben dort einen Salat mit hunderten Blumen gegessen, die man mit der Pinzette zu sich nimmt. Der Salat hat 71 Ingredienzen. Überhaupt gibt es im Piemont viele gut Osterias und wir lieben Barolo.

Lisa: Im Burgenland haben wir das Gut Oggau und den Taubenkobel besonders gerne.

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