Punsch-Verkostung: Mozart und Elfen – oder lieber punschlos glücklich

Mehrere Tassen Glühwein, einige mit Sahnehaube, auf einem Weihnachtsmarkt.
Die schrägsten Wiener Punschvariationen im Test.

Sie schmecken nach Apfelstrudel (mit Rosinen), Schwarzwälder-Kirsch-Torte und nach Eierlikör: Die Rede ist tatsächlich von Punsch-Variationen. Im Wettstreit um die trinkfreudige Kundschaft sind der Kreativität der Christkindlmarkt-Standler keine Grenzen gesetzt.

Jedes Jahr überraschen sie mit neuen Geschmackskompositionen und Trends, auf den groß angeschlagenen Getränkekarten sind Klassiker wie Beerenpunsch und Glühwein längst in der Minderheit.

Die Kundschaft ist zahlreich – und nimmt auch hohe Preise in Kauf: In Umfragen geben zwei Drittel der Österreicher alljährlich zu Protokoll, dass vor allem Glühwein und Punsch beim Besuch des Christkindlmarktes keinesfalls fehlen dürfen. Ein solider erster Platz in jedem Ranking.

Doch was steckt wirklich hinter ausgefallenen Getränken wie heiße Liebe, Elfenpunsch oder dem Hot Toddy? Wonach genau schmeckt eigentlich Mozart? Und: Welche Kreation kann man guten Gewissens weiterempfehlen? Der KURIER hat zehn schräge Punsch-Variationen einem strengen Test unterzogen. Eine nicht ganz nüchterne Betrachtung.

Mehrere Personen stoßen mit Glühwein auf einem Weihnachtsmarkt an.

Härtetest

Das KURIER-Team kämpfte sich durch mehrere Wiener Weihnachtsmärkte

Mehrere Tassen Glühwein, einige mit Sahnehaube, auf einem Weihnachtsmarkt.

Heiße Liebe, Mozart, Lillet, Beeren

Die Auswahl an mehr oder weniger originellen Kreationen kennt keine Grenzen

Eine Hand hält eine Tasse Glühwein mit rosa Rand und weihnachtlichen Motiven.

Glüh-Gin

Die winterliche Alternative zum Gin Tonic

Eine rote Tasse mit heißer Schokolade und Schlagsahne auf einem Tisch.

Eierlikör-Punsch

Heißgetränk für Menschen mit robusten Geschmacksnerven

Eine Hand hält eine Tasse mit grünem Tee, Zitrone und Ingwer.

Thai

Erinnert optisch an eine Asia-Suppe

Ein Löffel Rosinen wird in eine Tasse mit Apfeltee gegeben.

Apfelstrudel

Die Rosinen sind nicht jedermanns Sache

Kein Märchen im Häferl
Ja, das  klingt nach Schwebezustand und Zauberei – in Wahrheit schlägt man beim Genuss hart auf dem Boden der Realität auf. Wenn man das Häferl mit der glitzernden Schlagoberskrone ausgehändigt bekommt, fühlt man sich zwar kurz wie eine Prinzessin. Die Streusel sinken aber in Sekundenschnelle ein und machen Instagram-taugliche Fotos fast unmöglich. Unter der Krone ist es unerträglich 
süß. Und die Kühle des Schlagobers täuscht: Wer schnell trinkt, verbrennt sich den Mund

Fazit
Geeignet für flinke Fotografen, eher weniger für Diabetiker und Gierige

Zwei Caganer-Figuren, eine mit heruntergelassener Hose, die auf den Boden kotet.

Schlecht komponiert
Womit sich der Großmeister  der Wiener Klassik das verdient hat, ist unklar – dass der nach ihm benannte Punsch den Geschmack Mozarts  getroffen hätte,  ist hingegen fast auszuschließen:  Klassischer Punsch wird hier unter einer Schlagobers-Haube um einen gehörigen Schuss Malibu (also Kokosrum) angereichert, mancher Wirt wählt stattdessen Mozart-Likör. Letztes ist stilechter, die Geschmacksnerven sind ob der unnatürlichen Süße aber in beiden Fällen schwer irritiert 

Fazit
Keine schöne Komposition. Von einem echten Klassiker weit entfernt 

Ein Stück Apfelstrudel mit Puderzucker und Vanillesauce auf einem Teller.

Hier schmeckt der Apfelstrudel in Österreich am besten

Rosinen im Tee
Diese Erfindung lockt  Amerikaner an: „Viennese Apfelstrudel“ ist der Beweis, dass 
sich Klischees gut vermarkten lassen.   Dass man den warmen Wiener Apfelstrudel jetzt auch als Punsch trinken kann, erheitert. Der  dekonstruierte Apfelstrudel im Häferl könnte aber auch eine  Parodie auf die  Fine-Dining-Kultur sein.  Der Punsch schmeckt nach Butter, Apfel, Zimt und Zucker. Die Garnitur – tatsächlich ein  Löffelchen voller Rosinen – kommt direkt in das Getränk 

Fazit
Gut, dass die Rosinen am Boden kleben bleiben. So schmeckt man nur buttrige Äpfel mit Alkohol.

Mehrere Dosen Red Bull Energy Drink sind in einem Regal gestapelt.

Der Muntermacher
Red Bull mit Wodka  oder Red Bull mit Jägermeister. Die picksüßen Mixgetränke kennt in Österreich  jeder – sei es  vom Club-Besuch oder aus dem Ibiza-Urlaub. Endlich gibt es den Energydrink auch als Punsch. Und der hätte wohl nicht nur Didi Mateschitz geschmeckt. Zwar riecht das Heißgetränk – zum Einsatz kommt die Red-Bull-Winter-Sonderedition „Feige Apfel“ – stark nach  künstlichem Obst,  der milde weihnachtliche Geschmack  überrascht aber  durchaus positiv

Fazit
Schmeckt deutlich besser, als es klingt. Und Energiekick erhält man als Plus oben drauf.

Eine Limettenscheibe, rote Chilischoten und andere thailändische Kräuter liegen auf einem weißen Hintergrund.

Mittel  gegen Fernweh
Ein Mittel gegen Fernweh gibt es heuer auch am Christkindlmarkt – Thai-Punsch sei 
Dank! Optisch erinnert er an eine Asia-Suppe, im Häferl schwimmen Chili, eine Scheibe Limette und  Zitronengras. 
Nur die Nudeln fehlen.  Die Garnitur täuscht,  die extreme Süße überrascht dadurch 
noch mehr. Vor der Schärfe muss man sich hingegen nicht fürchten, die Chili ist für 
europäische Geschmäcker  gut dosiert 

Fazit
Eine nette Abwechslung zu den herkömmlichen Sorten, aufgrund der Süße reicht aber ein Häferl

Ein Stapel dunkler Schokoladenstücke auf einem weißen Hintergrund.

Flüssiges Dessert
Ein guter Ersatz für alle, die sich Waffeln, Crêpes und andere  Kalorienbomben sparen wollen.  Zuerst riecht der Punsch vor allem nach Bitterschokolade, eine dezente Himbeer-Note führt die Nase auf eine falsche Fährte. Beim ersten Schluck ist die Assoziation dann sofort da:  Schwarzwälder Kirschtorte. Dennoch liegt der „Schoko Rosso“ nicht schwer im Magen, verträgt sich beim Durchkosten auch mit anderen Punschsorten  

Fazit
Schmeckt nicht nur Naschkatzen, Süße der Schokolade und Säure der Kirsche sind perfekt ausgewogen

Eine Flasche und ein Glas mit klarer Flüssigkeit stehen nebeneinander.

Ein heißer Longdrink
Ob in Longdrinks oder Cocktails – Gin gehört seit vielen Jahren zu den beliebtesten Spirituosen. Nichts lag daher näher, als mit dem Wacholder-Schnaps ein winterliches Punschhütten-Heißgetränk zu kreieren. Das funktioniert überraschend gut, vor allem weil sich der Alkohol (anders als bei vielen anderen Punsch-Sorten) geschmacklich  dezent im Hintergrund hält. Womit  allerdings ein gewisses Gefahrenpotenzial einhergeht 

Fazit
Kann ohne Gesichtsverlust geordert werden, sofern man einen temporären Gedächtnisverlust in Kauf nimmt

Ein Dudelsackspieler in traditioneller schottischer Tracht spielt sein Instrument.

Der Erkältungstrunk
Glaubt man der  Dame hinter der Schank, dann handelt es sich beim Hot Toddy – Zitronenwasser mit Rum, Zimt und Rosmarin – um ein In-Getränk. Die Recherche zeigt: Es ist (mit Whisky zubereitet) ein in Irland und Schottland  be-liebtes Erkältungsgetränk, 
das sich  zuletzt den Ruf als Winter-Cocktail erarbeitet 
hat. Eine ziemlich saure Angelegenheit,  die eher an den Vitamin-C-Trank erinnert, den man während der jüngsten Erkältung einnehmen musste  

Fazit
Perfekt für all jene, die auch   krank nicht auf den Besuch am Markt  verzichten wollen

Der Beetle unter den Punschen
In rauen Landgegenden soll dem Vernehmen nach früher Kindern gerne Eierlikör  verabreicht worden sein, um sie an den Geschmack von Alkohol 
zu gewöhnen. Erhitzt aus dem Punschhäferl konsumiert, lässt die klebrige Spirituose hingegen im Nu jeden Gusto auf Hochprozentiges verfliegen. Besonders 
in der verschärften Variante mit dem Schlagobers-Häubchen, das rasch zerfließt, um mit dem Rest des Getränks einen penetranten Aroma-Teppich zu bilden

Fazit
Pseudo-originelle Geschmacksverwirrung. Am ehesten  noch empfehlenswert für Menschen, die auch gerne  VW Beetle fahren

Der Markusplatz in Venedig mit dem Campanile und der Basilica di San Marco im goldenen Morgenlicht.

Amore per il ponce 
Italienliebhaber kommen auch auf  Weihnachtsmärkten auf  
ihren Geschmack.  Dort warten  Amaretto-Punsch oder Venedig-Punsch.  Letzterer ist  eine säuerliche Mischung aus Punsch, 
Glühwein und Aperol und wird mit Orangen garniert.  Der Amaretto-Punsch ist für Liebhaber des italienischen Likörs gemacht. Der wird gemischt mit Beerenwein, Punschgewürzen und noch mehr Zucker. Er schmeckt nach Marzipan

Fazit
Auch in Sachen Punsch hat Italien für jeden etwas zu bieten: Der  Venezianer ist de facto ein heißer, saurer Aperol. Der  Amaretto ist sehr süß und  kräftig

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