Grün-Politiker Peter Kraus: „Der 1. Bezirk muss autofrei werden“
Mittlerweile hat Peter Kraus seinen Erfolg realisiert: Seit knapp einer Woche ist er hinter Vizebürgermeisterin Birgit Hebein die grüne Nummer zwei auf der Liste für die Wien-Wahl im Herbst. Der 33-jährige ist Planungssprecher seiner Partei und galt als Ziehsohn von Ex-Grünen-Chefin Maria Vassilakou.
KURIER: Vor rund einem Jahr haben Sie im Rennen um die Spitzenkandidatur gegen Birgit Hebein verloren. Nun haben Sie den Platz hinter ihr errungen. Weckt das Erinnerungen an damals?
Peter Kraus: Nein. Die Listenwahl ist der Abschluss eines langen Prozesses, in dem wir uns geöffnet und neu aufgestellt haben – kommend aus der Krise, die 2017 in der Bundespartei begonnen hat. Jetzt geht es nach vorne.
Was hat sich unter Hebein verändert im Vergleich zur früheren Front-Frau Maria Vassilakou?
Ich vergebe keine Haltungsnoten. Aber die Grünen haben sich verändert: Der erhobene Zeigefinger und das Moralisierende sind weg.
Das begrüßen Sie?
Ja. Wir sind viel klarer in unseren Antworten, etwa auf die Fragen der Klimakrise und des Zusammenlebens. Und wir sind mehr im Dialog.
Hebein hat Soziales – zusätzlich zum Klimaschutz – zum Standbein der Grünen erklärt. Viele Maßnahmen findet man aber noch nicht.
Unser Alleinstellungsmerkmal ist, dass wir die soziale Frage mit der Klimafrage verbinden. Wir fördern etwa Außenjalousien, damit nicht nur die Reichen, sondern auch Gemeindebaumieter eine kühle Wohnung haben.
Das würde die SPÖ wahrscheinlich auch sagen. Was machen die Grünen anders?
Wir schütten nicht das Füllhorn aus und sehen Sozialpolitik damit als erledigt an. Wir fördern Selbstermächtigung und Initiativen, die von unten kommen – etwa soziale Unternehmen.
Was halten Sie von den 50 Klimamaßnahmen, die Bürgermeister Michael Ludwig neulich vorstellte?
Es freut mich, wenn sich auch andere Parteien dem Klima widmen. Es gibt aber einen Unterschied zwischen dem, was man in PR-Heftchen schreibt und was man umsetzt. Wir Grüne bringen Maßnahmen auf den Boden, statt nur Ziele zu formulieren.
Sie haben zuletzt bei der Präsentation der geplanten Begegnungszonen in der Gumpendorfer Straße aufgezeigt. Wo braucht es noch Begegnungszonen?
Der 1. Bezirk muss in den nächsten Jahren weitgehend autofrei werden. Und die Innenstadt-Bezirke müssen verkehrsberuhigt werden. Begegnungszonen werden bis 2025 im dicht bebauten Gebiet Standard sein.
Sie wollen Wien zur „Klimahauptstadt“ machen. Wie unterscheidet sie sich vom jetzigen Wien?
Wir werden unsere Wohnungen nicht mehr mit fossiler Energie heizen und kühlen. Bis 2030 wird auch der Verkehr emissionsfrei sein. Bis Sommer wünsche ich mir daher konkrete Gesetze für den Ausbau erneuerbarer Energie und von Fassadenbegrünungen. Damit müssen wird nicht bis nach der Wahl warten.
Wollen Sie die rot-grüne Koalition fortführen?
Die SPÖ wird bei der Wahl die mit Abstand stärkste Partei werden. Sie wird sich dann entscheiden, ob sie mit der ÖVP oder den Grünen koaliert. Letzteres ist mit lieber.
Und eine Koalition aus ÖVP, Neos und Grüne?
Nur ein Gedankenexperiment von Spin-Doktoren.
Wie beurteilen Sie die Performance der türkis-grünen Koalition im Bund?
Das ist keine leichte Koalition. Das war uns immer bewusst. Die Performance unserer grünen Regierungsmitglieder ist aber sehr gut.
Hebein gestand zuletzt ein, dass die Regierungsbeteiligung im Bund einen „langen Atem“ erfordert. Haben die als links und kritisch geltenden Wiener Grünen den?
Die Grünen haben ihren langen Atem in verschiedenen Regierungskonstellationen bewiesen. Man braucht ihn unabhängig davon, wie das Gegenüber aussieht – das weiß ich aus der Erfahrung in Wien.
Heißt der nächste grüne Klubchef oder etwaige zweite Stadtrat Peter Kraus?
Türschildpolitik ist minder interessant. Personalia besprechen wir nach der Wahl.
Wie lautet das Wahlziel?
Für Zahlen ist es zu früh. Aber ich bin überzeugt, dass wir das historisch beste Wiener Ergebnis erreichen.
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