23 Antworten zum neuen Wiener Parkpickerl
Es gibt nur wenige Themen in Wien, die die Menschen so emotionalisieren wie das Parken. Das mag ein Grund dafür sein, warum die Stadt und die Bezirke in den vergangenen Jahren zögerlich vorgingen, als Ausweitungen der Parkpickerl-Zonen nötig wurden.
Resultat war ein Fleckerlteppich an unterschiedlichen Regelungen in den einzelnen Bezirken. Noch unter Rot-Grün starteten daher Vorarbeiten für eine Wien-weite Lösung, die die neue Verkehrsstadträtin Ulli Sima im Jahr 2020 übernahm.
Im vergangenen Frühjahr präsentierte sie ein Modell, das viele dann doch überraschte. Handelt es sich doch im Wesentlichen um die Ausweitung des bestehenden Systems. Viele hatten davor damit gerechnet, dass Wien eine Art Zonenmodell bekommt.
Simas Parkpickerl tritt jedenfalls am kommenden Dienstag in Kraft, in jedem Bezirk werden also flächendeckende Kurzparkzonen eingeführt.
Der KURIER hat die wichtigsten Fragen und Antworten zum Aufreger-Thema zusammengestellt.
Warum kam es jetzt überhaupt zur Ausweitung des Parkpickerls Wien?
Nach dem Beginn 1993 im 1. Bezirk wurde das Parkpickerl schrittweise ausgeweitet. Im Laufe der Jahre entstand so ein sehr unübersichtliches System mit unterschiedlichen Reglen. Ein weiteres Problem: Bezirke, die zuletzt noch kein Parkpickerl hatten, litten massiv unter einer Überparkung aufgrund von Verdrängungseffekten. Damit ist es mit der flächendeckenden Einführung des Parkpickerls vorbei, so lautet die Hoffnung. Weiters war die Stadt bestrebt, möglichst einheitliche Regeln zu finden.
Wie ist die neue Gültigkeitsdauer des Parkpickerls?
Die Kurzparkzone gilt ab 1. März in allen Bezirken von Montag bis Freitag (ausgenommen Feiertage) von 9 bis 22 Uhr für eine maximale Parkdauer von 2 Stunden. Mit Parkpickerl ist das Parken im Wohnbezirk und in den dazugehörigen Überlappungszonen zeitlich unbegrenzt möglich. Das heißt: Die Regelungen für die Bezirke 1 bis 9 und 20 bleiben bestehen. In den Bezirken 10, 12, 14 bis 19 gilt nun die Kurzparkzone auch bis 22 Uhr (bisher 19 Uhr), die Parkdauer wird dort von drei auf zwei Stunden verkürzt.
Welche Auswirkungen hat die Ausweitung auf bestehende Parkpickerl-Besitzer?
Ihr Pickerl gilt weiter bis zu ihrem regulären Ablauftermin und wird auch für die neuen Geltungszeiten und Zonen anerkannt.
Wo kann man ein Parkpickerl beantragen?
Beim jeweiligen Magistratischen Bezirksamt oder unter der Website der Stadt Wien www.wien.gv.at. Heute, Sonntag, sind die Bezirksämter zusätzlich von 8 bis 12 Uhr geöffnet.
Was kostet das Parkpickerl?
Vor der Reform gab es zwei Preisvarianten. Nun kostet das Pickerl einheitlich zehn Euro pro Monat. Ein Pickerl kann für eine Gültigkeitsdauer von mindestens drei bis höchstens 24 Monate beantragt werden. Bei Ausstellung fällt eine einmalige Verwaltungsabgabe zwischen 39,50 und 50 Euro an. Will man außerhalb seines Wohnbezirks parken bzw. verfügt über kein Parkpickerl, braucht man – wie schon früher in einer Kurzparkzone üblich – einen Parkschein. Die Kosten betragen 1,10 Euro für 30 Minuten, 15 Minuten sind gratis.
Wer darf künftig ein Parkpickerl beantragen?
Ein Parkpickerl kann in der Regel nur für jenen Bezirk beantragt werden, in dem man hauptgemeldet ist.
Gibt es in Wien nach dem 1. März noch Gegenden ohne Kurzparkzone?
Einzelne kleine Gebiete am Stadtrand sind von der Parkraumbewirtschaftung ausgenommen. Sie sind dünn besiedelt und werden aufgrund der schlechten Öffi-Anbindung eher nicht von Pkw-Pendlern angesteuert werden, wie man seitens der Stadt hofft.
Welche Regeln gelten in den Geschäftsstraßen?
Hier gibt es keine Änderungen. Weiterhin gilt in ihnen eine Kurzparkzone von Montag bis Freitag (werktags) von 8 bis 18 und samstags (werktags) von 8 bis 12 Uhr mit einer maximalen Abstelldauer von 1,5 Stunden. Parkpickerlbesitzer der jeweiligen Bezirke dürfen weiterhin ohne zusätzliche Kosten ihr Fahrzeug in einer Geschäftsstraße abstellen. Sie müssen jedoch eine Parkuhr einlegen und dürfen ebenfalls nur maximal 1,5 Stunden parken. Dies gilt auch für die Geschäftsstraßen in den neuen Parkpickerl-Bezirken.
Welche Regel gilt für Bewohner von Kleingärten?
Wiener, die einen Zweitwohnsitz in einem Kleingarten in einem anderen Bezirk haben, können dafür ein Saisonpickerl um 80 Euro beantragen, das von März bis Oktober gültig ist.
Welche Regelungen gibt es für die Fahrzeuge von Betrieben?
Für diverse Betriebe (z. B. Handwerksfirmen), die für ihre Arbeit beim Kunden länger als zwei Stunden brauchen, gibt es einen speziellen Parkkleber, der (in Verbindung mit einem Parkschein) zum Dauerparken berechtigt. Um die zusätzlich fällige Parkometerabgabe zu entrichten, gibt es spezielle Tages- und Wochenparkscheine.
Welche Ausnahmen gelten für Menschen, die in der Nacht arbeiten müssen?
„Allgemein gibt es eine Lösung für jene Beschäftigten, denen eine An- oder Abreise zum Arbeitsort mit Öffentlichen Verkehrsmitteln tatsächlich nicht möglich ist, insbesondere weil sie vor 5.30 Uhr die Arbeit beginnen oder nach 24 Uhr beenden“, heißt es bei der MA 46 Verkehrsorganisation. Diese Personen können einen Parkchip für das Gebiet der Arbeitsstätte beantragen. Die Bewilligung wird aber nur dann erteilt, wenn die höchstzulässige Abstelldauer in der Kurzparkzone nicht ausreicht (also die Zeit von 9 bis 22 Uhr) Wenn der Arbeitsbeginn zum Beispiel um 3 Uhr in der Früh ist und die Arbeit um 10 endet, wird keine Bewilligung erteilt, weil die Abstelldauer von 9 bis 10 Uhr ausreicht, um einen normalen Kurzparkschein zu verwenden.
Welche Regeln gelten für Ärzte, die Hausbesuche machen?
Sie erhalten einen Parkchip für den Bezirk der Ordination für die Ordinationszeiten plus je eine Stunde Vor- und Nachbearbeitungszeit, heißt es bei der MA 46. Mit diesem Chip darf das Fahrzeug zeitlich uneingeschränkt abgestellt werden. Die Parkometerabgabe muss aber eigens entrichtet werden. Während der Hausbesuche dürfen die Ärzte ohnehin das „Arzt im Dienst“-Schild einlegen.
Gibt es auch für behinderte Personen Ausnahmen?
Mit einem Parkausweis für Menschen mit Behinderungen kann man in Kurzparkzonen zeitlich unbeschränkt und kostenfrei parken. Zuständig für die Ausstellung eines solchen Ausweises ist das Sozialministerium-Service. Der Besitz eines Behindertenpasses samt Eintragung der Mobilitätseinschränkung ist hierfür eine Voraussetzung.
Wie viel Geld nimmt die Stadt mit dem Parkpickerl ein?
Laut Budgetvoranschlag rechnet die Stadt Wien im Jahr 2023 mit Einnahmen in Höhe von 170 Millionen Euro aus der so genannten Parkometerabgabe. Hinzu kommen noch die Parkstrafen. Zum Vergleich: 2019 wurden knapp 123 Millionen Euro eingenommen, hinzu kamen Einnahmen aus Parkstrafen in der Höhe von 81,5 Millionen Euro. Laut Stadt fließen die Einnahmen in den Ausbau des öffentlichen Verkehrs. Die ÖVP fordert, dass damit auch zusätzliche Park&Ride-Anlagen gebaut werden.
Wie groß ist die Nachfrage nach dem neuen Parkpickerl?
Stand 23. Februar gab es 105.594 Beantragungen in den Erweiterungsbezirken.
Werden die öffentlichen Verkehrsmittel öfter fahren?
Nein. „Wir haben die letzten Parkpickerl-Einführungen immer ganz genau beobachtet und waren darauf vorbereitet, Kapazitäten aufzustocken bzw. Intervalle anzupassen“, heißt es von den Wiener Linien. Es habe sich aber gezeigt, dass die Auswirkungen auf die Öffis minimal waren. Auch die ÖBB haben nicht mehr Züge im Einsatz. Es gebe im Bahnnetz in Niederösterreich sowie in und um Wien genügend Kapazitäten, die einen Umstieg vom Auto auf die Bahn ermöglichen.
Wo können Pendler nun ihr Auto abstellen?
Auf der einen Seite stehen direkt in Wien etliche große Park-&-Ride-Anlagen mit direkter Anknüpfung an das Netz der Wiener Linien zur Verfügung. Diese sind allerdings gebührenpflichtig. Die Tageskarte kostet hier meist 3,60 Euro, ein Monatsticket 67,90 Euro. Ermäßigte Park-&-Ride-Tarife gelten für Inhaber einer gültigen Wochen-, Monats- oder Jahreskarte der Wiener Linien oder des VOR. Die Monatskarte kostet dann etwa 55,80 Euro. In Niederösterreich ist die Nutzung von rund 42.000 Pkw- und 24.000-Zweirad-Stellplätzen in den Park-Ride-Decks bei den Bahnhöfen kostenlos.
Gibt es bei Nutzung der P-&-R-Anlagen Einschränkungen?
Die gebührenpflichtigen Parkdecks in Wien stehen für jeden offen, die ermäßigten Tarife gibt es nur für Öffi-Nutzer. In Niederösterreich haben die ÖBB gemeinsam mit dem Land NÖ ein schrankenloses Zufahrtssystem entwickelt, das die Kennzeichen der ein- und ausfahrenden Autos erfasst. Die Umsetzung in Hollabrunn, Klosterneuburg-Kierling, Baden, Wiener Neustadt und Korneuburg ist bis zum Sommer geplant, insgesamt 21 Standorte mit diesem System sollen heuer noch folgen. Das kostenlose Parken ist damit nur mehr Bahnkunden vorbehalten, bei der Ausfahrt muss man sein Ticket einscannen.
Gibt es noch Alternativen zu Auto und Zug?
Eine gute Möglichkeit ist auch die Badner Bahn. Diese klappert alle Gemeinden auf dem Weg von Baden nach Wien ab. Von Wiener Neudorf ist man mit der Badner Bahn in rund 15 Minuten beim Bahnhof Meidling. Seit der Taktverdichtung Ende 2020 fährt die Badner Bahn von der Oper bis Wiener Neudorf alle 7,5 Minuten.
Ist ein weiterer Ausbau der Bahnverbindungen geplant?
Seit 2014 wird die rund 50 Kilometer lange Pottendorfer Linie zwischen Wien-Meidling und Wiener Neustadt abschnittsweise zweigleisig ausgebaut. Die Bahnlinie ist die parallele Ergänzungs- und Ausweichstrecke für die Südbahnstrecke. 542 Millionen Euro werden in den Ausbau investiert. Mit Fertigstellung des letzten Teilstücks Ende 2023 ist eine moderne und schnelle Süd-Nord-Verbindung geschaffen.
Wie reagieren die Gemeinden im Umland in NÖ aufs Parkpickerl?
Um zu verhindern, dass Bewohner angrenzender Wiener Gemeindebezirke ihre Fahrzeuge in niederösterreichischen Umlandgemeinden abstellen, haben viele Kommunen mit der Einführung von Kurzparkzonen reagiert. Zuletzt Perchtoldsdorf, das sich eine relativ lange, gemeinsame Grenze mit Wien teilt. Hier wird ein Streifen von gut 350 Metern Tiefe entlang der Ortsgrenze zur gebührenfreien Kurzparkzone, in der von Montag bis Freitag, jeweils von 8 bis 22 Uhr, eine maximale Parkdauer von drei Stunden gilt. In Vösendorf setzt man schon seit Längerem auf eine solche kostenlose Kurzparkzonenlösung. In Schwechat gilt ab März zusätzlich zur bestehenden blauen Kurzparkzone auch eine grüne Zone. Während in der blauen Zone 30 Minuten 80 Cent kosten und maximal 120 Minuten geparkt werden darf, ist die Gebühr in der grünen Zone günstiger. Es gibt Jahrestickets. Nach einem Beobachtungszeitraum sind nun auch Kurzparkzonen in Gerasdorf (ab 20. April) und Langenzersdorf (ab 1. Mai) entlang der Wiener Stadtgrenze vorgesehen. Bewohner können Ausnahmeberechtigungen beantragen, ebenso Firmen und Personen, die in den Gemeinden tätig sind.
Was sagt der Nachbar in NÖ zum Wiener Parkpickerl?
Wenig Freude herrscht in Niederösterreichs Landespolitik. „Die Stadt Wien hat sich mit der Entscheidung dazu bekannt, die Situation für Pendler zu erschweren“, polterte Mobilitätslandesrat Ludwig Schleritzko (ÖVP).
Welche Maßnahmen werden in NÖ ergriffen?
Seitens des Landes Niederösterreich werden die Bahn- und Busverbindungen nach Wien ausgeweitet, wird betont. In Summe weitere 730.000 Buskilometer jährlich. Zudem wird man das Angebot an Park-&-Ride-Anlagen massiv ausbauen. Bis März 2022 werden rund 1.300 befestigte Pkw-Stellplätze und 700 überdachte Zweiradstellplätze errichtet. Zusätzlich habe man durch die kurzfristige Errichtung von Park-&-Ride-Provisorien rund 700 weitere Pkw-Stellplätze geschaffen. Bis 2024 will das Land NÖ weitere 3.000 Pkw- und 1.500 Zweiradstellplätze schaffen.
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