Es ist nicht weniger als die größte Reform der Wiener Parkraumbewirtschaftung seit dem Start des Parkpickerls 1993. Mit 1. März wird es flächendeckend in ganz Wien eingeführt. Mit stadtweit einheitlichen Kosten und Geltungszeiträumen.
Was im Vergleich zum bisherigen Fleckerlteppich zweifelsohne eine Vereinfachung darstellt, führt in der Praxis zwangsläufig zu Problemen – zu unterschiedlich sind die Gegebenheiten in den betroffenen Stadtteilen.
Ganz deutlich zeigt sich das in der Donaustadt. Mit 102 Quadratkilometern ist sie der größte Bezirk der Stadt. Dicht verbaute, urbane Grätzel finden sich hier genauso wie fast dörflich anmutende Siedlungen. Der KURIER hat sich vor Ort umgesehen.
Auf der Butterseite
„Ich bin auf die Butterseite gefallen“, freut sich Heinz Halbhuber über die Einführung des Parkpickerls im 22. Bezirk. Seit vielen Jahren wohnt er in einem Einfamilienhaus am Fischerstrand, also direkt an der Alten Donau. Schon seit Längerem gibt es in dem Grätzel eine Kurzparkzone von 8 bis 15 Uhr: Damit soll verhindert werden, dass Pendler hier ihr Auto abstellen, um in die nahe gelegene U1 umzusteigen.
„Um Geld zu sparen, musste ich mein Auto immer ein Stück weiter weg abstellen. Wenn jetzt das Pickerl kommt, kann ich direkt vor dem Haus parken“, erzählt Halbhuber. Er rechnet damit, dass sich auch in den Straßenzügen des Grätzels, wo bisher keine Kurzparkzone galt, die Parksituation deutlich bessern wird.
Völlig anders ist die Lage, wenn man von der dicht verbauten Gegend bei der Alten Donau an den äußeren Rand des Bezirks fährt. Etwa über den Biberhaufenweg und die Brockhausengasse in Richtung Essling.
Wie am Land
Die Straße führt vorbei an kleinen Siedlungen mit Einfamilienhäusern, unterbrochen durch große, unverbaute Flächen. Vor den Häusern stehen Autos am zum Teil unbefestigten Straßenrand. Wagen, die kein „W“ im Nummernschild haben, sind hier Mangelware – sieht man von einigen slowakischen Pkw ab, die in der Nähe von Baustellen parken. Von Parkplatznot ist keine Spur.
Entsprechend wenig Verständnis haben die Anrainer dafür, dass man hier ab kommender Woche fürs Parken bezahlen muss. Einer von ihnen ist der Pensionist Eduard Mayer, der seit Mitte der 1980er-Jahre in einem Esslinger Einfamilienhaus lebt. „Ohne Pickerl dürfte ich künftig mit dem Auto nicht einmal vor meiner Garage stehen.“
Was ihn aber besonders stört: „Ab nächster Woche müssen unsere Besucher fürs Parken zahlen – und das, obwohl rundherum genug Platz ist.“
Nur, wo nötig
Mayer, der sich zähneknirschend schon ein Pickerl besorgt hat, ist nicht grundsätzlich gegen die Parkraumbewirtschaftung. Sie solle aber nur dort erfolgen, wo es Parkplatznot gibt: „Also rund um die U-Bahn-Stationen und auch dort nur bis 19 Uhr. Leider kennt Bezirksvorsteher Nevrivy nur die Lage rund um sein Bezirksamt und entlang der Wagramer Straße“. Die Situation sei auch nicht mit Simmering vergleichbar, das direkt an die Autobahn angebunden sei.
Eckpunkte
Ab 1. März gilt in allen Wiener Bezirken eine flächendeckende Parkraumbewirtschaftung. Und zwar einheitlich im Zeitraum von 9 bis 22 Uhr (Mo. bis Fr., außer feiertags). Das Parkpickerl kostet zehn Euro pro Monat (exkl. Verwaltungsabgabe)
Ausnahmen
Ein paar kleine Gebiete am Stadtrand bleiben pickerlfrei. Auch am unteren Ende der Donauinsel gibt es eine Sonderzone mit stark verkürzter Geltungsdauer, um Ausflüglern entgegenzukommen
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Parkpickerl wurden bis vergangenen Mittwoch für die Erweitungsbereiche beantragt
Fährt man von Mayers Haus weiter Richtung Aspern, findet man nahe der U2-Stationen tatsächlich zahlreiche parkende Autos ohne Wiener Kennzeichen; sie stammen vorwiegend aus dem angrenzenden Bezirk Gänserndorf. Dennoch gibt es auch hier noch genug freie Plätze.
Ähnliche Bedenken wie Mayer hat Peter Bredl, der seit Jahren in Stadlau das Strand-Domizil am Mühlwasser betreibt. Gerne wird das Lokal von Donaustädtern zum Mittagessen besucht, serviert werden Schnitzel und Ripperl. Besonders beliebt ist aber die große Liegewiese hinter dem Gasthaus, direkt am Mühlwasser. Einen privaten Parkplatz hat die Anlage nicht.
Wenig Sorgen macht sich Bredl um die Stammgäste seines Lokals, die großteils ohnehin aus dem Bezirk kommen. „Schwieriger wird es bei Feiern und Veranstaltungen, zu denen auch viele auswärtige Gäste kommen“, erzählt er.
Und dann wären noch die Stammgäste des kleinen Bads, vorwiegend ältere Personen, die sich eine Kabine gemietet haben. „Viele kommen aus dem 11. oder 12. Bezirk. Für sie wird es schwer, mit den Öffis anzureisen. Dabei gäbe es vor dem Lokal genügend Parkplätze. Sie sollten für die Benutzer des Bads gratis bleiben.“
Auch dem Wirt wäre es lieber, würde sich die Parkraumbewirtschaftung auf das Gebiet rund um die U-Bahn-Stationen beschränken. „Zu uns kommt eh kein Pendler.“
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