Das große Feilschen ums neue Parkpickerl
Flächendeckend und vor allem einheitlich sollte sie sein: die neue Parkraumbewirtschaftung. Mit diesem Versprechen präsentierte vor knapp einem Jahr Verkehrsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) die Reform. Dass sie dieses einlösen wird können, das zweifelten damals schon viele an.
Nun, wenige Tage vor Inkrafttreten der Neuregelung am 1. März, können sich die Skeptiker bestätigt fühlen. Ohne Sonderregeln kommt auch Sima nicht aus. Und es kommen immer neue Wünsche nach Ausnahmen dazu.
Ausnahmezonen Einige kleinere Stadtrand-Gebiete der Bezirke 14, 17, 21 und 23 werden auch nach der Ausweitung Parkpickerl-freie Zone bleiben (siehe Grafik). Es handelt sich durchwegs um Regionen, die mit den Öffis schwer erreichbar sind. Es ist also nicht zu befürchten, dass hier Pendler ihre Autos abstellen. Trotzdem gibt es ein Gezerre um diese Ausnahmen. Auch die Bewohner der Kordon- und Jägerwaldsiedlung (Penzing) hätten sich eine solche gewünscht. Von der Stadt kam keine Bewilligung. Die ÖVP kritisiert nun das in ihren Augen uneinheitliche Vorgehen der Behörden.
Eine Spezialzone gibt es auch am unteren Teil der Donauinsel. Um Erholungssuchenden entgegenzukommen, gilt hier die Kurzparkzone nur von Montag bis Freitag (werktags) von 8 Uhr 11 Uhr. Die maximale Abstelldauer liegt bei zwei Stunden. Das soll Dauer- und Wochenparker abhalten.
Überlappungszonen Schon bisher gab es Randgebiete in Bezirken, in denen man auch mit dem Parkpickerl des Nachbarbezirks parken konnte. Diese Überlappungszonen bleiben bestehen. In den neuen Pickerl-Bezirken kommen zusätzliche hinzu.
Stadthalle Rund um die stark frequentierte Event-Halle galt bisher eine Sonderregelung: Zwei Stunden Parkdauer, Montag bis Freitag (werktags): von 9 bis 22 Uhr, Samstag, Sonn- und Feiertags: von 18 bis 22 Uhr. Diese Regel fällt nun im Sinne der Vereinheitlichung weg, heißt es bei der MA 46.
Geschäftsstraßen Die dortigen Sonderregelungen bleiben bestehen: Montag bis Freitag (werktags) von 8 bis 18 Uhr und samstags (werktags) von 8 bis 12 Uhr mit einer maximalen Abstelldauer von 1,5 Stunden. Parkpickerl-Besitzer der jeweiligen Bezirke dürfen weiterhin ohne zusätzliche Kosten ihr Fahrzeug in einer Geschäftsstraße abstellen, müssen jedoch eine Parkuhr einlegen und dürfen ebenfalls nur maximal 1,5 Stunden parken. In den neuen Pickerl-Bezirken kommen nun weitere Geschäftsstraßen mit dieser Regelung hinzu.
Anrainerparken Hier gibt es keine Änderungen, heißt es bei der MA 46.
Viele wollen eine Pickerl-Extrawurst
Liest man manche der damaligen Statements, könnte man fast den Eindruck gewinnen, der Zusammenbruch der städtischen Wirtschaft und Infrastruktur stand kurz bevor: Schon bei der großen Ausweitung des Parkpickerls im Jahr 2012 sahen sich diverse Betroffene in ihrer Existenz bedroht. So war etwa von Firmen die Rede, die mangels Gratis-Parkgelegenheiten die Stadt verlassen würden.
Die Auswirkungen blieben letztlich überschaubar. Trotzdem wiederholt sich nun mit der flächendeckenden Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung die Diskussion.
Pädagogen Schon jetzt gibt es in Wien nicht genug Lehrer und Kindergärtner, durch die Ausweitung des Parkpickerls werde sich die Situation noch verschärfen. Das befürchtet jedenfalls die ÖVP. Pädagogen, die aus NÖ zu ihrem Arbeitsplatz in einen der neuen Pickerl-Bezirke pendeln, seien nun gezwungen, vom Pkw auf den öffentlichen Verkehr umzusteigen. Dieser sei aber schlecht ausgebaut, wodurch die Fahrzeiten unzumutbar lange würden. Die ÖVP fordert daher eine Ausnahme-Regelung für Pädagogen.
Seitens der Stadt kommt dazu eine Absage: Ausnahmen seien nur für Personen vorgesehen, die in einer Zeit am Arbeitsweg seien, in der keine Öffis fahren (z. B. Kellner). Und nachdem man ja erst an der Stadtgrenze auf die Öffis umsteigen müsse, sie die Fahrzeit für die Lehrer sehr wohl zumutbar.
Ärzte Schon seit Jahren kämpfen Wiener Hausärzte für Sonderregelungen, wie sie etwa Handwerksbetrieben gewährt werden. Es geht vor allem um Allgemeinmediziner, die Hausbesuche durchführen und deren Wohnort nicht im selben Bezirk wie ihre Praxis ist. Für sie wird es kompliziert, wenn sie nach der Ordination erst mit den Öffis nach Hause fahren müssen, um ihr Auto zu holen, das sie für die Hausbesuche benötigen.
Mit einer Unterschriften-Aktion, die aktuell läuft, will die Ärztekammer ihrer Forderung nach einer Sonderregelung Nachdruck verleihen. Die Erfolgschancen sind aber eher schlecht.
Transportdienste Beschäftigte von Krankentransporten, Abschleppdiensten und Logistiker können nun ihr Fahrzeug nicht mehr ohne weiteres über Nacht daheim parken. Dadurch fallen unnötige Leerfahrten an, kritisieren Unternehmer. Die Wirtschaftskammer fordert für diese Betroffenen eine Ausnahme-Regel.
Private Viele Innenstadt-Bewohner haben einen Zweitwohnsitz in einem der neuen Pickerl-Bezirke. Sie müssen künftig Parkgebühren zahlen, wenn sie sich dort aufhalten. Denn ein Pickerl kann nur für den Hauptwohnsitz-Bezirk beantragt werden.
Gudrun Kugler, ÖVP-Obfrau in der Donaustadt, fordert hier eine flexiblere Lösung: „Für jene Menschen, deren Lebensmittelpunkte über den Wohnbezirk hinausgehen, brauchen wir ein Parkpickerl für mehrere ausgewählte Bezirke oder Bezirksteile.“ Dass diese Forderung umgesetzt wird, ist aktuell jedoch ebenfalls wenig realistisch.
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