ÖVP-Landeshauptleute kalt erwischt: Intern laufen die Drähte heiß
Die Tage zwischen Silvester und Dreikönig gelten eigentlich auch in der heimischen Politik als alljährliche Ruhephase. Damit war nach dem Ausstieg der Neos am Freitagvormittag aus den Regierungsverhandlungen mit ÖVP und SPÖ abrupt Schluss.
Die Landesobleute in der Partei von ÖVP-Bundeskanzler Karl Nehammer wurden damit kalt erwischt. Quer durch die Bundesländer herrschte an diesem Tag eine gewisse Ratlosigkeit wie es nun weitergehen soll, zumal das Interesse an Neuwahlen sich in Grenzen hielt.
Und nun?
Die großen Fragen daher: Mit wem soll die ÖVP nur versuchen, eine Koalition zu bilden? Und weiterhin mit Nehammer an der Spitze?
Die mächtigen ÖVP-Landeshauptleute hielten an diesem Tag zunächst die Füße still. Man wolle erst einmal hören, was die Bundespartei nun vorschlägt, hieß es etwa. Dass derzeit mit Salzburgs Landeshaumptmann Wilfried Haslauer gerade einer der erfahrensten schwarzen Länder-Vertreter an der Spitze der LH-Konferenz steht, wurde als Glücksfall gewertet.
Der 68-Jährige war dann gegen Mittag auch der erste der ÖVP-Länderchefs, der sich zu Wort meldete, sich dabei aber kaum in die Karten blicken ließ: Der Abbruch der Koalitionsverhandlungen sei "angesichts der großen Herausforderungen, vor denen Österreich steht, bedauerlich", hieß es auf KURIER-Anfrage.
Keine Festlegungen
Nichtsdestotrotz gelte es "mit Nachdruck an einer tragfähigen Regierung für Österreich zu arbeiten". Wohin die Reise gehen soll, ließ Haslauer offen: "Die Entwicklungen der nächsten Tage sind nun abzuwarten", meinte er.
Wer am Freitag mit ÖVP-Vertretern sprach, hörte immer wieder, dass die ihre Handys schon mehrfach neu aufladen mussten, angesichts der Vielzahl an Gesprächen im Nachgang der Neos-PK. Die Drähte innerhalb der Partei und zwischen den Ländern liefen heiß.
Am Abend übermittelte schließlich auch der Vorarlberger ÖVP-Landeshauptmann Markus Wallner, der wie Haslauer mit der FPÖ regiert, eine Statement in ähnlicher Tonlage wie jenes seines Amtskollegen. Wortgleich nannte er den Ausstieg der Neos aus den Verhandlungen "bedauerlich".
Krise setzt den Rahmen
Denn aus seiner Sicht, so Wallner, "hätte es weitgehende inhaltliche Übereinstimmungen zwischen der Bundes-ÖVP und den NEOS gegeben." Auch er betonte die Schwierigkeiten, vor denen des Land steht und die Notwendigkeit einer schnellen Regierungsbildung:
"Es wäre gerade derzeit – im dritten Jahr einer Rezession – wichtig, die Wirtschaft rasch und gezielt anzukurbeln und die notwendige Budgetsanierung anzugehen. Dafür braucht es möglichst schnell eine handlungsfähige Regierung.“
Wallner ist der dienstälteste unter den amtierenden Landeshauptleuten. Er ließ aber ebenfalls keine Präferenzen erkennen, wie sich die ÖVP nun im Bund verhalten soll. Die übrigen ÖVP-Länderchefs schwiegen zunächst. Die Nervosität in den eigenen Reihen war groß.
Schweigen ist Gold
Selbst führende Parteifunktionäre wollten lieber nichts, als etwas falsches sagen. "Das ist nicht meine Gehaltklasse", meinte eine von ihnen etwa. Zu sensibel sei nun die Lage.
In einem der Landeshauptleute-Büros im Westen wurde damit gerechnet, dass in Bälde ein Bundesparteivorstand einberufen wird, um die Lage zu besprechen. In Frage käme dafür der Montag. Die ÖVP-Landesobleute würden sich dann aber wohl bereits am Sonntagabend mit Nehammer absprechen, wurde vermutet.
Von den möglichen Varianten - Gespräche mit der FPÖ oder Grünen, Neuwahl, eine Quasi-Minderheitsregierung aus ÖVP und SPÖ mit nur einem Mandat Mehrheit - "hat jede einen großen Haken", so ein ÖVP-Vertreter aus den Bundesländern zu der nunmehrigen Misere.
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