SPÖ: Welche Genossen jetzt Bablers Rücktritt fordern
Nur wenige haben auf das politische Überleben von Parteichef Andreas Babler gesetzt, nachdem im September die SPÖ mit dem historisch schlechtesten Wahlergebnis auf Platz drei landete. Jetzt darf er immerhin für sich verbuchen, nach den für beide Parteien ernüchternden Wahlabend länger im Amt bleiben zu dürfen als ÖVP-Chef Karl Nehammer.
Nichtsdestotrotz drohen spätestens nach der Burgenland-Wahl, bei der Landeshauptmann Hans Peter Doskozil um seine absolute Mehrheit kämpft, die alten Grabenkämpfe in der SPÖ wieder aufzubrechen. Auf der einen Seite die Roten im Burgenland und in anderen Bundesländern, die Babler seit jeher ablehnten. Auf der anderen Seite die mächtige Wiener SPÖ und die Gewerkschaft, die weiter am Traiskirchner Ex-Bürgermeister festhalten wollen. Wohl auch mangels zugkräftiger Alternativen, was aber keiner offen zugeben möchte.
Letztere repräsentiert durch Wiens SPÖ-Chef Michael Ludwig, der Samstagabend das Scheitern der Verhandlungen fast wortgleich mit Babler analysiert: "Leider hat heute Ideologie über Pragmatismus obsiegt, leider wurde heute Parteiwohl über Staatswohl gestellt.“
"Fehler auf allen Seiten gemacht"
Selbstkritischer ist da schon der SPÖ-NÖ-Chef Sven Hergovich, dessen Partei zum Lager der Babler-Skeptiker gerechnet wird. „Wenn Gespräche scheitern, ist es immer leicht, auf andere zu zeigen. Aber letztlich wird sich jede und jeder der Realität stellen müssen, dass Fehler auf allen Seiten passiert sind.“ Noch deutlicher die SPÖ-Burgenland-Landesgeschäftsführerin Jasmin Puchwein: „Es war ein Fehler, die Glaubwürdigkeit der Sozialdemokratie für die Aussicht auf ein paar Ministerposten aufs Spiel zu setzen.“
Hinter vorgehaltener Hand gehen die Babler-Kritiker freilich noch weiter: „Es ist nicht nachvollziehbar, dass Nehammer zurücktritt, Babler aber nicht. Für beide gelten nach dem Scheitern der Verhandlungen dieselben Voraussetzungen“, sagt ein Länder-Funktionär, der anonym bleiben möchte. Wobei auch ihm kein logischer Nachfolger einfällt. „Bablers linksliberale Kurs ist jedenfalls gescheitert.“
"In Opposition regenerieren"
Mit den Ereignissen der vergangenen Stunden fühlen sich jene Kräfte bestätigt, die von Anfang an dafür plädiert hatten, die SPÖ möge sich nach der Wahlschlappe in der Opposition regenerieren. „Dies wurde von den Wienern und den Gewerkschaftern aber völlig ignoriert, die unbedingt in die Regierung wollten“, sagt der Funktionär. Anders als pikanterweise Babler selbst, glaubt man den Gerüchten, die sich schon bald nach dem Wahlabend verbreiteten. „Falls das so war, zeigt das nur, dass Babler als Parteichef wenig durchsetzungskräftig ist.“
Von Anfang an sei klar gewesen, dass seitens der ÖVP kein ehrliches Interesse an einer Zusammenarbeit bestanden habe und für die SPÖ als Regierungspartner wenig zu holen sei. Somit hätte man sich die Verhandlungen ersparen können und seine Glaubwürdigkeit behalten können.
Und weiter: „Wenn schon Verhandlungen, dann hätte man dafür wenigstens Profis heranziehen müssen.“ Babler und seinem unmittelbaren Umfeld habe aber die Routine gefehlt, SPÖ-Urgesteine wie Doris Bures oder Wolfgang Katzian hätten hingegen schon in der Ära Gusenbauer und Faymann unter Beweis gestellt, dass sich nicht in der Lage seien, das Optimum für die SPÖ herauszuholen. „Obwohl sie zweiter war, ist immer die ÖVP als Sieger aus den Verhandlungen hervorgegangen.“
"Babler nicht verantwortlich"
Völlig konträr die Sichtweise im anderen roten Lager: „Für das Scheitern der Regierungsverhandlungen ist jedenfalls nicht die Performance des Parteivorsitzenden verantwortlich“, heißt es aus dem Babler-Lager Und weiter: „Die SPÖ ist mit dem besten Team in die Verhandlungen gegangen. Mit dem ehrlichen Interesse, als Juniorpartner Teil einer Regierung zu sein. Doch die ÖVP hatte – mit Ausnahme von Nehammer - kein Interesse daran. Letztlich war es auch sie und nicht die SPÖ, die vom Verhandlungstisch aufgestanden ist. Sie wird nun auch ihr Versprechen über Bord werfen und mit der FPÖ koalieren.“ Allein schon, um FPÖ-Chef Herbert Kickl als Kanzler zu verhindern, sei es notwendig gewesen, die Gespräche mit der ÖVP aufzunehmen.
Dass man in den Verhandlungen zu wenig kompromissbereit gewesen sei – etwa mit dem Beharren auf vermögensbezogene Steuern – weist der Funktionär von sich. „Alle Wirtschaftsexperten haben betont, dass für die Sanierung des Budgets auch einnahmenseitige Maßnahmen erforderlich sind.“ Dies habe bemerkenswerterweise auch noch der Salzburger ÖVP-Landeshauptmann Wilfried Haslauer kurz vor Scheitern der Verhandlungen betont „Einnahmenseitig muss auch was passieren“. Obendrein sei der SPÖ-Kurs in den Verhandlungen von der gesamten Partei mit Ausnahme der Burgenländer- mitgetragen worden.
Für den Funktionär gebe es somit keinen Grund, Babler als Parteichef abzulösen. Er sei auch der Spitzenkandidat für allfällige Neuwahlen, wie er im ZiB2-Interview am Samstag klargemacht habe. „Als Parteichef hat er das Erstzugriffsrecht. Davon hat er Gebrauch gemacht.“
Viel wurde zuletzt über ein Comeback von Ex-Kanzler Christian Kern spekuliert. Derzeit will sich aber noch keiner für den Unternehmer offen stark machen.
Babler bleibt kämpferisch
Babler selbst will auf jeden Fall bleiben: "Wir hatten eine sehr schwierige Situation in der SPÖ, als ich angetreten bin", betonte er am Sonntag. "Wir haben diesen Trend gestoppt, auch wenn ich mit dem Wahlergebnis nicht zufrieden bin. In den letzten eineinhalb Jahren ist dennoch viel gelungen: Die Partei ist stabilisiert worden. Auf diese Entwicklung können wir aufbauen. Ich spüre einen sehr starken Rückhalt aus allen Teilen der Partei."
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