Regierungsauftrag für Kickl? Van der Bellen trifft am Dreikönigstag FPÖ-Chef

STATEMENT BP VAN DER BELLEN
Bundespräsident bittet FPÖ-Chef am Feiertag um 11 Uhr zu sich und erklärt, dass jene Stimmen in der ÖVP, die Kickl ablehnten, „leiser geworden“ seien.

Gegen 14:45 öffnet sich am Sonntag die berühmte Tapetentür in der Hofburg, der Bundespräsident Alexander Van der Bellen tritt vor die Kameras und sagt nach dem Rücktritt von ÖVP-Chef und Bundeskanzler Karl Nehammer:

Nehammer hat mir heute in einem persönlichen Gespräch versichert, dass der Übergang in aller Ruhe und geordnet stattfinden wird. Konkret bedeutet das, dass Herr Nehammer vorerst als Kanzler die Verwaltung in der Regierung fortführen wird und in der kommenden Woche ein neuer Kanzler der Übergangsregierung von mir betraut wird. Damit sind die ordentliche Verwaltung und die Fortführung der Amtsgeschäfte der Republik Österreich sichergestellt und gewährleistet.“

Dann setzt Van der Bellen fort: „Zurück zur neuen Situation: Lange wurde der Eindruck vermittelt, als gäbe es eine gute Basis für Gespräche der Parteien von ÖVP, SPÖ und Neos. Selbst nach dem Ausstieg der Neos wurde mir berichtet, dass eine Einigung möglich sei."

Dass die Gespräche nun endgültig gescheitert sind, ist für viele von Ihnen, meine Damen und Herren, eine große Enttäuschung. Auch für mich kam das überraschend, es war nicht mein Wunsch. Aber darum geht es jetzt nicht. Es geht darum, dass Österreich eine handlungsfähige Regierung bekommt und ein gemeinsames Bild finden, von einem Österreich, in dem wir leben wollen. Wir brauchen eine Bundesregierung mit einer stabilen Mehrheit.“

„Sie wissen auch, dass ich Österreich leere Kilometer ersparen wollte und daher im Oktober Herbert Kickl nicht mit einer Regierungsbildung beauftragt habe, denn sowohl Nehammer als auch SPÖ-Chef Andreas Babler hatten wiederholt ausgeschlossen, unter der Führung Herbert Kickls koalieren zu wollen. 

Seit gestern hat sich die Situation geändert. Karl Nehammer zieht sich zurück und hat den Regierungsauftrag zurückgelegt.

Ich habe die vergangenen Stunden genutzt, und mit zahlreichen politischen Verantwortungsträgern gesprochen. Bei diesen Gesprächen hat sich das Bild ergeben, dass die Stimmen innerhalb der Volkspartei, die eine Zusammenarbeit mit einer FPÖ unter Herbert Kickl ausschließen, deutlich leiser geworden sind.

Das wiederum bedeutet, dass sich möglicher Weise ein neuer Weg auftut, der davor nicht existierte.

Aus diesem Grund habe ich den Parteichef der Freiheitlichen Partei, Herrn Herbert Kickl, angerufen, und vereinbart, dass wir uns morgen um 11 Uhr treffen, um die neue Situation zu besprechen.“

So reagiert die FPÖ

Tirols FPÖ-Chef Markus Abwerzger erklärte gegenüber der APA, er gehe davon aus, dass Van der Bellen Kickl am Montag den Auftrag zur Regierungsbildung erteilen werde. Einen anderen Weg könne es nicht geben. Danach werde man auch in der FPÖ „intern beraten“. Die mittlerweile neue ÖVP-Position in Bezug auf die Freiheitlichen wertete Abwerzger als „positive Signale“.Bezüglich des geschäftsführenden ÖVP-Chefs Christian Stocker sei wegen dessen Aussagen in der Vergangenheit zwar eine „gesunde Skepsis“ angebracht: „Das Vertrauen muss er sich erst erarbeiten.“ Aber auch dessen offensichtlicher Sinneswandel sei ein „positives Signal“.

Zuvor hatte Oberösterreichs LH-Stellvertreter Manfred Haimbuchner noch wenig versöhnlich mit dem Bundespräsidenten gezeigt: Van der Bellen habe durch „seinen Regierungsbildungsauftrag an Karl Nehammer, der von Beginn an zum Scheitern verurteilt war, unser Land an den Rand einer veritablen Staatskrise manövriert“, so Haimbuchner. Dass Nehammer bei den Verhandlungen mit der Babler-SPÖ einen „Bauchfleck“ hingelegt habe, überrasche nur den Bundespräsidenten. Die Zeit des Taktierens müsse nun vorbei sein und Van der Bellen den Wählerwillen „endlich akzeptieren“.

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