Der Grazer FPÖ-Finanzskandal und was ein Ex-Minister damit zu haben soll

FPÖ-Landesobmann Mario Kunasek
Die Justiz will gegen Mario Kunasek ermitteln. Der Landtag hebt deshalb heute die Immunität des steirischen FPÖ-Landesobmannes auf.

Im Hintergrund sind in schwarz-weiße Sträflings-Montur gewandete Grazer Freiheitliche eingeblendet, ein Foto vom Faschingsdienstag 2017.

Im Vordergrund witzelt Satiriker Peter Klien über die "FPÖ im Trockentraining": Der Finanzkrimi um die Grazer Stadtpartei und ihre Ausläufer in die Landes-FPÖ war kürzlich prominent im Fernsehen, in die ORF-Satiresendung "Gute Nacht, Österreich" muss man es erst einmal schaffen.

Aber die durch Wahlerfolge in anderen Bundesländern verwöhnten Blauen hätten darauf wohl lieber verzichtet, denn zum Lachen ist ihre Lage in der Steiermark nicht: Im Laufe des Dienstags wird der Landtag die parlamentarische Immunität Mario Kunaseks aufheben, die Staatsanwaltschaft will gegen den steirischen FPÖ-Landesobmann ermitteln.

Mehr zur Finanzaffäre der Grazer FPÖ lesen Sie hier: Staatsanwaltschaft prüft Auslieferungsantrag

Das brisante Stück steht als Punkt 28 auf der Tagesordnung, er wird wohl erst am Abend aufgerufen und abgestimmt. Doch das ist nur noch eine Formalität, da der zuständige Verfassungsausschuss bereits vergangenen Dienstag der Auslieferung Kunaseks stattgegeben hat - mit den Stimmen der FPÖ übrigens. Er wolle "die haltlosen Anwürfe" schnellstens entkräften, gab der Ex-Verteidigungsminister selbst das Okay zur Zustimmung. Dann wird auch er zum Beschuldigten in dem Verfahren und ist somit einer von nunmehr sieben (teilweise Ex-)Politikern, gegen die ermittelt wird.

Mehr als der Anfangsverdacht

Doch sind diese Vorwürfe so "haltlos", wie Kunasek moniert? Für die Staatsanwaltschaft Klagenfurt, die anstelle der eigentlich örtlich zuständigen Behörde in Graz ermittelt -  um jeden Befangenheitsverdacht auszuschließen - sind sie so substanziell, dass sie Anfang März die Auslieferung des Landtagsabgeordneten beantragte.

Es geht um den Verdacht des Fördermissbrauchs, der Veruntreuung und Untreue - das ginge weiter als ursprünglich von den Grazer Ermittlern avisiert: Die Polizisten deponierten bei der Anklagebehörde nämlich nur, dass Kunasek bei einer Zeugenaussage nicht alle möglichen Beweise zum Fall vorgelegt habe. Falsche Zeugenaussage versus Untreue oder Veruntreuung, das wäre dann doch ein anderes Kaliber. Insgesamt soll es um 1,8 Millionen Euro gehen.

Der Chef der Steirer-FPÖ weist das alles aber als "Konglomerat an Halb- und Unwahrheiten" von sich.

Die Vorwürfe

Seit eineinhalb Jahren beschäftigt die Grazer Finanzaffäre Parteigremien wie Justiz, die sich nun bis in die Landespartei durchschlägt. Im Oktober 2021 traten Mario Eustacchio, bis zur Wahlschlappe von Schwarz-Blau im September 2021 FPÖ-Vizebürgermeister, sowie der damalige FPÖ-Klubobmann Armin Sippel von ihren Ämtern im Rathaus zurück.

Ihren wurde vorgeworfen, dass Geld aus der Klubförderung auch in ihre Richtung geflossen sein - sie sollen sich zusätzlich zu ihrem politischen Salär Gagen daraus gegönnt haben.

Kurz darauf erstattete der damalige Finanzdirektor der Grazer FPÖ, Matthias Eder, Selbstanzeige wegen dieser abgezweigten Steuermittel und zahlte gleich einmal 700.000 Euro vorsorglich zurück. Im Dezember 2021 trat Eustacchio auch aus der FPÖ aus. Mittlerweile wird gegen insgesamt sieben Beschuldigte ermittelt. Bei einigen Hausdurchsuchungen fand die Polizei zudem mehr, als sie suchte, Datenträger mit NS-Material etwa.

Welche Rolle hatte Kunasek?

Doch wie kommt Landesparteichef Kunasek da in Spiel? Er soll mutmaßliche Malversationen seiner Parteifreunde nicht unterbunden haben, moniert die Justiz: Kunasek sei als "Beitragstäter in seiner Funktion als Landesparteiobmann der Freiheitlichen Partei Steiermark in Kenntnis der Tathandlungen" gewesen und habe diese nicht unterbunden, begründete die Staatsanwaltschaft Klagenfurt ihr Auslieferungsbegehren.

Kunasek wiederum hält dagegen, das stimme nicht. Schließlich habe die Landes-FPÖ sogar einen Wirtschaftsprüfer bestellt, um die Vorgänge in der Grazer FPÖ nachzurechnen.

Eine politische Posse

Und politisch? Da hat sich die Grazer FPÖ, immerhin nach den Gemeidneratswahlen 2021 noch mit fünf Gemeinderäten und einem Stadtsenatsmitglied in Graz vertreten, im Zuge der Finanzaffäre gewaltig verrechnet. Claudia Schönbacher, Nachfolgerin Eustacchios an der Stadtparteispitze, und Alexis Pascuttini, Nachfolger Sippels als Klubchef, muckten auf, wollten Akteneinsicht und Aufklärung. Dann schlossen sie einen Parteifreund aus der Grazer FPÖ aus, den sie als Mitwisser der Finanzaffäre wähnten.

Der Grazer FPÖ-Finanzskandal und was ein Ex-Minister damit zu haben soll

Claudia Schönbacher und Mario Kunasek, nunmehr Ex-Parteifreunde

Deshalb sind sie selbst auch keine Blauen mehr: Kunaseks Landes-FPÖ komplementierte Pascuttini aus der Partei, die Bundespartei unter Herbert Kickl einen Tag darauf Schönbacher.

Die beiden nahmen drei weitere Grazer Blaue mit und gründeten als nunmehrige Ex-FPÖ-Leute den Korruptionsfreien Gemeinderatsklub. Und die Grazer Blauen? Die frühere Vizebürgermeisterpartei und zweitstärkste Kraft im Rathaus hat nur noch einen Gemeinderat, Klubstatus und Stadtsenatsmandat verloren - den Regierungssitz hat Schönbacher nämlich behalten.

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