Finanzaffäre: FPÖ-Landeschef Kunasek stimmt Auslieferung zu
Die Staatsanwaltschaft Klagenfurt machte Ernst: Sie stellte einen Auslieferungsantrag an den Landtag Steiermark, um gegen den steirischen FPÖ-Landesparteiobmann Mario Kunasek ermitteln zu können.
Da Kunasek als Landtagsabgeordneter immun ist, bedarf es der formalen Auslieferung des Landtages, dazu ist ein mehrheitlicher Beschluss nötig.
Die Klagenfurter Behörde bestätigte in einer Pressemitteilung, dass gegen den Steirer wegen des Verdachts des Fördermissbrauchs, der Veruntreuung und Untreue ermittelt werden soll. Das wäre mehr als bisher vermutet: Die Polizei monierte, dass Kunasek - einst auch Verteidigungsminister - im Zuge der Finanzaffäre der Grazer FPÖ bei einer Zeugenaussage zu dem Fall Beweismittel nicht vorgelegt habe.
"Haltlose Vorwürfe entkräften"
Der FPÖ-Landesparteichef ließ am Donnerstag wissen, der Auslieferung zustimmen zu wollen. Er werde dem "Begehr der Staatsanwaltschaft natürlich zustimmen, um die haltlosen Anwürfe schnellstmöglich und restlos zu entkräften". Er habe weiterhin vollstes Vertrauen in die Behörden, versicherte Kunasek.
Bisher nannte Kunasek die Vorwürfe "Konglomerat an Halb- und Unwahrheiten, gepaart mit haufenweise substanzlosen Unterstellungen", wie er bei Bekanntwerden konstatierte. Die FPÖ habe schließlich ein "umfangreiches Gutachten durch eine Wirtschaftsprüfungskanzlei erstellen lassen“, um bei der Aufklärung mitzuwirken.
"Inakzeptabel"
Im Landtag hätte der Antrag aber jedenfalls eine Mehrheit bekommen, darauf deutet die Stellungnahme der ÖVP-SPÖ-Koalition hin. "Es ist inakzeptabel, dass politische Vertreter unter dem Verdacht stehen, Steuergelder zu veruntreuen und sich der möglicherweise der Strafverfolgung entziehen", lassen ÖVP-Klubchefin Barbara Riener und SPÖ-Klubobmann Hannes Schwarz wissen. "Wir fordern Mario Kunasek auf, Verantwortung zu übernehmen und sich selbst auszuliefern." Über das weitere Vorgehen seitens der Koalition werde entschieden, wenn der Auslieferungsantrag mit den konkreten Vorwürfen vorliege und sich Kunasek nicht freiwillig ausliefere.
Die Staatsanwaltschaft äußert sich so zu den Vorwürfen: Kunasek habe "zu den malversiven Handlungen der bisherigen Beschuldigten beigetragen", heißt es in der Mitteilung. Er sei somit als "Beitragstäter in seiner Funktion als Landesparteiobmann der Freiheitlichen Partei Steiermark in Kenntnis der Tathandlungen" gewesen und habe "diese bewusst nicht unterbunden".
Worum es geht
Hinter der rechtlichen Auslegung steht ein Finanzkrimi, der nach den Grazer Kommunalwahlen 2019 aufflog. Es geht um mutmaßlich veruntreute Klubfördermittel, die nach einer Selbstanzeige eines Grazer FPÖ-Mitglieds bekannt wurden. Das brachte den bisherigen Obmann der Stadtpartei, Mario Eustacchio, und den Klubchef, Armin Sippel, zu Fall, beide traten zurück - und sie stehen, wie mehrere weitere Beschuldigte, auf der Liste jener, gegen die seither ermittelt wird.
Auch politisch hatte dies Folgen: Claudia Schönbacher, Eustacchios direkte Nachfolgerin als Parteichefin und Stadtsenatsmitglied, wurde aus der FPÖ ausgeschlossen, ebenso der neue Klubobmann, Alexis Pascuttini. Dahinter stecken Ränkespiele, die ebenfalls mit der Finanzaffäre zu tun haben. Mit zwei weiteren nunmehrigen Ex-Blauen bilden sie mittlerweile einen eigenen Gemeinderatsklub. Sie beziffern den Schaden mit rund 1,8 Millionen Euro.
Der Auslieferungsantrag der Justiz kommt freilich zu einem ungünstigen Zeitpunkt für die Blauen: Am Freitag findet der Stadtparteitag in Graz statt, wo Nationalratsabgeordneter Axel Kassegger zum FPÖ-Graz-Obmann gewählt werden soll.
Reaktionen von Grünen und Neos
Von Seiten der steirischen Grünen heißt es: "Ich gehe davon aus, dass Kunasek selbst für die Aufhebung seiner Immunität eintreten wird", forderte Abgeordneter Lambert Schönleitner. "Außerdem erwarten wir uns von der FPÖ, dass sie für die volle Aufklärung des Grazer FPÖ-Finanzskandals sorgt. Hier sind noch viele Fragen offen."
Die Neos "werden dem Ansuchen der Staatsanwaltschaft folgen und für die Auslieferung Kunaseks stimmen", teilte Klubobmann Niko Swatek mit. "Der FPÖ-Finanzskandal zeichnet ein erschütterndes Bild über den Umgang mit Steuergeldern in der Steiermark. So etwas darf nicht noch einmal passieren."
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