Commerzialbank: Grenzenloses Vertrauen, das ins Desaster führte
Die Commerzialbank Mattersburg (CBM) hat Wohnbaugesellschaften als Kunden angezogen wie das Licht Motten. Rund 100 Millionen Euro soll der Schaden sein, den gemeinnützige Wohnbauunternehmen wegen der Bankpleite einräumen mussten. Geschädigt ist zum Beispiel der Verbund der Sozialbau AG, der 70 Millionen Euro abschreiben muss. Exakt 29.364.837,69 Euro Schaden entfallen davon auf die „EGW Erste gemeinnützige Wohnbaugesellschaft“, früher besser bekannt als „EGW Heimstätte“.
Sie eröffnete im Februar 2005 ihr erstes Festgeldkonto bei der CBM. Vor allem wegen der „angemessenen Konditionen“, der „unkomplizierten Abwicklung“ und der „guten persönlichen Betreuung“ stand die Bank bei den Wohnbauunternehmen hoch im Kurs. „Konten wurden aufgrund telefonischer Avisos eröffnet, und der (CBM-Sachbearbeiter) A. brachte die Kontounterlagen persönlich vorbei“, sagte der EGW-Prokurist Dieter P. bei seiner Einvernahme als Zeuge aus. „Die Konditionen der CBM lagen üblicherweise leicht über den Bedingungen österreichischer Großbanken, hatten keinen spekulativen Charakter (...)“, führte er weiter aus. Außerdem verrechnete die CBM im Gegensatz zu anderen Banken keine Verwahrentgelte (Strafzinsen).
Auch die Einzahlungen konnten die Kunden dem CBM-Sachbearbeiter A. telefonisch avisieren, und der hat dann „noch vor der tatsächlichen Überweisung einen Zinssatz für die Einlage zugesichert“. Zuletzt betrug der Zinssatz zwischen 0,75 und 0,78 Prozent.
Nicht einmal der Anschein eines Verdachts auf Malversationen kam bei Dieter P. auf, versicherte der Bankmitarbeiter A. doch immer wieder: Die Bank könne aufgrund der „straffen Personalstruktur bessere Konditionen gewähren“.
Keine Friktionen
„Ich kann nur angeben, dass man nach 15 Jahren friktionsfreier Abwicklung seiner Bank einfach vertraut“, räumte der EGW-Prokurist bei den Ermittlern ein.
Das Vertrauen in die Hausbank kannte offenbar keine Grenzen. Die EGW legte immer mehr Geld bei der Commerzialbank an.
„Die Veranlagungen sind deshalb ab Dezember 2019 bis zur Schließung der CBM im Juli 2020 gestiegen, weil vier größere Wiener Wohnhausanlagen fertiggestellt bzw. ausfinanziert wurden und der Baubeginn von neuen Projekten sich verzögert hat“, gab der EGW-Prokurist zu Protokoll. Alleine im Juni und Juli 2020 wurden insgesamt 24 Millionen Euro bei der Commerzialbank angelegt. Laufzeit: drei bzw. vier Monate. Doch im Juli 2020 flogen die Malversationen bei der CBM auf.
ÖVP-Anzeige
Unter Beschuss geriet zuletzt auch der Bauträger Gesiba, der durch die CBM-Pleite 17,2 Millionen Euro zu verlieren droht. Wie berichtet hatte der Rechnungshof festgestellt, dass die Gesiba über das finanzielle Risiko informiert gewesen sein müsste. Das nimmt nun die ÖVP Wien zum Anlass, eine Sachverhaltsdarstellung einzubringen. Für die Türkisen steht der Verdacht der Untreue im Raum.
Die zuständige Aufsichtsbehörde ist in beiden Causen das Land Wien. Die Wiener FPÖ konfrontiert nun Wohnbaustadträtin Kathrin Gaal (SPÖ) mit einer dringlichen Anfrage. Darin will sie unter anderem wissen, warum Sozialbau und Gesiba bis dato keiner Sonderprüfung unterzogen wurden.
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