Causa Commerzialbank: Sozialbau-Verbund bangt um 70 Millionen Euro
Es ist wohl einer der größten Finanzskandale der vergangenen Jahre: Die Pleite der Commerzialbank im burgenländischen Mattersburg, deren rechtliche und politische Aufarbeitung noch viele Monate in Anspruch nehmen wird.
Zu den Hauptgeschädigten zählt ausgerechnet eine Reihe von gemeinnützigen Wohnbau-Unternehmen, die allesamt zum Verbund der Sozialbau AG gehören. An der Sozialbau hält die SPÖ Anteile. Vorstandsvorsitzender ist der ehemalige SPÖ-Minister Josef Ostermayer.
Verbund-Mitglieder veranlagten in den vergangenen Jahren im großen Stil bei der Mattersburger Bank: 30 Millionen allein die „Erste gemeinnützige Wohnungsgesellschaft Heimstätte“ (EGW), wie Sozialbau-Vorstand Bernd Rießland im vergangenen Juli einräumen musste. Dazu kommen noch 1,95 Millionen Euro der ebenfalls gemeinnützigen Wohnbaugesellschaft „Neuland“, auch eine Sozialbau-Tochter.
Der tatsächliche Schaden dürfte aber noch weitaus höher sein und sogar mehr als 70 Millionen Euro betragen. Das legen Informationen nahe, die dem KURIER vorliegen. Denn neben den beiden genannten Unternehmen haben fünf weitere aus dem Sozialbau-Verbund Gelder in der Commerzialbank geparkt.
"Vollständiger Ausfall"
Drei Millionen Euro etwa die „Eisenhof“, wie aus dem Geschäftsbericht für 2019 hervorgeht. Die Summe (abzüglich 100.000 Euro, die von der Einlagensicherung rücküberwiesen wurden) wurde abgeschrieben, „da [...] von einem vollständigen Ausfall dieser Beträge auszugehen ist“, heißt es darin.
Dabei handelt es sich noch um einen vergleichsweise kleinen Betrag. Satte 23,8 Millionen Euro machen die Forderungen der „Volksbau“, ebenfalls Teil des Sozialbau-Verbunds, aus, wie aus der Gläubigerliste hervorgeht. Darin angeführt sind weiters die „Wohnbau“ (7,7 Millionen Euro Forderungen), die „Familie“ (3,8 Mio.€) sowie die „Vindobona“ (3,7 Mio.€). Besonders brisant daran: Hierbei handelt es sich um Genossenschaften, die Verluste schädigen also direkt das Vermögen der Mitglieder und damit letztlich auch der Mieter.
Hinzu kommen laut Geschäftsbericht 2019 noch 4,9 Millionen Euro der Wiener „Heimbau“, die gemeinsam mit der Sozialbau an der „Eisenhof“ beteiligt ist.
Riskante Geschäfte
Branchenintern für Kopfschütteln sorgt die riskante Anlage-Strategie: Dass derart hohe Summen ohne die gebotenen Risiko-Streuung bei einer einzelnen Bank verlangt wurden, die obendrein (im Gegensatz zu größeren Instituten) keinem Haftungsverbund angehörte.
Versprochen wurden den Kunden der Commerzialbank um ein Prozent höhere Zinsen als bei anderen Banken. Im Falle der EGW mit ihren 30 Millionen wären dies also 300.000 Euro, also rund 1,5 Prozent des Jahresgewinns gewesen. Ein verschwindend geringer Benefit angesichts eines Jahresgewinns von 18 Millionen Euro.
Genehmigung nötig?
Da es sich um gemeinnütziges und steuerbegünstigtes Vermögen handelt, ist laut Ansicht von prominenten Juristen bei Veranlagungen besonders risikoscheu vorzugehen. Besonders risikoreiche Geschäfte seien allenfalls bei spezieller Ausnahmegenehmigung der Aufsichtsbehörde zulässig. Bei den betroffenen Unternehmen wäre dies das Land Wien. Entsprechende Ansuchen sind aber nicht erfolgt.
Dafür ging im August des Vorjahres ein Schreiben der zuständigen MA 50 an alle Gemeinnützigen Bauvereinigungen mit Sitz in Wien, allfällige Veranlagungen bei der Commerzialbank zu melden.
Manager unter Druck
Ins Schussfeld gerät nun vor allem Sozialbau-Vorstand Bernd Rießland, der als kaufmännischer Direktor auch für die Geschäfte der Tochter-Unternehmen verantwortlich gemacht wird. Zumal er auch in einigen der betroffenen Firmen Funktionen bekleidet.
Kritik aus der Branche gibt es insbesondere am Dachverband der Unternehmen, dem Österreichischen Verband Gemeinnütziger Bauvereinigungen – Revisionsverband (GBV). Unverständnis sowohl bei roten wie türkisen Genossenschaften herrscht darüber, warum er in der Causa noch nicht aktiv wurde und den Revisionsverband mit einer Sonderprüfung der betroffenen Unternehmen beauftragte.
Zunehmend unter Druck gerät auch der GBV-Verbandsobmann. Sein Name: Bernd Rießland.
Auf Prüfer vertraut
Die Bank habe zum damaligen Zeitpunkt zu den wenigen gehört, bei denen man noch Veranlagungen mit positiven Zinsen habe tätigen können, begründet Rießland gegenüber dem KURIER das Vorgehen. „Wir haben auf die Prüfinstanzen der Republik vertraut. Die Commerzialbank hat keinerlei Auffälligkeiten gezeigt“, betont er.
Sehr wohl habe man bei der Veranlagung eine Streuung vorgenommen, die bei der Commerzialbank angelegten Gelder hätten insgesamt maximal 20 Prozent der Gesamtsumme ausgemacht. Durch die Pleite der Bank sei aber keinesfalls eines der betroffenen Unternehmen gefährdet, wie Rießland betont.
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