Von Meidling ins Weltall - sogar die NASA setzt auf Hilfe aus Wien
Die Zukunft liegt im Weltraum. Gerade erst hat der Kampf um Rohstoffe auf anderen Himmelskörpern begonnen. China und die USA wollen noch in diesem Jahrzehnt bemannt auf dem Mond landen und 2030 Bodenproben vom Mars auf die Erde bringen.
Dazu werden Satelliten gebaut, die bereits so genau sind, dass sie einzelne Wassertropfen in der kompletten Atmosphäre erkennen und messen können. Es geht um viel Geld.
Ein wichtiger Player dabei ist das Unternehmen „Beyond Gravity Austria“ in der Breitenfurterstraße in Wien-Meidling. Hier werden im Reinraum Teile gebaut, die bald den Planeten Merkur erreichen oder auf dem Mars im Einsatz sind. Auch das James Webb Teleskop, das gerade den Urknall erforscht, hat Teile „Made in Meidling“ eingebaut.
Insgesamt ist man an 1000 Satelliten beteiligt, diese messen etwa den Klimawandel oder übertragen die Fußball-WM. In drei Monaten wird erstmals ein komplett in Wien gebauter Satellit (Mission Pretty) starten.
Artemis, NASA und James Webb
„Abgesehen von Giganten wie Airbus sind wir Marktführer in Europa“, sagt Geschäftsführer Manfred Sust. Sogar die NASA hat hier Teile für die Mondmissionen bestellt. Heimische Elektronik wird in jener Sonde eingebaut, die um den Mond kreisen wird, um 2025 die bemannte US-Mondlandung mit Artemis 3 zu ermöglichen.
Tatsächlich wird in der Breitenfurterstraße High-Tech hergestellt, das nicht einmal im Silicon Valley produziert werden kann - oder zumindest nicht um diesen Preis. Eine weltraumfeste Platine in der Größe eines Laptops kostet hier aktuell schnäppchenhafte eine Million Euro aufwärts.
„Natürlich könnte man auch ein kommerzielles Produkt wie das iphone mit ins All nehmen, aber vermutlich übersteht es nicht einmal den Start und käme mit der Strahlung nicht zurecht“, erklärt Sust. Jedes Bauteil muss deshalb einen massiven Rütteltest bestehen und bei 200 Minusgraden in die Vakuumkammer.
Zwei Erfolgsgeheimnisse stecken dahinter: Beyond Gravity hat eine Möglichkeit gefunden, Bauteile exakt zu reproduzieren und in kleiner Serie herzustellen. Und: „Alle schwierigen Lötarbeiten werden von Frauen durchgeführt“, erklärt Katharina Dobes, die Verantwortliche für die Weltraumelektronikproduktion. Auch sonst sucht man den typischen Nerd vergeblich - die Mitarbeiter sind auch tätowiert oder tragen Dreadlocks.
Gebaut werden in der Breitenfurterstraße die verschiedensten Teile - etwa die Stange für die Kamera des europäischen Mars-Rovers (sollte eigentlich im heurigen September in Russland starten) oder eine spezielle Halterung für das Ionen-Triebwerk der Merkursonde „BepiColombo“, die momentan auf ihrer siebenjährigen Reise Richtung Sonne ist. Auch Wärmeschutz wird im kleinen Reinraum entwickelt, etwa für die neue europäische Rakete „Ariane 6“, die das europäische Navigationssystem Galileo als Konkurrenz zu GPS ins All schießen soll.
An Bord der Galileo-Satelliten wird selbstverständlich auch wieder Technik aus Meidling sein. Doch dort denkt man ohnehin schon weiter. „Auch um den Mond wird ein Navigationssystem gebaut werden, mit dem die Fahrzeuge für den Rohstoffabbau gesteuert werden“, erklärt Sust. Dazu glaubt man hier fest an den Weltraumtourismus. Überall möchten die 230 Mitarbeiter mitmischen.
Mehr oder weniger Geld?
Ende November werden die für den Weltraum zuständigen Minister (in Österreich Leonore Gewessler) das Budget für die kommenden drei Jahre festlegen. Österreich zahlte in der vergangenen Periode 100 Millionen Euro und wollte die Summe noch kräftig auf 200 ausbauen. Doch nun will man hier einsparen, hieß es zuletzt aus gut informierten Kreisen.
Doch im Gewessler-Ressort wird das dementiert: „Das ist nicht korrekt. Im nationalen Budget für die kommenden Jahre sind gegenteilig zusätzliche 40 Millionen Euro für die ESA-Wahlprogramme der nächsten Jahre vorgesehen. Die konkrete Zeichnung für die Programme der kommende Finanzierungsperiode werden wir am 19. November im Rahmen des Ministertreffens der ESA bekannt geben. Wir streben jedenfalls eine Aufstockung der des österreichischen Beitrags bei der ESA an.“
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