Wie muss ein Planet und das dazugehörige Sonnensystem aussehen, damit Menschen dort leben könnten?
Güdel: Der Umgang einer Zivilisation wie die der Menschheit mit einem Planeten ist leider problematisch, wie wir gegenwärtig sehen. Wir leben auf dem für uns denkbar besten Planeten und wissen dennoch nicht nachhaltig mit ihm umzugehen. Große Abweichungen von den Eigenschaften der Erde wären für uns auch nicht wirklich möglich, wir sind zu genau an unsere Umgebung angepasst. Bereits Mars, der im Prinzip belebbar sein könnte, ist für den Menschen ungeeignet, weil die Temperaturen und der Atmosphärendruck zu tief sind. Auch fehlt der Sauerstoff.
Da bleibt wenig Hoffnung auf eine zweite Chance...?
Auf fast jedem denkbaren Planeten müssten wir in einer geschlossenen Bodenstation geschützt werden. Das ist aber für eine menschliche Gesellschaft ungeeignet, auch wenn uns die Science-Fiction immer wieder das Gegenteil vorführen will. Allein schon aus sozialer und psychologischer Sicht ist Leben einer kleinen menschlichen Gesellschaft in einer isolierten Station langfristig kaum tragbar, wie mehrere Experimente auf der Erde gezeigt haben.
Derzeit werden zahlreiche Exoplaneten untersucht. Welche haben die größte Chance auf Leben?
Das ist eine spannende Frage, aber noch nicht beantwortbar. Um Lebensentstehung zu ermöglichen, braucht es eine langfristig, über Hunderte von Millionen Jahre stabile Umgebung in einem für chemische Vorgänge sinnvollen Temperaturbereich. All diese Voraussetzungen sind nur auf gesteinsartigen Planeten wie zum Beispiel unserer Erde, Mars oder Venus zu verwirklichen. Wir kennen schon einige wenige Exoplaneten, die für Leben vielleicht in Frage kämen, aber noch kennen wir ihre Eigenschaften zu wenig. Es gibt also zur Zeit noch keine Hitparade der Planeten. Das dürfte sich aber durch Neufunde in den nächsten Jahren ändern.
Das Trappist-1-System wird gegenwärtig vom James Webb Space Teleskop heftig untersucht. Ich bin selber an solchen Beobachtungen beteiligt. Man soll dem empirischen Nachweis nicht zu sehr vorgreifen, aber es würde mich erstaunen, wenn wir bei den Trappist-1-Planeten solche antreffen, die für Leben geeignete Atmosphären besitzen. Das hängt damit zusammen, dass der Stern im Trappist-Sytem sich völlig anders als die Sonne entwickelt hat, auch wenn die Planeten von Anfang an dort waren. Wir sind trotzdem gespannt, was wir finden. Insbesondere interessiert uns, ob einer dieser Planeten doch eine Atmosphäre hat. Eine solche könnte durch Vulkanismus in neuerer Zeit gebildet worden sein.
Können wir eigentlich mit außerirdischen Zivilisationen rechnen?
Die Erde hat in ihrer langen Geschichte eine unvorstellbare Anzahl von erfolgreichen und hoch entwickelten Lebensformen hervorgebracht, aber die allerlängste Zeit keine technologische Zivilisation. Anscheinend bestand in praktisch der gesamten Evolution des Lebens keine Notwendigkeit dazu. Technologische Zivilisationen sind also überflüssig.
Werden wir in absehbarer Zeit so etwas wie unsere Erde finden?
Diese Chancen stehen gut. Wir wissen heute, dass Planeten in unserer Galaxie zahlreicher sind als Sterne. Jeder Stern wird von mindestens einem Planeten umkreist. Es gibt Schätzungen, dass etwa ein Viertel aller sonnenähnlichen Sterne von einen belebbaren Planeten von ungefähr Erdgröße umgeben ist. Damit könnte man von 10 bis 40 Milliarden solcher Planeten in unserer Galaxie ausgehen. Ob alle Eigenschaften für die Lebensentstehung hinreichend sind oder ob die Planeten sogar belebt sind, ist damit natürlich nicht beantwortet.
Kürzlich hat sich herausgestellt, dass die eigentlich dafür gebauten Instrumente der Mars-Rover vermutlich gar kein Leben nachweisen können. Gleichzeitig stellen wir fest, dass es Exoplaneten - wie zuletzt in einem Dreifachsternsystem - gibt, die nicht existieren dürften. Kann es sein, dass Leben ganz anders ausschaut als wir uns das vorstellen?
Wir können leider andere Lebensformen nur hypothetisch beschreiben. Dennoch gibt es von der Erde interessante Hinweise. Die Vielfalt auf der Erde ist fast unermesslich, eines ist aber universell: Jede dieser so verschiedenen Lebensformen baut auf Kohlenstoff und seinen chemischen Verbindungen auf und funktioniert nur durch die Riesenmoleküle der DNA, RNA und der Proteine. Dieser Bauplan ist universell. Die einfachen Bausteine der Moleküle, die Aminosäuren, der Nukleotide und auch die Lipide synthetisieren sich relativ einfach in der Natur und kommen zum Teil auch in kosmischen Objekten wie Kometen und Meteoriten vor. Jede unserer bekannten Lebensformen ist auch auf das Lösungsmittel Wasser angewiesen.
Wasser ist im Universum und auf anderen Himmelskörpern sehr häufig. Es liegt nahe, dass Lebensentstehung auf anderen Planeten ähnlich die vielen Vorteile von Wasser ausnutzt. In der Evolution findet man auch stete Wiederholung von Konzepten. Das Konzept „Fisch“ für ein höheres Tier, das sich im Wasser bewegt, wurde mehrmals unabhängig erfunden - etwa in Form der Fischsaurier oder der Wale. Ebenso das Konzept „Vogel“ - nebst Vögeln auch für Flugsaurier, Fledermäuse, Gleithörnchen, Insekten. Ähnliches gilt für das Auge. Die Umwelt ist dafür verantwortlich, dass immer wieder ähnliche Lebensformen entstehen. Das ist auch für geeignete Exoplaneten zu erwarten.
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