30.000 Abschüsse gegen die Schweinepest: 71 Prozent sind "pro Jagd"
Frühkartoffeln, Mais, Rüben, Sojabohnen: Der Gabentisch in den Kornkammern Ostösterreichs ist reich gedeckt. Ein Tier versteht es besonders gut, sich an den Bodenschätzen zu laben und das ist das Wildschwein.
Landwirten treiben die listigen Tiere oft die Zornesröte ins Gesicht, wenn Rotten in einer einzigen Nacht ganze Getreidekulturen vernichten.
Seit einiger Zeit birgt die rasend schnelle Verbreitung des Schwarzwildes ein weitaus größere Gefahr. Die Afrikanische Schweinepest (ASP) grassiert rund um Österreich und breitet sich bei den Nachbarn – besonders in den Balkanstaaten Kroatien, Serbien und Bosnien – rasend schnell aus.
Zehntausende Hausschweine mussten in den betroffenen Gebieten im Vorjahr notgeschlachtet werden.
Nur ein einziger positiver Fall hätte hierzulande massive Auswirkungen auf landwirtschaftliche Betriebe.
Afrikanische Schweinepest
Die Tierseuche hat sich ausgehend von Afrika durch Lebensmitteltransporte auch in Europa und Asien ausgebreitet.
Tödliche Folgen
Während die ASP für Menschen und andere Tierarten ungefährlich ist, ist sie für Schweine meist tödlich. Die Verbreitung erfolgt über erkrankte Wild- oder Hausschweine und indirekt auch über kontaminierte Kleidung, Autoreifen oder Fleisch.
Kommt es zu einer positiven Probe, wird im Umkreis des Fundortes ein behördliches "Seuchengebiet" verhängt und alle Schweine in landwirtschaftlichen Betrieben getötet.
Abschussprämie
Um solch ein Szenario möglichst hintanzuhalten, ist die Jägerschaft aufgerufen, den Wildschwein-Bestand möglichst im Griff zu halten. In Niederösterreich wurden deshalb im Vorjahr fast 20 Prozent mehr Wildschweine als 2022 erlegt. 30.133 Stück stehen 2023 in der Abschussliste. Zum Vergleich: 2013 waren es noch 22.105, im Jahr darauf 20.544 und 2016 gar nur 19.514 Stück.
Im angrenzenden Burgenland wurde der Abschuss aus Angst vor der Schweinepest zuletzt auch deutlich forciert. 11.500 Stück Schwarzwild wurden im östlichsten Bundesland 2022 erlegt, im vergangenen Jahr 12.000. Zum Vergleich: Im Jahr 2020 erlegten Burgenlands Jäger nur knapp 8.800 Tiere.
Ab 2022 zahlte das Land pro Stück sogar eine Abschussprämie von 25 Euro und legte noch einmal so viel drauf, wenn das Fleisch auch veredelt wurde. Insgesamt wurden rund 360.000 Euro ausbezahlt.
"Die Jägerschaft hat das Problem generell gut im Griff, die Population ist stabil", heißt es aus dem Büro des zuständigen Landesrats Leonhard Schneemann (SPÖ). Basis für diese Einschätzung ist der im Vorjahr registrierte Rückgang von Wildschäden in der Landwirtschaft. "Allerdings sind wir stark von der Entwicklung in Ungarn abhängig." Im Jahr 2022 wurden im Nachbarland 130.000 Stück erlegt, österreichweit 55.000.
Eine weitere wichtige Maßnahme zur Bekämpfung des Schwarzwildes sei der seit 2022 erlaubte Einsatz von Nachtsichtgeräten. Die Bejagung selbst gilt als eine der größten Herausforderungen im Jagdwesen. Wer ein Wildschwein erlegen will, muss nachts oft Stunden aufbringen, um bei günstigem Mondlicht Erfolg zu haben.
Das Wildschwein ist ein Anpassungskünstler
"Wildschweine sind nachtaktiv, sehr intelligent und leben in Gruppen, also Rotten. Wird ein Tier erlegt, bemerkt der Rest der Rotte das und meidet die Flächen in der Folge. Sie lernen also aus diesen Fehlern und passen ihr Verhalten an, was die Bejagung erschwert", erklärt Wildökologe Leopold Obermair.
In Gebieten, wo bereits Wölfe leben, gehen Sauen zudem in immer größeren Rotten zusammen, "um sich besser verteidigen zu können. Diese Punkte machen zusammengenommen die Bejagung von Schwarzwild zu einer Herausforderung", so Obermair.
Laut dem Experten ist Ostösterreich aufgrund der Höhenlage, des milden Klimas sowie des Ackerbaues bevorzugter Lebensraum. Das Schwarzwild profitierte im vergangenen Jahr vom milden Winter und einer starken Eichelmast. Die Früchte der Eichen sind für Wildschweine eine Delikatesse und proteinreiche Nahrungsquelle.
"Das ist auch der Grund, weshalb wieder stärker regulierend in die Bestände eingegriffen wurde. Eine präventive Maßnahme, um im Falle eines Ausbruchs der Schweinepest das Risiko einer Ausbreitung möglichst zu reduzieren", erklärt NÖ-Landesjägermeister Josef Pröll.
132.000 Jäger freuen sich: 71 Prozent Zustimmung für die Jagd
Gerade bei Tierschützern steht die Jagd in Österreich oft am Pranger. Aber wie nimmt die Öffentlichkeit den Abschuss von Tieren wahr?
Um darauf Antworten zu erhalten, hat die Dachmarke Jagd Österreich zusammen mit dem europäischen Jagdverband eine Umfrage des Instituts YouGov unter 1.050 Personen in acht Ländern durchführen lassen. Die Analyse von über 10.000 Antworten hat ergeben, dass die Mehrheit der Befragten die Jagd akzeptiert. Einer der Spitzenreiter dieser Umfrage ist Österreich mit über 70 Prozent Akzeptanz.
- Mit exakt 71 Prozent Zustimmung (40 % starke Zustimmung, 31 Zustimmung), 16 Prozent Enthaltung und 13 Prozent Ablehnung, sprach sich die Mehrheit der befragten Österreicher für die Jagd aus.
- 70 Prozent der abgefragten finden es okay, wenn Jäger sich Trophäen an die Wand hängen, 14 Prozent lehnen dies ab.
- Trotz der hohen Akzeptanz besteht gleichzeitig großer Informationsbedarf über die Jagdausübung. 61 Prozent der Befragten fühlen sich über die Jagd schlecht informiert.
Die Kampagne #DasistJagd, zu finden unter dasistjagd.at auf Social Media und im Internet, soll hier Aufklärung schaffen und die vielfältigen Aufgaben und Pflichten der Jägerinnen und Jäger beleuchten.
"Die im Oktober vergangenen Jahres durchgeführte Umfrage war eine nüchterne Bestandsaufnahme zur Jagd in Europa und Österreich. Wir freuen uns, dass die Akzeptanz in Österreich so gut ist. Wir werden uns aber nicht auf den Lorbeeren ausruhen, sondern unsere gute Arbeit fortsetzen, denn wir sind den Wildtieren verpflichtet", sagt Jagd Österreich sagt Präsident Maximilian Mayr Melnhof.
Die Umfrage zeige aber auch, dass jagdfeindliche Desinformationen am gesunden Menschenverstand zerschelle. "Es gibt oft eine Meinung zur Jagd, aber nur wenig Wissen. Das ist gerade bei emotionalen Themen, wie es das Wildtiermanagement sein kann, eine große Herausforderung."
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