Jung, weiblich, treffsicher: Die Jagd im Wandel

Der Umgang mit der Waffe will geübt sein: Viktoria Wurmbrand-Stuppach beim Schießtraining
Seit Wochen verbringt Viktoria Wurmbrand-Stuppach ihre Freizeit am Schießplatz. Hämische Blicke von g’standenen Mannsbildern im Grünrock gab es dort früher vielleicht einmal. Heute ist der Anblick einer jungen Mutter, die mit der Flinte die Tontauben vom Himmel holt, schon fast alltäglich.
Die angehende Jungjägerin (31) trainiert im Steyr-Arms Jagd- und Schießzentrum in Wiener Neustadt für die Jagdprüfung in einigen Wochen. Dabei ist die junge Frau in bester Gesellschaft. Die Jagd ist in den vergangenen Jahren weiblicher geworden – besonders durch die Anfängerinnen. „Wir haben bereits einen Frauenanteil von 25 Prozent bei den Jungjägern“, erklärt Niederösterreichs Landesjägermeister Josef Pröll. Gemessen an den insgesamt 36.471 Mitgliedern des Verbandes NÖ sind das 10,5 Prozent.
Wieso gerade jetzt Frauen die Liebe zur Jagd erkennen, hat auch den Verband interessiert. Deshalb hat man mit dem Gallup Institut eine Umfrage unter Jägerinnen durchgeführt. Sie melden sich für den Jagdkurs und die Prüfung vorwiegend aufgrund der Sehnsucht zur Natur an, außerdem um die ökologischen Zusammenhänge zu verstehen sowie einen Beitrag zum Naturschutz zu leisten.

Symbolbild
Ein wichtiger Punkt ist aber auch das Thema Ernährung. Regionalität, artgerechtes Aufwachsen des Tierbestandes, gesundes und hochwertiges Wildbret und das schonende Erlegen; sehr oft kam das Argument, sich mit dem Fleisch selbst zu versorgen. „Mit dem wertvollen Nahrungsmittel trifft man genau den Nerv der Konsumenten. Die Nachfrage nach Wildfleisch boomt“, sagt Pröll. Während in der Vergangenheit sich viele Frauen davor scheuten, Reh, Hase oder Fasan zu schießen, ist diese Angst laut der Umfrage eher in den Hintergrund getreten.
Gesunde Ernährung
Viktoria Wurmbrand-Stuppach hat ihre besonderen Beweggründe, den Jagdschein zu machen. „Da ich in eine traditionelle Jägerfamilie geheiratet habe, wurde ich mit der Jagd konfrontiert und deshalb interessiere ich mich auch dafür. Als ernährungsbewusster Mensch mag ich Wildbret, da es wohl kein gesünderes Biofleisch gibt. Außerdem habe ich meine Leidenschaft fürs Schießen entdeckt“.
Was es alles an Wissen benötigt, um die Jagdprüfung zu meistern, hat die 31-Jährige überrascht. Das „Lexikon“ der Grünröcke, der neu aufgelegte Jagdprüfungsbehelf, ist ein dicker Schmöker mit 832 Seiten. Wildökologie, Naturschutz, Landwirtschaft, Forst, Wildtier- und Waffenkunde sind nur einige Themen, in denen man – oder besser Frau – firm sein muss.
Der NÖ Jagdverband zählte Ende 2022 36.471 Mitglieder. Der Frauenanteil liegt bei 10,5 Prozent. 79 Prozent der 1.178 Kandidaten absolvierten im Vorjahr positiv die Jagdprüfung, 25 Prozent davon waren Frauen. Das Durchschnittsalter der angehenden Jungjägerinnen und -jäger liegt bei 34 Jahren und damit 20 Jahre unter dem aktuellen Altersschnitt aller Mitglieder.
Abschusszahlen
Im Jahr 2022 wurden in Niederösterreich 25.793 Wildschweine (- 19%) erlegt, außerdem 82.916 Rehe (+1%) , 8.138 Stück Rotwild (+3%), 1.663 Gams (+5%) und 44.711 Feldhasen (+25%).
Im Rahmen der Wildökolandaktion wurden bei 4.347 Projekten bereits 3,7 Millionen Bäume auf einer Fläche von 1.731 Hektar gepflanzt. Im Vorjahr waren es 18.100 Pflanzen auf rund 15 Hektar Fläche.
Im Zuge der Aus- und Weiterbildung veranstaltete der NÖ Jagdverband 2022 173 Seminarveranstaltungen zu unterschiedlichen jagdlichen Themen, die regionale Unterschiede berücksichtigen und zu einer standortgerechten Hege und Pflege der Lebensräume und Wildtiere beitragen.

Wildökologe Leo Obermair und Landesjägermeister Josef Pröll
„Der Klimawandel verändert die Naturlandschaft und auch die Wildtierbestände“, erklärt Wildökologe Leo Obermair. Deshalb ist es nötig, „das Wissen, die Ausbildung und den Jagdbetrieb laufend anzupassen.“ Eine der aktuell größten Herausforderungen sei die rasante Zunahme des Wolfsbestandes mit mindestens vier Rudel im Waldviertel. „Gleichzeitig drängen immer mehr Sportler und Freizeitnutzer in die Wälder. Die wenigsten kennen aber die Zusammenhänge und wissen, wie man sich in der Natur richtig verhält“, meint Pröll.
Tod durch Mähdrescher
Gerade jetzt ist die Jägerschaft gefragt, um Tausende Rehkitze, Hasen oder Jungvögel vor dem Tod durch den Mähdrescher zu bewahren. Mit Drohnen werden die Felder vor der ersten Mahd nach den versteckten Tieren abgesucht. Sie werden schonend gefangen und woanders wieder ausgesetzt.
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