Der Semmering – beliebtes Ziel der „feinen Gesellschaft“ Wiens sowie namhafter Künstler in der Monarchie, Inbegriff mondäner Sommerfrische zur Zwischenkriegszeit. Die große Vergangenheit und das verstaubte Image hat den Kur- und Fremdenverkehrsort aber mehr geschadet, denn genützt. Damit soll nun aber Schluss sein: Erstmals seit langer Zeit besteht für den Kurort die Chance, aus der Nostalgiefalle zu entkommen, wissen Touristiker.
Für gleich drei der bekanntesten Monumentalbauten am Semmering – das Kurhaus, das Südbahnhotel und das Grandhotel Panhans – liegen vielversprechende Entwicklungskonzepte vor. Am meisten wird dem neuen Eigentümer des Südbahnhotels, Christian Zeller, und dem Grazer Hotelier Florian Weitzer zugetraut, der das alte Kurhaus in das Grand Semmering verwandelt.
Beim Land Niederösterreich spricht man in höchsten Tönen von den beiden Projektanten – und das nicht nur aus Zweckoptimismus. Der niederösterreichische Immobilienentwickler Christian Zeller stimmt seine Ideen laufend sehr eng mit den Touristikern des Landes ab. 1976 hatte der letzte Gast das Südbahnhotel verlassen. Seither wurde an den Zimmern nichts verändert. Zeller plant aber schon ab dem kommenden Jahr in der schlossartigen, 18.000 Quadratmeter großen Immobilie, ein ganzjähriges Kulturprogramm. Geholt hat er dafür den bekannten Kulturmanager Stefan Wollmann.
Bekannter Milliardär aus Bremen
Die 100 Betten werden laut dem Betreiber dafür nicht ausreichen, daher ist ein Um- und Ausbau bis zum Jahr 2025 geplant. „Wir sind überglücklich, dass die Kultur im Südbahnhotel beheimatet bleibt. Beim heurigen Kultursommer wurden 14.500 Karten verkauft. Das ist wirtschaftstouristisch für uns sehr wichtig“, sagt der Semmeringer Bürgermeister Hermann Doppelreiter (ÖVP). Was die wenigsten wissen: Zeller ist mit dem Kauf ein großer Wurf gelungen, denn auch die Bremer Milliardärsfamilie rund um Werft-Eigentümer Peter Lürßen liebäugelte mit dem geschichtsträchtigen Haus, konnte die Option aber nicht ziehen.
Lürßen hat sich über eine seiner Gesellschaften allerdings stillheimlich zwei weitere Top-Adressen am Semmering gesichert. Das 1895 vom Schriftsteller, Politiker und Luftfahrt-Pionier Viktor Silberer (1846-1924) erbaute Silbererschlössl wurde ihm für 3,9 Millionen Euro angeboten. Lürßen schlug zu, ebenso wie bei der 1881 errichteten Villa Schüler am Fuße des Pinkenkogels. Für die Milliardärsfamilie scheint Österreich ein interessantes Pflaster zu sein. 2019 kaufte der Bremer Unternehmer den Magna Racino Pferdesportpark von Frank Stronach in Ebreichsdorf (Bezirk Baden). Kolportierte Kaufsumme: fast 40 Millionen Euro. Ob Lürßen mit seinen Objekten am Semmering auch eine touristische Nutzung plant, ist laut Gemeinde bis dato nicht bekannt.
So ambitioniert die anderen Hotelprojekte am Semmering auch sind, gefragt ist vor allem Geduld. Denn die denkmalgeschützten Bauten stehen auf Naturschutzgebiet mitten im UNESCO-Weltkulturerbe Semmeringbahn. Jede Veränderung muss über den Tisch von Sachverständigen und Denkmalschützern. Wenn jemand wie Florian Weitzer für 40 Millionen Euro mit dem Grand Semmering den Kurort aus dem touristischen Dornröschenschlaf holen will, sind das jedoch keine idealen Voraussetzungen, erklärte sein Geschäftsführer Michael Pfaller.
Eingereicht sind Zubauten für ein Parkdeck und einen Wellnessbereich. „Das Naturschutzverfahren soll bald abgeschlossen sein. Die Umwidmung der Flächen soll im späten Frühjahr durch den Gemeinderat erfolgen“, so Bürgermeister Doppelreiter.
Weiter ist man da im Panhans. Die Umwidmung für einen, seit Jahren geplanten, talseitigen Zubau einer Wellnessoase und eines Parkplatzes ist dieser Tage abgeschlossen worden. Spätestens im Februar soll sie im Gemeinderat abgesegnet werden. Allerdings herrschen große Zweifel, ob die ukrainischen Investoren das Millionenprojekt überhaupt noch auf die Beine stellen können. Ihr Fokus liegt auf dem Betrieb des Skigebietes.
Das Grandhotel ist hingegen eines der Sorgenkinder der grauen Eminenz der Panhans-Group – des ukrainischen Industriellen und Ex-Gouverneurs von Odessa, Igor Palytsia. Seine Ambitionen sind auch für das Land NÖ schwer durchschaubar. Das Panhans ist bereits seit 2016 geschlossen, einem Verkauf zeigte man sich zuletzt nicht abgeneigt.
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