Damit das kostbare Nass nicht unnötig versiegt, wird bereits im Zuge des Tunnelbaus eine eigene Drainageleitung für nutzbares Bergwasser eingelegt. Beim Portal in Gloggnitz wird das Wasser gesammelt. Nach Baufertigstellung 2028 will die EVN ein Projekt umsetzen, um das Trinkwasser ins öffentliche Netz einzuspeisen, bestätigt der Geschäftsführer von EVN Wasser, Franz Dinhobl. Das restliche, nicht als Trinkwasser geeignete Nass aus dem Tunnel, rinnt in den Schwarza-Fluss und bleibt dem Kreislauf erhalten.
Ein ähnliches Projekt hat man kürzlich schon umgesetzt. Das anfallende Bergwasser aus dem Semmering-Straßentunnel der Schnellstraße S 6 wird über eine 3,5 Kilometer lange Leitung auf die Passhöhe gepumpt – rund 900.000 Liter pro Tag. Es liefert seit heuer das Wasser für das gesamte Beschneiungssystem im Weltcup-Skigebiet am Hirschenkogel, erklärt Semmerings Bürgermeister Hermann Doppelreiter (ÖVP). Eine zweite Leitung verbindet den Tourismusort mit der Trinkwasserversorgung von Schottwien.
Die größten Auswirkungen auf den Wasserhaushalt hat der Semmering-Basistunnel derzeit am Fuße des Sonnwendsteins. Die Göstritzquellen sind so gut wie versiegt.
Die ÖBB haben in Abstimmung mit der Gemeinde Göstritz bereits „umfangreiche Ersatzmaßnahmen getroffen“, erklärt ÖBB-Sprecher Christopher Seif. Dem Besitzer einer wichtigen Quelle bei Schottwien wurde der Wasserbezug abgekauft. Außerdem wurde ein neuer, größerer Hochbehälter auf Kosten der ÖBB errichtet. Im Zuge des jüngsten Projekts, „hat man zu Beginn des Jahres einen Brunnen in den Adlitzgräben abgeteuft, um eine weitere Möglichkeit der Wasserversorgung der Marktgemeinde Schottwien zu schaffen“, so Seif.
Die Errichtung der Transportleitungen, des notwendigen Brunnenhauses und der Pumpstationen wurde Mitte Juni von den ÖBB ausgeschrieben und befindet sich aktuell in der Angebotsphase. Ein Baubeginn ist für Mitte August, die Fertigstellung und Inbetriebnahme im Herbst 2022 geplant, sagt Seif. Bis dahin sei eine Notversorgung über die Gemeinde Semmering möglich.
Trinkwasser-Versorgung stößt an ihre Grenzen
Hermann Doppelreiter ist in keiner einfachen Lage. Einerseits weiß der Bürgermeister von Semmering, dass bald ein Raunen durch die Tourismusregion gehen wird. Schließlich weiß man, dass der Grazer Hotelier Florian Weitzer nicht kleckert, sondern klotzt. 2019 hat er mit dem Kurhaus einen der beeindruckendsten Monumentalbauten am Semmering erworben. Für 40 Millionen Euro will der Unternehmer ein neues Schmuckkästchen aus dem 1909 errichteten Gebäude machen.
Durch das neue Grand Semmering und die mögliche Wiedereröffnung des Grandhotel Panhans wächst die 537-Seelen-Gemeinde mit einem Schlag um ein Vielfaches, was die erwartete Gästeanzahl und Beschäftigte anbelangt. „Es kommen mit einem Schlag große Wasser-Abnehmer dazu. Dafür ist das 140 Jahre alte Trinkwassernetz aber nicht ausgelegt. Wir überlegen uns deshalb etwas für die Zukunft“, sagt Doppelreiter im Gespräch mit dem KURIER. Wenn die touristische Entwicklung startet, müssen die nötigen Voraussetzungen bereits vorhanden sein. Deshalb sind derzeit eigenständige Quellfassungen im Gespräch.
In Anlehnung an Weitzers Grand Wiesler in Graz und das Grand Ferdinand in Wien wird das Kurhaus künftig Grand Semmering heißen. Und groß sind auch die Pläne. Neben einer kompletten Revitalisierung, ohne den historischen Kern und die Atmosphäre zu verlieren, sind zwei Zubauten angedacht. Einmal für ein unterirdisches Parkdeck sowie für einen Betten- und Wellnesstrakt.
Die Genehmigungen für die Umbauten des Hauses, das im streng geschützten Landschafts- und EU-Schutzgebiet sowie auf Boden des UNESCO-Weltkulturerbes steht, ziehen sich erfahrungsgemäß.
Der Geschäftsführer der Weitzer-Hotelgruppe, Michael Pfaller, rechnet mit keinem Ergebnis vor Jahresende. Florian Weitzer sei es ein wesentliches Anliegen, an der Außenhülle des historischen Gebäudes so wenig wie möglich zu verändern.
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