Also doch: Ungarn schreibt Projekt am Neusiedler See neu aus

Ungarns Regierung hält am umstrittenen touristischen Großprojekt am Ufer des Neusiedler Sees bei Fertörákos fest. Das Vorhaben wird neu ausgeschrieben – aber mit geringerem Investitionsaufwand, wie am Freitag bekannt wurde.
Unter anderem wurde der Bau eines Hotels gestrichen.
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Die Fertigstellung ist laut ungarischen Medien in zweieinhalb Jahren vorgesehen. Eine erste Ausschreibung, damals noch mit einem Gesamtvolumen von 60 Millionen Euro, war 2022 wegen Finanzierungsproblemen und am Widerstand von Umweltschützern gescheitert.
➤ Mehr dazu hier: Neuer Anlauf für ungarisches Megaprojekt am Neusiedler See?
Aber was ist jetzt konkret geplant?
Die neue Ausschreibung besteht aus zwei Teilen. Zum ersten Teil gehören unter anderem ein Jacht- und Bootshafen, der Strand mit Versorgungsgebäuden, ein Segelklub, Parkplätze für etwa 400 Fahrzeuge sowie ein Öko- und Freizeitpark.
Der zweite Teil umfasst den Bau eines Besucher- und Ökozentrums. Zusammengefasst: Insgesamt wurde die Fläche nicht kleiner, aber die Anzahl der Gebäude wurde verringert.
Schon im Vorfeld hatte die ungarische Regierung Greenpeace und der UNESCO zugesagt, das Vorhaben neu zu konzipieren. Seit Bekanntwerden des Projekts hatte es immer wieder Proteste von Umwelt- und Naturschützern gegeben.
Laut Ausschreibung dürfen sich jetzt nur Firmen bewerben, die mindestens über einen Experten für Naturschutz und den nötigen finanziellen Hintergrund für die Realisierung des Projekts verfügen. Dabei soll das Volumen einzelner Gebäude im Sinne der Minimalisierung von Umwelteinflüssen bedeutend verringert werden.
➤ Mehr dazu hier: UNESCO will Beratungsmission an den Neusiedler See schicken
- Vorgeschichte
2019 wurde bekannt, dass Ungarn ein touristisches Großprojekt am Ufer des Neusiedler Sees plant.
- Probleme
Dann gab es Finanzierungsprobleme, Proteste von Umweltschützern und Gerichtsverfahren – jetzt geht alles von vorne los.
- 115,04 Meter über Adria
Der Wasserstand des Neusiedler Sees am Montag zu Redaktionsschluss – sechs Zentimeter höher als vor einer Woche, aber 35 Zentimeter unter dem langjährigen Mittel.
Ursprünglich hätte das Projekt ja bombastisch ausfallen sollen. Unter anderem war ein Jachthafen mit 850 Liegeplätzen, ein Hotelkomplex mit 100 Zimmern und ein Parkhaus mit über 800 Stellplätzen geplant. Bis zu 70 Hektar Fläche direkt am Neusiedler See hätten verbaut werden sollen.
Das ungarische Großprojekt war in Österreich und insbesondere im Burgenland von Beginn an wegen umweltrechtlicher Bedenken auf Gegenwind gestoßen. Auch die österreichischen Tourismusbetriebe rund um den See waren alarmiert, hatten ungarische Regierungsvertreter das Projekt doch mehrmals als "Gegenangriff auf den österreichischen Tourismus" bezeichnet.
➤ Mehr dazu hier: Ungarns Kampfansage an Österreichs Tourismus
- Zone 1: Der Hafen
Die erste Zone umfasst das Hafengebäude auf einer Fläche von netto 200 m². Hier werden Einrichtungen wie das Wasserpolizeiamt, Lagerhäuser, Warteräume und Erste-Hilfe-Stationen untergebracht sein. - Zone 2: Der Strand
Die zweite Zone wird ein vielseitiger Raum für Veranstaltungen und Freizeitaktivitäten im Freien. Sie umfasst ein Catering-Restaurant-Buffet mit Terrasse, Wassersportlager, Umkleideräume, Spielplätze, Sportplätze und einen Kinderbecken-Strand. - Zone 3: Der Segelclub
Die dritte Zone widmet sich dem Segelsport. Hier wird ein Vereinsgebäude mit einer Nettofläche von 960 m² errichtet. Es wird verschiedene Einrichtungen wie Büros, Umkleideräume, Fitnessstudios und Campingunterkünfte beherbergen. - Zone 4: Der Ankunftsbereich
Die vierte Zone ist der Ankunftsbereich. Hier wird es ein Betriebsgebäude, Besucher- und Mitarbeiterparkplätze, Bushaltestellen, Wartestationen, eine Fußgängerbrücke und eine Touristeninformationsstelle geben. - Zone 5: Der Ökopark
Die fünfte Zone ist der Ökopark, der auf einer Fläche von 103.265 m² angelegt wird. Dieser Bereich soll Grünflächen bewahren und gleichzeitig kleine Freiluftgebäude für Vogelbeobachtung und Aussichtspunkte beinhalten.
Zuletzt wehte der Wind aus ähnlicher Richtung. Ungarns Bauminister János Lázár vermutete hinter dem vorübergehenden Aus "Interessen österreichischer Geschäftskreise", die sich für einen Stopp des Vorhabens stark gemacht hätten, zitierte das Onlineportal atlatszo.hu.
Tatsächlich gab es aber mehrere Verfahren vor Gericht, die Ungarn allesamt verloren hat. Zuletzt etwa die Aufhebung der im Mai 2023 verlängerten Baugenehmigung, laut der eine noch größere Fläche als ursprünglich vorgesehen bebaut werden sollte.
➤ Mehr dazu hier: Neuer Anlauf für ungarisches Megaprojekt am Neusiedler See?
Was die neue Ausschreibung nun konkret für offene Fragen, wie etwa jener nach dem Status des Neusiedler Sees als UNESCO-Welterbestätte, bedeutet, ist unklar. Erst unlängst war eine Delegation am Neusiedler See, um den aktuellen Status zu überprüfen. Laut Umweltschützern könnte dieser in Gefahr sein, es drohe die Eintragung auf die "Rote Liste" oder sogar die Aberkennung.
Leichte Erholung nach den jüngsten Regenfällen gibt es dafür an der vielleicht wichtigsten Front – dem Wasserstand. Dieser ist zuletzt um etwa sechs Zentimeter gestiegen und lag am Montag zu Redaktionsschluss bei 115,04 Meter über Adria (müA) – und damit zwar um 16 Zentimeter höher als im Vorjahr, aber dennoch um etwa 35 Zentimeter unter dem langjährigen Mittel (seit Beginn der Messungen 1965).
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