Paradies hier und jetzt
In Summe geht es um die Schaffung eines Paradieses. Und zwar hier und jetzt auf Erden und nicht erst irgendwann im Jenseits. Das klingt mehr nach Marxismus als nach Christentum und Judentum, für die es das Paradies erst im Jenseits gibt.
In Allahs Paradies halten sich alle Menschen an seine Gesetze und leben friedlich miteinander. Klingt no na. Aber auf der arabischen Halbinsel geht es in dieser Zeit zu, wie heute zwischen den Drogenkartellen in Mexiko. Die verschiedenen Clans und Sippen bekriegen sich bis aufs Blut. Insofern ist Mohammeds Friedensaufforderung auch eine politische Botschaft.
Diese friedliche und harmonische Welt hat auch einen Namen: Dar as-Salam, Haus des Friedens. Dieses Haus kann man aufbauen, wenn man sich der neuen Lehre hingibt. „Sich hingeben“, das bedeutet Islam. Übrigens: Mohammed war Analphabet. Seine Überlieferungen werden daher erst nach seinem Tod im Koran zusammengefasst.
Mohammed macht sich mit seiner neuen Lehre auch Feinde. Zunächst flieht er aus Mekka, um einem Mordanschlag zu entkommen. Er geht nach Medina. Dort herrschen zwischen den Clans bürgerkriegsähnliche Zustände. Mit seiner Lehre von absoluter Gerechtigkeit und Gleichheit vor Gott findet Mohammed unter den leidgeprüften Bewohnern von Medina rasch Anhänger. Er wird jetzt Politiker und Feldherr.
Religion und Politik vereint
Seine neue Lehre setzt er mit Waffengewalt durch. Unter anderem gegen zwei jüdische Clans, die in Medina ansässig waren. Nach seinem Sieg in Medina ist Mohammed nicht länger nur religiöser, sondern auch weltlicher Anführer. Er verbindet damit Religion und Staat. Es ist der Ursprung des Gottesstaates.
Von da an ändern sich übrigens auch die Koranverse. In Mekka hatte Mohammed viel von Nächstenliebe und Mildtätigkeit gelehrt. Und er hatte ausdrücklich zum Dialog mit Christen und Juden aufgerufen. In Medina geht es plötzlich um den „Heiligen Krieg“ gegen die Nicht-Gläubigen. In einem Vers des Koran heißt es etwa: „Die Gläubigen sollen kämpfen gegen diejenigen, die nicht an Gott und den Jüngsten Tag glauben.“ In einem weiteren Vers ist dann von der Bekämpfung aller (also auch Christen und Juden) die Rede, die gegen den Islam sind: Sie sollen getötet werden. Es sind diese Passagen, auf die sich Islamisten gerne berufen.
Im Jahr 630 kehrt Mohammed nach Mekka zurück. Zwei Jahre später stirbt er. Seine Nachfolger sind die Kalifen, die so wie er oberste politische und religiöse Anführer sind. Binnen hundert Jahren breitet sich der Islam bis zum Indus und bis nach Spanien aus. Mit Waffengewalt. Ein wesentlicher Unterschied gegenüber anderen Weltreligionen. Erst 732 werden die Araber in Frankreich gestoppt. Von Karl Martell. Sein Enkel, Karl der Große, wird dann friedliche Beziehungen zum berühmten Kalifen Harun ar Raschid unterhalten. Übrigens: Adolf Hitler hat den Sieg Karl Martells in seinen obskuren Tischgesprächen bedauert. Sonst wäre Deutschland vielleicht islamisch geworden und er, Hitler, hätte sich mit den Predigern des Heiligen Krieges leichter getan als mit den „christlichen Friedenspfaffen“.
Macht und Glaube
Der Erfolg der kriegerischen Expansion des Islam im siebenten Jahrhundert unter den Kalifen beruht auf der Einheit von Macht und Glauben. Das ist der Reiz und zugleich das Verhängnis des Islam: Er ist nicht nur eine spirituelle Heilslehre, sondern auch eine politische Utopie. Und die umfasst alle Bereiche des menschlichen Zusammenlebens. Wirtschaft und Politik und auch das Rechtssystem. So beschreibt die Scharia, die ihre Grundlage im Koran hat, alle religiösen und rechtlichen Normen.
Während im abendländischen Recht alles erlaubt ist, was nicht gesetzlich verboten ist, verbietet der Islam alles, was nicht gesetzlich erlaubt ist. Ein Konzept, in dem der Islam neben anderen Religionen und gesellschaftlichen Ideen als gleichberechtigter Teil einer pluralistischen Gesellschaft existiert, ist deshalb nicht vorhanden. Weil der Islam den absoluten und alleinigen Wahrheitsanspruch erhebt. Dazu zählt auch die Einheit von Religion und Staat. Oder wie es ein gewisser Ayatollah Khomeini einmal formulierte: „Was wäre der Islam ohne Politik? Nichts!“