Politik/Inland

Anwaltshilfe für Russen und ein weiterer Auftritt von Schmid

Mit großer Spannung waren sie erwartet worden: Jene beiden Russen, mit denen die Verteidigung von Ex-Kanzler Sebastian Kurz die Glaubwürdigkeit von Thomas Schmid in Zweifel ziehen wollte. 

Die österreichische Botschaft in Moskau stellte die Leitung zur Verfügung, ein Techniker stand Richter Michael Radasztics im Großen Schwurgerichtssaal zur Seite und am Mittwoch, kurz nach 13 Uhr (zuvor war Ex-ÖBAG-Aufsichtsrat Günther Helm befragt worden), flimmert das Bild auf die Leinwand: Walerij A.,  russischer Ölmanager Anfang Sechzig. Schwarzes Sakko, weißes Hemd, blaue Krawatte.

„Einen schönen Nachmittag nach Moskau, können Sie uns hören?“ Die Stimme am anderen Ende  kommt blechern an. Doch die Leitung steht.

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Geiselverhandler?

Walerij A. war es, der Thomas Schmid zwei Mal im vergangenen August in Amsterdam traf. Es war eine Art Bewerbungsgespräch, Schmid kam als Geschäftsführer eines großen Ölprojektes (Details darf der Zeuge nicht nennen) in Georgien infrage. Doch wie kam der Russe zu Schmid? „Ein Bekannter hat ihn empfohlen“, sagt Walerij A. Sein Lebenslauf klang vielversprechend. Unter anderem hatte Schmid angeführt: „Verhandlung für die Freilassung von österreichischen Geiseln im Jemen“. „Das ist wohl die komplizierteste Art von Verhandlungen“, ist der Russe beeindruckt. „Da hat Herr Schmid wohl geschwindelt. Er war nur Pressesprecher“, wird er  von Bernhard Bonellis  Anwalt Werner Suppan auf den Boden der Tatsachen gebracht. Am Abend lässt das Außenministerium auf Nachfrage von oe24 wissen, dass "Geiselbefreiung nicht zu den Aufgaben eines Pressesprechers gehört".

Doch das war es nicht, was Walerij A. schließlich an Schmid störte. Es war sein „Verrat“. Konkret der an seinem Team – gemeint ist speziell Sebastian Kurz. 
„Schmid war ein sehr hoher Manager, spricht gut Englisch und hat sehr gute Kontakte in Europa“, schildert der Zeuge. Russisch-Kenntnisse oder Erfahrung im Ölgeschäft seien weniger wichtig gewesen. Allerdings sei „Vertrauen das Allerwichtigste im Geschäft“ betont er. Und eben das habe ihm gefehlt.

„Zu allem fähig“

Und das kam so: Beim Treffen sprach Walerij A. auch diverse Medienberichte an. Schmid habe erklärt , dass er von seinen „Freunden“ schwer enttäuscht sei und sie ihn für alles Schlechte verantwortlich machen würden. „So wird er seine Freunde nun auch behandeln“, soll Schmid geäußert haben. Und zudem, dass die WKStA starken Druck auf ihn ausübe. „Ich hatte den Eindruck, dass er dazu bereit wäre, etwas zu sagen, was nicht die Wahrheit wäre. Dass  er  zu allem fähig ist, um sich selbst zu retten“, meint der Zeuge. Das Wort Lügen habe er aber nicht in den Mund genommen. „Weil er ein kluger Kerl ist.“

➤ Zum Überblick: Acht Prozesstage gegen den Ex-Kanzler im Schnelldurchlauf

Unterhalten habe man sich damals auf Englisch. Und eben diese Fremdsprachen-Kenntnisse prüft auch der Richter im Prozess, setzt seine Befragung kurzerhand in der Fremdsprache fort, um einen „sprachlichen Eindruck“ zu gewinnen.

All das wäre nie an die Öffentlichkeit gedrungen, hätten Walerij A. und ein weiterer Russe nicht eidesstattliche Erklärungen dazu abgegeben. Und das kam so: Ein österreichischer Anwalt, der über die Jobabsage informiert war,  trat an die Russen heran und ersuchte sie, diese Information schriftlich festzuhalten. Wer das war? Ausgerechnet Otto Dietrich, der Anwalt von Sebastian Kurz.

Er half auch dabei, die eidesstattliche Erklärung aufzusetzen, die Walerij A. schließlich im November in Tiflis, Georgien, abgab. Wie Dietrich von dem Ganzen  überhaupt davon Kenntnis erlangte, bleibt beim Prozess unklar. Er war es schließlich auch, der die eidesstattlichen Erklärungen im Zuge des Prozesses vorlegte. 

Ticker-Nachlese: Blümel bestätigt Kurz' Linie + Urteil für 23. Februar erwartet

„Ich hatte nicht geplant, eine Aussage bei einem österreichischen Gericht zu machen“, sagt A., der zwischenzeitlich auch auf seinem Handy herumtippt.  Geld habe er dafür keines bekommen, betont er.

Spontane Absage 

Der zweite Zeuge, Aleko A., sagt am Nachmittag  überraschend ab. Walerij A. ist überrascht: „Ich habe heute Früh noch mit ihm telefoniert. Er hat gesagt, dass er kommen will.“ Nun fühle er sich unwohl, richtete er einem Mitarbeiter der österreichischen Botschaft in Moskau aus.

Richter Radasztics  startet einen neuen Versuch  zur Befragung, nämlich am  23. Februar, 8.30 Uhr. An diesem Tag soll auch noch einmal Thomas Schmid per Videokonferenz zu den neuen Sachverhalten einvernommen werden. 

Ob das  Urteil im Prozess wegen angeblicher Falschaussage gegen Kurz und Bonelli wie geplant am 23. Februar fallen kann, ist somit mehr als fraglich. Die WKStA überlegt zudem noch, ob sie Anwalt Dietrich befragen will. Die Plädoyers der WKStA und der Verteidiger werden mit Sicherheit nicht in aller Kürze abgehandelt.

Hier der Prozess-Ticker zur Nachlese: 

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Kurz und seinem einstigen Kabinettschef Bonelli wird von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) vorgeworfen, des damaligen Kanzlers Rolle bei den Postenbesetzungen kleingeredet zu haben. Die Angaben von Kurz widersprechen jenen Schmids, der bereits als Zeuge geladen war.