Zweiter Tag im Kurz-Prozess: Ziemlich beste Feinde

Zweiter Tag im Kurz-Prozess: Ziemlich beste Feinde
Ex-Kanzler geht mit seinem ehemaligen Vertrauten Thomas Schmid hart ins Gericht – und spart nicht an Kritik für die WKStA, deren Fragen er nicht beantwortet.

Die politische Erfahrung kann man Sebastian Kurz, dem ehemaligen ÖVP-Kanzler, nicht absprechen. Vier Stunden lang spricht er am Freitag im Landesgericht für Strafsachen in Wien fast in einem Monolog durch. Unterstreicht Worte, die ihm wichtig sind, mit ausladenden Gesten. Er beginnt seine Aussage so: „Sehr geehrte Damen und Herren. Danke für die Möglichkeit, einige Dinge klarzustellen.“ Und endet mit: „Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.“

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Ein Spagat

Am zweiten Tag des Kurz’-Prozesses wegen angeblich falscher Beweisaussage im Ibiza-Untersuchungsausschuss wagt der Ex-Kanzler einen Spagat. Auf der einen Seite will er verdeutlichen, unter welchem Druck er bei seiner Befragung stand. „Man wollte mich zerstören. Die Angst hat meine Formulierungen geprägt.“

Zum anderen ist er tunlichst darauf bedacht, zu bestärken, damals keine Falschaussage getätigt zu haben. „Ich habe mich nicht gründlich genug auf die Befragung im U-Ausschuss vorbereitet, ich habe zu schnell geantwortet. Aus heutiger Sicht war vielleicht nicht alles perfekt formuliert.“

„Ich hab kein Hirn wie ein Nudelsieb“ 
 Sebastian Kurz kann sich an gewisse Vorgänge sehr wohl noch erinnern 

„Ich komme aus keiner Königsfamilie“
 Kurz wirbt zwischendurch auf persönlicher Ebene um Verständnis

„Es ist nicht mein Führungsstil, dass ich etwas durchdrücken will. Ich wollte keine loyalen Lemminge in der Regierung“
 Kurz versucht sich auch als antiautoritärer Regierungschef darzustellen

„Mir hat es die Freude an der Politik geraubt“
Wobei ihm ob der  Anfeindungen gegen ihn die Lust daran vergangen sei 

„Siegfried Wolf wäre mit Thomas Schmid Schlitten gefahren“
Kurz über Schmids Ängste vor einen mächtigen Aufsichtsratschef

„Und das haben Sie sich aufs Aug’ drücken lassen?“
Richter Michael Radasztics glaubt nicht so recht daran, dass Schmid seine Eigeninteressen gegenüber Kurz durchsetzen konnte

„Vielleicht können Sie über Ihren Schatten springen“
Oberstaatsanwalt Gregor Adamovic versucht Kurz zu überreden, seine Fragen zu beantworten. Vergeblich

Richter Michael Radasztics bringt relativ rasch das Wort „Aussagenotstand“ ins Spiel. Das würde einen Freispruch ermöglichen. „Aber das setzt eine falsche Aussage voraus“, erinnert der Richter. „Haben Sie bei der Beantwortung der Fragen im U-Ausschuss strafrechtliche Ermittlungen in Betracht gezogen, hätten Sie die Fragen falsch beantwortet?“

Kurz steigt nicht auf das „Angebot“ des Richters ein. „Ich habe meiner Erinnerung entsprechend ausgesagt.“

"Wollte starker Kanzler sein"

Der nunmehrige Unternehmer Kurz betont seine Herkunft. „Ich komme aus keiner Königsfamilie, sondern aus ganz normalen Verhältnissen.“ Er schildert seinen Werdegang. Und seine Ambitionen als Politiker. „Ich wollte ein starker Kanzler sein.“

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