Kurz-Prozess: Pipifax und die Ortsgruppe Wolfsgraben

Kurz-Prozess: Pipifax und die Ortsgruppe Wolfsgraben
9. Prozesstag: Ex-Minister Gernot Blümel bestätigte Kurz’ Linie und entschlug sich mehrmals. Die russischen Geschäftsleute werden via Zoom von Moskau aus befragt

Die entscheidenden Informationen gibt’s am Donnerstag im Großen Schwurgerichtssaal des Landesgerichts für Strafsachen in Wien zum Schluss: Im Prozess gegen Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und seinen früheren Kabinettschef Bernhard Bonelli wegen angeblicher Falschaussage wird es kein Urteil im Jänner geben. Der Grund: Jene beiden russischen Geschäftsleute, denen Belastungszeuge Thomas Schmid erzählt haben soll, von der WKStA unter Druck gesetzt worden zu sein, sagen am 31. Jänner aus. „Mittels Zoom-Call aus der österreichischen Botschaft in Moskau“, wie Richter Michael Radasztics verkündet.

Urteile im Februar

Somit werden zwölf Verhandlungstage vergehen, ehe ein Urteil verkündet wird – das soll am 23. Februar passieren.

Bis dahin war der neunte Verhandlungstag eher plätschernd verlaufen. Als Zeuge war Gernot Blümel geladen. Der ehemalige Finanzminister, der im hellgrauen Anzug und schwarzen Rollkragenpulli erscheint, kündigt gleich zu Beginn an, dass er sich bei Fragen zum Sideletter entschlagen wird – was er dann auch mehrmals tut. Schließlich hatte die WKStA auch gegen ihn eine Anfangsverdachtsprüfung durchgeführt. Blümel legt keinen Wert darauf, wieder ins Visier der Korruptionsjäger zu geraten.

Der Prozess-Ticker zum Nachlesen

Doch zumindest anfangs muss er davon nicht Gebrauch machen. Er schildert seine Beziehung zu Kurz: „Ich kenne ihn sehr lange und sehr gut. Wir haben uns in der Jungen ÖVP kennengelernt. Wir sind freundschaftlich und beruflich bis heute miteinander verbunden.“ Und zu Thomas Schmid: „Ich habe mir fünf Jahre lang ein Büro mit ihm im Außenministerium geteilt. Wir waren privat und beruflich verbunden, haben aber aktuell keinen Kontakt. Wir haben uns gegenseitig zum Geburtstag gratuliert.“

Als Blümel über Postenbesetzungen sprechen soll, schildert er mehrmals seine persönlichen Erfahrungen als Minister: „Viele Menschen haben ihre Meinung abgegeben. Am Ende des Tages habe ich die Entscheidung getroffen.“ Ob Ex-Finanzminister Hartwig Löger auch freie Hand bei der Wahl der ÖBAG-Aufsichtsräte hatte? Mehrere Sekunden Schweigen folgen, ehe Blümel seine persönlichen Erfahrungen wiederholt.

Zurufer

Doch wer wollte denn jetzt aller bei Postenbesetzungen mitreden? „Es gab immer Zurufe“, bleibt Blümel vage. „Es macht einen Unterschied, ob der Zuruf von der Ortsgruppe Wolfsgraben kommt oder vom Bundeskanzler“, stellt der Richter fest.

Kurz-Prozess: Pipifax und die Ortsgruppe Wolfsgraben

 Ex-Kanzler Kurz will dem späteren ÖBAG-Chef Schmid nur gut zugeredet haben: „Du bist super, toitoitoi“  

Ob die Besetzung von Thomas Schmid als ÖBAG-Chef von Kurz ausgegangen sei? „Das entspricht nicht meiner Erinnerung“, sagt Blümel. Überhaupt sei das Thema ÖBAG in den Medien viel größer dargestellt worden, als es damals war. „Das war fast Pipifax im Vergleich zu anderen Themen. Es war nicht unwichtig, aber nicht das Wichtigste“, versucht Blümel zu erklären. Und natürlich wären Personalentscheidungen auch relevant gewesen. „Aber es ist absurd zu glauben, dass Sebastian Kurz alle selbst getroffen hat.“ Das greift auch Angeklagter Kurz an diesem Tag im Zuge einer Stellungnahme auf: „Meine einzige unterstützende Handlung für Thomas Schmid war, dass ich nett mit ihm geredet habe. Ich hab gesagt: Du bist super, toitoitoi.“

Zwischenbilanz im Kurz-Prozess

Als Oberstaatsanwalt Gregor Adamovic von Blümel wissen will, ob es vor der Verhandlung Kontakt mit Kurz gab (Kurz, Bonelli und Blümel teilen sich aktuell ein Büro, Anm.), passiert ein Versprecher. „In der Praxis, Herr Staatssekretär ...“, setzt Blümel an. „Ich bin Staatsanwalt, nicht Staatssekretär“, korrigiert Adamovic. „Kann ja noch werden“, merkt Blümel launig an. „Staatssekretär oder Staatsanwalt. Egal, Hauptsache Italien“, fügt der Richter in Anlehnung an ein legendäres Zitat von Fußballer Andreas Möller an.

Fortsetzung: 30. Jänner.

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