Kurz-Prozess: "Message Control" im Schwurgerichtssaal

Kurz-Prozess: "Message Control" im Schwurgerichtssaal
Der Ex-Kanzler und sein Team betreiben Medienarbeit wie zu Politzeiten – mit heftiger Angriffe auf die Anklagebehörde. Warum Experten diese Art der „Litigation PR“ kritisch sehen.

Für Ex-Kanzler Sebastian Kurz war die vergangene Woche eine entscheidende: Sein ehemaliger Weggefährte Thomas Schmid trat im Falschaussage-Prozess als Hauptbelastungszeuge gegen ihn auf.

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Kurz – noch immer durch und durch ein Polit-Profi – hatte sich auf den Montag nicht nur vorbereitet; er hatte ihn regelrecht durchchoreografiert. Sein Pressesprecher, der zuvor im Kanzleramt tätig war, kündigte gegenüber Medien eine „Bombe“ an.

Thomas Schmid

Thomas Schmid

Über den Tag verteilt wurden dann vier perfekt aufbereitete Presseaussendungen (mit Titel, Aufzählungspunkten und mit Beweismitteln im Anhang) verschickt. Ein Titel lautete: „Die Kronzeugen-Allianz: Die WKStA diktiert – Schmid serviert“.

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Zudem gelang es der Verteidigung, am Montag noch vor den Anklägern an die Reihe zu kommen – und damit das letzte Wort zu haben, bevor die Verhandlung um 18.30 Uhr vertagt werden musste. 

Gerade noch rechtzeitig zum Redaktionsschluss von Zeitungen und Fernsehen hatten Otto Dietrich und Werner Suppan also jene Enthüllungen, die zuvor in den Presseaussendungen aufbereitet worden waren, auch im Gerichtssaal präsentiert. Die WKStA musste mit ihren Fragen an Zeuge Schmid bis Freitag warten.

Kurz-Prozess: "Message Control" im Schwurgerichtssaal

Werner Suppan, Kurz' Anwalt

Waffenungleichheit

Was Kurz und sein Mitangeklagter Bernhard Bonelli da tun, nennt sich Litigation PR: Kommunikation in Begleitung von Strafverfahren. In den USA ist es längst üblich, dass Beschuldigte PR-Agenturen beauftragen, um sich öffentlich in ein günstiges Licht rücken zu lassen. 

In Europa kennt man diese Spielart seit den 2000er-Jahren, in Österreich kam sie erstmals in der Causa rund um den rätselhaften Tod des kasachischen Botschafters Rakhat Aliyev vor.

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