Aufsichtsrätin Ortner: "Niemand hat mir gesagt, der Herr Schmid muss Vorstand werden"

Es war ein Anruf im Jänner 2019. Als die Unternehmerin Iris Ortner ans Telefon ging, war der damalige Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) am Apparat. Ob sie denn Interesse an einem Aufsichtsratsposten in der ÖBAG habe, wollte er wissen. „Ich war sehr überrascht, aber sehr interessiert“, erinnert sich Ortner am Mittwoch. Die Tochter des Industriellen und ÖVP-Spenders Klaus Ortner war im Prozess gegen Ex-Kanzler Sebastian Kurz und seinen früheren Kabinettschef Bernhard Bonelli wegen angeblicher Falschaussage als Zeugin im Wiener Landesgericht für Strafsachen geladen.
Ortners Kür zur Aufsichtsrätin hatte schon in der Vergangenheit für Aufregung gesorgt. Es könnte ein Zusammenhang mit der Spendierfreudigkeit des Vaters bestehen, wurde vermutet. Ermittlungen in diese Richtung wurden aber eingestellt, Ortners Qualifikation für den Job (sie ist Geschäftsführerin im Familienunternehmen) stand außer Frage. Dennoch ist ihre Besetzung Thema. „Haben Sie mit Ihrem Vater Rücksprache gehalten?“, fragt Richter Michael Radasztics. „Ich habe ihn über den Anruf informiert. Er war stolz auf mich. Das war’s schon wieder“, erklärt Ortner.
Zehn Bewerber
In ihrer Funktion als Aufsichtsrätin war sie auch in die Bestellung von Thomas Schmid als ÖBAG-Chef involviert. „Es gab ca. zehn Bewerber. Vier sind in die engere Auswahl gekommen, eine Person davon hat zurückgezogen“, erinnert sie sich. Personalberater hätten anonymisierte Lebensläufe präsentiert. „Sie haben Thomas Schmid klar als Nummer eins gesehen. Sein Name wurde auch genannt“, schildert Ortner. Schmid habe sich sehr gut präsentiert, deshalb sei er einstimmig gewählt worden. Sie betont: „Niemand hat mir gesagt, der Herr Schmid muss Vorstand werden.“
Kurz zuvor fand bei Ortners Eltern ein Abendessen in illustrer Runde statt. Zu Gast war unter anderem Kurz mit seiner Lebensgefährtin. „Meine Eltern veranstalten mehrmals pro Jahr solche Termine mit Personen aus Kultur, Kunst, Wissenschaft, Politik und Industrie. Da sitzen 12 bis 14 Leute an einem länglichen Tisch“, erzählt Ortner. Dass (der nunmehrige Hauptbelastungszeuge) Schmid anwesend war, habe sie nicht mehr in Erinnerung gehabt. Worüber gesprochen wurde? „Über Privates und Politik. Aber nicht über die ÖBAG“, betont sie.
Warum der Vater denn so viel Geld an die ÖVP gespendet hat, will die WKStA wissen. Zuvor wird ein Mailverkehr eingeblendet, in dem er über seine politische Unzufriedenheit schreibt. „Besser, Sie fragen ihn“, beendet Ortner dieses Gespräch rasch.
"Gefühl von damals"
Auch Kurz und Bonelli melden sich im Prozess noch einmal zu Wort. „Diese Befragung hat in mir ein Gefühl von damals ausgelöst. Hier ging es um das Kriminalisieren von Spenden“, sagt Kurz, der erneut betont, er habe Angst vor strafrechtlicher Verfolgung haben müssen. „Die Leute in meinem Umfeld haben gesagt: Am Ende wollen sie dich. Leider ist es genauso gekommen.“

Sebastian Kurz vor Gericht
Die WKStA kontert mit dem Transkript eines ORF-Interviews mit Kurz. In einem Sommergespräch erklärt dieser: „Ich habe Hunderte Personalentscheidungen getroffen.“
Auch Bonelli betont die Angst vor strafrechtlicher Verfolgung bei seiner Befragung im Ibiza-U-Ausschuss. Er habe deshalb bewusst versucht, Antworten zu Aufsichtsratbestellungen auf die formalen Vorgaben zu beschränken.
Der Prozess wird am 25. Jänner mit der Befragung von Ex-Finanzminister Gernot Blümel fortgesetzt. Die beiden russischen Geschäftsleute, denen Thomas Schmid von Druck durch die WKStA erzählt haben soll, werden nicht persönlich als Zeugen in Wien aussagen. „Unfortunately we cannot travel to Austria“, ließen sich Richter Michael Radasztics wissen. Daher will der Richter die beiden Zeugen via Video befragen. Fix ist das allerdings noch nicht.
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