Wer mit Freunden und Wegbegleitern über den früheren ÖBAG-Boss Thomas Schmid spricht, der hört immer wieder dieselbe Geschichte: Es ist die Geschichte von einem, der die Bodenhaftung verloren hat. Dem gebürtigen Tiroler, so erzählen selbst ihm Wohlgesonnene, sei irgendwann alles zu Kopf gestiegen. „Die Macht“, sagt ein früherer Arbeitskollege, „hat den Tom verändert.“
Aufgewachsen bei Kitzbühel, studierte Schmid in Wien Jus und Politikwissenschaften, ehe er 2004 beim damaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser als Pressereferent anheuerte. „Thomas Schmid war fleißig, zuverlässig, höflich und immer erreichbar“, wird die frühere Kanzler-Sprecherin Heidi Glück später über ihn sagen. Schmid sei einer der angenehmsten Kollegen gewesen, mit denen sie zu tun hatte.
Glücks Chef Wolfgang Schüssel war es auch, der dem aufstrebenden Akademiker Schmid besonders imponiert hat.
Die vermutlich zentrale Weichenstellung kam allerdings nach Schmids Engagement für Alt-Kanzler Schüssel. Dann nämlich, als er für Michael Spindelegger zu arbeiten begann.
Der damalige Außenminister war es, der zwei andere politische Talente – Sebastian Kurz und Gernot Blümel – förderte. Und gemeinsam mit ihnen rückte Schmid auf. Bis hin zum mächtigen Generalsekretariat des Finanzministeriums, in das Schmid seinem Chef Spindelegger gefolgt war.
Viel Verve und Energie
Dort, also in der hohen Finanzverwaltung, hat sich Schmid anfangs auffallend stark gemacht für inhaltlich wichtige Projekte. Der Budget-Überschuss oder auch die neue Finanzverwaltung: Themen, die einem gewöhnlichen Steuerzahler langweilig und unbedeutend vorkommen, habe er, Schmid, mit Verve und Energie vorangetrieben, berichten Mitarbeiter des Ressorts.
Der Knackpunkt war schließlich, als seine Machtposition im Ministerium – also die des Kabinettschefs und Generalsekretärs – Schmids sozialen Kontakte beeinflusste. Der nachgerade hyper-kommunikativ Agierende umgab sich mit Wohlhabenden, Industriellen und Top-Managern, machte mit ihnen Urlaub, ließ sich teure Sportwagen für Spritztouren ins Ausland leihen.
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Grenzüberschreitung
„Er hat in die Luxus-Welt hineingeschnuppert und völlig vergessen, dass er als Top-Mitarbeiter der Verwaltung maximale Distanz wahren müsste“, erzählt eine Weggefährtin, die – wie so viele Gesprächspartner – lieber nicht mit Namen genannt werden will.
Die wirkliche Grenzüberschreitung war schließlich, dass sich Schmid für vermögende Privatpersonen in seiner Funktion persönlich verwendete. Die Steuer-Causa von Siegfried Wolf steht stellvertretend dafür und wird Schmid im Ministerium bis heute nachgetragen.
Als weisungsbefugter und ranghöchster Finanzbeamter der Republik hätte nicht einmal in die Nähe eines Verdachts kommen dürfen, dass er auf Steuer-Causen zugreift bzw. sie zugunsten seiner Bekannten oder Freunde beeinflusst.
Chats und auch reale Vorgänge deuteten freilich in eine andere Richtung.
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Zynismus
An sich selbst bemerkte Schmid später, als er sich bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft als Kronzeuge anbot, einen immer stärker werdenden Zynismus und Sarkasmus.
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Doch nicht alles, was in den für ihn und andere so fatalen Chats erwähnt wird, ist für bare Münze zu nehmen. Sätze wie „Jetzt muss ich wie der Pöbel reisen“ wirken für einen Gut-Verdiener, der sich über ein Economy-Ticket auslässt, ausnehmend arrogant.
Tatsächlich war vieles von dem, was in den verhängnisvollen WhatsApp-Nachrichten stand, halblustig bzw. sarkastisch gemeint. „Der Tom“, so erzählt ein Freund von ihm, „hat einfach ein loses Mundwerk gehabt. Der Pöbel-Satz war aber nicht arrogant, sondern ironisch gemeint. Aber das weiß man nur, wenn man ihn näher kennenlernt.“
Am Montag wird die Öffentlichkeit dazu Gelegenheit haben. Denn Thomas Schmid sagt aus.
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