Löger verspürte "keinen Druck" von Kurz, jetzt kommen die Russen

Löger verspürte "keinen Druck" von Kurz, jetzt kommen die Russen
Löger blieb vage und machte Erinnerungslücken geltend. Im Jänner sollen zwei russische Manager als Zeugen aussagen – zur Glaubwürdigkeit von Thomas Schmid.

Der ehemalige Finanzminister Hartwig Löger trägt grauen Anzug und Krawatte. Unter den Arm hat er einen grünen Ordner geklemmt. Der Inhalt soll ihm dabei helfen, die Abläufe zwischen 2017 und 2019 zu rekonstruieren. Denn es sind die Details, die am Montag im Großen Schwurgerichtssaal des Landesgerichts für Strafsachen in Wien entscheidend sind.

Löger ist ein wichtiger Zeuge im Falschaussage-Prozess gegen Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und dessen früheren Kabinettschef Bernhard Bonelli. Gleichzeitig muss Löger mit Bedacht antworten – er wird noch immer als Beschuldigter im Casinos-Verfahren geführt. „Da gibt es Querverbindungen. Ich bitte um Verständnis, wenn ich mich auf Anraten meiner Anwältin möglicherweise entschlagen werde“, kündigt er Richter Michael Radasztics an. Pikant: Zum Gerichtstermin begleitet ihn Anwältin Caroline Toifl. Eigentlich wird er aber von ÖVP-Anwalt Werner Suppan vertreten. So wie auch der angeklagte Bernhard Bonelli.

Entscheidende Frage

Am Ende des (Prozess-)Tages ist aber nur eine Frage entscheidend: Wer hatte das letzte Wort, wenn es um die Besetzung der Aufsichtsratsposten ging? Löger als Finanzminister oder Ex-Kanzler Kurz, wie die WKStA meint.

Der Prozesstag zum Nachlesen

Auf eine eindeutige Antwort lässt sich Löger trotz mehrmaliger Fragen nicht festnageln. Immer wieder macht er Erinnerungslücken geltend. Dafür erzählt er ausführlich, dass er das Amt des Finanzministers aus Idealismus angenommen hat: „Den Anruf von Sebastian Kurz habe ich am späten Vormittag erhalten. Am frühen Nachmittag war ich bei ihm. Danach hatte ich zwei Stunden Zeit um ja oder nein zu sagen.“ Und: „Ich war ja auch nie Mitglied einer Partei . . . und aufgrund meiner Erfahrung werde ich auch nie Mitglied einer Partei sein.“

Löger spricht ruhig und formuliert seine Sätze ausladend. Nur als der Richter den viel zitierten Sideletter der türkis-blauen Regierung vorhält, wird er für seine Verhältnisse kurz emotional: „Den werde ich mein Leben lang nicht vergessen!“ Gesehen habe er den erstmals bei der WKStA. „Zuvor habe ich den nicht wahrgenommen.“ Ihm sei nur ein Gentlemen’s-Agreement zwischen seinem ehemaligen Kabinettschef Thomas Schmid (ihm kommt in dem Verfahren eine Schlüsselrolle zu) und FPÖ-Mann Arnold Schiefer bekannt gewesen.

Mit Schmid habe Löger ein ambivalentes Verhältnis gehabt. „Ich wusste früh, dass er sich beruflich verändern wollte. Sein Interesse als Chef der ÖBAG war rasch erkennbar.“ Schmid habe sich auch über seine Nachfolge im Finanzministerium Gedanken gemacht – und habe jemanden installieren wollen, mit dem er weiterhin Einfluss gehabt hätte. Löger habe sich schließlich jemanden gesucht, den er für loyaler hielt.

Doch zurück zur Bestellung der Aufsichtsräte: „Da habe ich aus vielen Richtungen Vorschläge bekommen. Mir war die Kompetenz wichtig. Und ich wollte eine gute Aufteilung zwischen Männern und Frauen“, erklärt Löger.

Welche Rolle Kurz hatte? „Es gab immer wieder die Situation, dass er sich interessiert gezeigt hat. Aber ich habe keinen Druck verspürt.“ Als Kurz Manager Siegfried Wolf als Aufsichtsratsvorstand vorschlug, habe er das aber „spontan kritisch und problematisch“ gesehen. Auch wegen der Russland-Sanktionen. „Ich hatte den Eindruck, das war allen Beteiligten unangenehm. Man hat ein bisschen herumgeturnt um das Thema Wolf.“

Die Russen kommen

Apropos Russland: Kurz-Verteidiger Otto Dietrich präsentierte im Zuge der Verhandlung zwei russische Manager, bei denen sich Schmid beworben haben soll – und denen er gesagt habe, er sei von der WKStA unter Druck gesetzt worden. Dietrich will die Russen und einen vermittelnden Engländer als Zeugen in Wien. Dagegen hat die WKStA grundsätzlich nichts einzuwenden. Man müsse aber die Umstände des Treffens klären – und wie diese Informationen ausgerechnet bei Kurz landeten.

Richter Radasztics stimmt dem Antrag, die russischen Herren als Zeugen zu laden, zu. Der Londoner Banker wird nicht gebraucht.

Weitere Zeugenladungen werden Bernd Brünner (früherer Kabinettschef), ÖBAG-Aufsichtsrat Helmut Kern und Aufsichtsrätin Susanne Höllinger demnächst in der Post finden. Auch Aufsichtsrätin Iris Ortners Aussage ist gewünscht. Siegfried Wolf und Heinz-Christian Strache hingegen werden nicht mehr befragt.

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