Seit 2010 in Russland
Denn Wolf hat seit Herbst 2010 seine geschäftlichen Zelte vorwiegend in Russland aufgeschlagen. Damals dockte er beim Oligarchen Deripaska an und ist heute noch Zehn-Prozent-Aktionär des russischen Autobauers GAZ. Trotz der Sanktionen hat der gebürtige Steirer die Russland-Geschäfte nicht auf Eis gelegt.
Im Gegenteil: In Russland ist der Unternehmer als eine Art Schnäppchenjäger unterwegs. Wolf spitzt auf Werke europäischer Autobauer, die sich aus Russland zurückziehen. So verkaufte der deutsche Autozulieferer Schaeffler, bei dem Wolf im Aufsichtsrat sitzt, sein Russland-Werk (150 Mitarbeiter) an die Firma PromAvtoKonsalt – ein Unternehmen von Wolf.
Auch das Russland-Geschäft von Volkswagen wollte sich der umtriebige Manager laut Spiegel einverleiben und in weiterer Folge die russische Pkw-Industrie mit finanzieller Hilfe des Kremls wiederbeleben. Dazu ersuchte er Putin um einen umgerechnet 800 Millionen Euro schweren Staatskredit.
Kritiker nennen Wolfs Russland-Pläne „einen Anflug von Größenwahn“, Wolfs Freunde nennen es „visionär“.
Doch aus diesem VW-Russland-Deal wurde – trotz bester persönlicher Drähte zu Wladimir Putin – nichts. Laut Spiegel hat der russische Autohändler Avilon von VW den Zuschlag erhalten. Dass Wolf seine Pläne auch ohne das VW-Werk in Kaluga bei GAZ durchziehen wird, davon gehen Personen aus seinem Umfeld aus. Dass GAZ im März per Gericht Vermögenswerte des (früheren) Geschäftspartners VW in Russland in Beschlag nehmen ließ, steht auf einem anderen Blatt.
Siegfried Wolfs Größter Coup
Wolf gilt als extrem ehrgeizig. Seine steile Karriere begann der gelernte Werkzeugmacher 1995, als ihn der Austro-Kanadier Frank Stronach von der Firma Hirtenberger abwarb und bei Magna an Bord holte. Wolf stieg zum Europa-Chef von Magna auf und wurde Franks rechte Hand. Der größte Coup gelang Wolf 1997. Er kaufte im Namen von Magna um vier Milliarden Schilling den Fahrzeugtechnik-Konzern Steyr Daimler Puch (SDP) in Graz von der Creditanstalt.
„Damals hat jeder gesagt, der spinnt“, sagt ein Weggefährte Wolfs. „Es wurde aber das profitabelste und erfolgreichste Investment, das Magna jemals getätigt hat. Das war eine Gelddruckmaschine für Magna.“ Zahlreiche Autokonzerne wie BMW, Chrysler, Mini, Nissan oder Daimler ließen fortan ihre Fahrzeuge in Graz produzieren.
Ab 2005 war der Vater zweier Töchter dann fünf Jahre lang oberster Chef von Magna International. Im Mai 2007 stieg Oligarch Deripaska mit mehr als einer Milliarde Euro bei Magna ein, doch die Finanzkrise zwang ihn 2008, das Paket wieder abzustoßen. Ein Jahr später wollte Magna-Chef Wolf mit der russischen Sberbank die Mehrheit am deutschen Autobauer Opel kaufen, weil der US-Mutterkonzern General Motors vor der Insolvenz stand. Am Ende bekamen die Amerikaner kalte Füße. Der Deal platzte.
Nicht nur Freunde
Seine langjährige Erfahrung bei Magna nutzte Wolf nach seinem Wechsel nach Russland für den Transporter-Hersteller GAZ. Nach dem Motto: Was für Magna gut war, kann für GAZ nicht schlecht sein.
„Er hat die Interessen eines Frank Stronach genauso gnadenlos umgesetzt wie die eines Oleg Deripaska und hat dabei mitunter verbrannte Erde hinterlassen“, behauptet ein Freund Wolfs. „Viel Feind, viel Ehr. Er lebt nach dem Prinzip, man macht keine Gefangenen.“ Was nichts anderes heißt, als dass er Pläne kompromisslos umsetzt.
Demnach wird Wolf seine Pläne mit GAZ in Nischni Nowgorod Russland weiter umsetzen. „Die sitzen dort ja nicht mehr auf den Bäumen. Das Know-how ist vorhanden, viele Komponenten, die früher aus Europa kamen, kommen heute aus Drittstaaten wie China“, weiß ein Weggefährte Wolfs. Der Kleintransporter GAZelle, das Hauptmodell, könne mit den qualitativen Standards eines Ford Transit mithalten, koste angeblich aber nur ein Drittel davon. In Afrika, Südamerika, Indien und China findet dieses Nutzfahrzeug reichlich Absatz.
Wolf gilt als Putin-Versteher. Im Jahr 2016 hat ihm der russische Präsident den Orden der Freundschaft verliehen. Indes soll Wolf den früheren Kanzler Sebastian Kurz gebeten haben, für den seit 2018 sanktionierten Oligarchen Deripaska in den USA ein gutes Wort einzulegen. Jedenfalls legen das Chats nahe. Wolf legt heute Wert auf die Feststellung, dass er mit Personen oder Unternehmen, welche von internationalen Sanktionen betroffen sind, geschäftlich nicht zusammenarbeitet.
Für WKStA ein Verdächtiger
In Österreich hat Wolf mächtigen Ärger mit der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) und der Finanz. Ursache dafür sind die Chats mit dem früheren Finanz-Generalsekretär Thomas Schmid. Schmid soll für Wolf interveniert haben. Die WKStA vermutet einen verbotenen Deal zwischen Wolf und einer Finanzbeamtin. Diese soll Wolf einen Steuernachlass gewährt haben, Wolf soll sich im Gegenzug bei Schmid, dafür stark gemacht haben, dass die Beamtin in ein anderes Finanzamt weggelobt wird. Es geht um den Verdacht der Bestechung und Bestechlichkeit.
Wolf bestreitet die Vorwürfe. Er sieht sich als Erpressungsopfer der Finanz. Er hat eine Disziplinaranzeige gegen das Finanzamt eingebracht.
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