500 Jahre später passierte in Europa Ähnliches: Feuchte Sommer, kalte Winter, dazu eine dramatische Frequenz von Katastrophen. Am Höhepunkt der Kleinen Eiszeit zu Beginn des 17. Jahrhunderts geraten viele Regionen Europas in Turbulenzen. Nur die kleinen Niederlande nicht. Sie erleben ihr frostiges goldenes Zeitalter. „Sie konnten die Herausforderungen des Klimawandels besser bewältigen als andere größere und scheinbar mächtige Reiche, weil sie vorher gelernt hatten, mit widrigen Umständen umzugehen“, sagt der Historiker Johannes Preiser-Kapeller von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, der untersucht hat, wie der Klimawandel das Schicksal von Imperien beeinflusste.
Aufsteiger Niederlande
Die Niederlande stiegen in der Krise auf, weil bereits Strukturen vorhanden waren, die es ihnen erlaubten, flexibler zu reagieren. Sie haben während der mittelalterlichen Warmzeit (einer klimatisch günstigen Zeit zwischen 950 und 1250) mithilfe von Deichen Land trockengelegt.
Alle halfen zusammen, um die Dämme in Schuss zu halten, was den sozialen Zusammenhalt stärkte. Als das Klima dann unfreundlicher wurde und die Wale sich immer weiter in den Ozean hinaus zurückzogen, konnten nur die Niederländer der Beute aufgrund fortschrittlicher nautischer Kenntnisse folgen und die Walfang so am Laufen halten. Sie stiegen zu einer globalen Macht auf und begründeten mit der Eroberung des heutigen Indonesien ein Kolonialreich.
Komplexe Mechanismen
Lange galt: Wenn das Klima schlechter wird, gehen Reiche zugrunde. Wenn es trocken und stabil ist, blühen sie auf, die Bevölkerungszahlen steigen. Genauere Untersuchungen zeigen jedoch, dass Klimaveränderungen in der Vergangenheit selten so unmittelbare und eindeutige gesellschaftliche Folgen hatten. Alles ist viel komplexer. Was sich beobachten lässt: Oft brechen, wenn die klimatischen Bedingungen schwieriger werden, komplexe staatliche Gebilde zusammen, und Gemeinschaften, die weniger anspruchsvoll sind, profitieren.
Aufsteiger Slawen
So geschehen zu Beginn der spätantiken Kleinen Eiszeit im 6. Jahrhundert n. Chr.: „Die damalige Supermacht im Mittelmeerraum geriet in eine Krise – auf Missernten folgten Pest-Epidemien. Das Oströmische Reich war nicht mehr in der Lage, die Donaugrenze zu verteidigen. Das nutzten slawische Gruppen. Einfach organisiert, brachten sie eine neue Landwirtschaft mit, die es ihnen erlaubte, Böden zu bearbeiten, die weniger ertragreich waren.“ Ihre Gesellschaft war weit weniger auf eine hocheffiziente elaborierte Landwirtschaft angewiesen, wie sie auf den römischen Latifundien mit den Monokulturen betrieben wurde. Keine große Verwaltung und Armee, die mitversorgt werden musste. Die Römer konnten in einer Zeit des Klimawandels nicht schnell genug auf die schlechter werdenden Bedingungen reagieren.
Letztlich komme es immer darauf an, wie Klimawandel, Missernten und Krankheiten von der Gesellschaft verarbeitet werden. Der entscheidende Punkt, so Historiker Preiser-Kapeller: „Gelingt es der Gemeinschaft, den Zusammenhalt zu stärken?“
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