"Wie in vielen Ländern prägen arglos weggeworfene Masken und Handschuhe auch in Österreich deswegen mittlerweile das Straßenbild", sagt Lisa Panhuber, Greenpeace-Konsumexpertin. Um das Problem in den Griff zu bekommen, seien etwa in Asien bereits freiwillige Corona-Müll-Sammelaktionen gestartet worden.
Meeresfeind Plastik
Tatsache ist: Die Weltmeere hatten schon vor Corona ein Müllproblem. Allein ins Mittelmeer fließen pro Jahr 570.000 Tonnen Plastik. "Mit einer Lebensdauer von 450 Jahren sind diese Masken für unseren Planeten eine ökologische Zeitbombe", schrieb der französische Politiker Éric Pauget schon im Mai in einem Brief an Emmanuel Macron. Einwegmasken enthalten oft Kunststoffe wie Polypropylen, das ohne schädliche Weichmacher auskommt, unter Einfluss von UV-Strahlung aber in kleinste Teilchen, also Mikroplastik, zerfällt.
Zwar gehe der Schutz vor dem Virus vor, "Einwegplastik darf aber nicht allein die Lösung für das Pandemie-Problem sein", sagt Panhuber. Während Wegwerf-Schutzausrüstung in Spitälern oder Pflegeheimen unverzichtbar sei, könne man "im Alltag auf wiederverwendbare, waschbare Stoffmasken zurückgreifen." Einweghandschuhe für den täglichen Gebrauch empfiehlt die Wissenschaft nur zurückhaltend. Diese seien nur bei richtiger Handhabung sinnvoll, gründliche Handhygiene ausreichend effektiv.
Plastik ist dank Corona auch abseits der Schutzmasken zum gefragten Keimschutz avanciert. "Die Einstellung zu Kunststoffverpackungen hat sich verändert", betont Meinungsforscherin Roswitha Hasslinger. Ihre hygienische Schutzfunktion sei in der Krise in den Vordergrund gerückt.
Das bestätigt Christoph Hoffmann, Nachhaltigkeitsexperte beim Verpackungshersteller ALPLA Group, ein Unternehmen, das Mitglied der Plattform "Verpackung mit Zukunft" ist: "Kunststoff wird wieder ein Stück weit als sinnvolle Verpackung gesehen, wenngleich der Faktor Nachhaltigkeit enorm relevant bleibt."
Die Krise habe Innovationen in der Verpackungsbranche vorangetrieben. Wegen des Lockdowns wurden mehr Lebensmittel eingekauft. Das Müllaufkommen in den Haushalten stieg rasant. Das hat Druck erzeugt. Hoffmann: "Die Brache ist jetzt mehr denn je angehalten, leichte, mengenmäßig reduzierte und alternative Verpackungsstoffe einzusetzen."
Zweites Leben
Die ideale Verpackung "muss beim Transport schützen und die Haltbarkeit optimieren", sagt Franz Sauseng, Chef des Umweltdienstleisters Interseroh. "Eine Verpackung muss also leistungsstark sein, vor allem aber zu 100 Prozent recyclebar." Jeder Kunststoff müsse künftig ein zweites, langes Leben erhalten, die Bevölkerung bei der Entsorgung richtig damit umgehen. Sprich, getrennt sammeln, um die ökologische Rückführung von Kunststoff in den Produktionskreislauf zu ermöglichen.
Corona hat das Umwelt-und Klimaschutzthema aus dem öffentlichen Diskurs verdrängt. Positiv sieht Panhuber, "dass Umweltschutz bei vielen Projekten zur Krisenbekämpfung mitgedacht wird".
Ob sich das Abfallproblem durch die Pandemie langfristig verschärfen wird, sei schwierig abzuschätzen. "Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Müllberge anwachsen werden. Das gilt es zu verhindern. Durch Aufklärung darüber, dass wir uns von einer Wegwerfgesellschaft zu einer Kreislaufwirtschaft hin entwickeln sollten. Wo Dinge so lange wie möglich verwendet und Reparaturen sowie Mehrweg gefördert werden."
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