Warum Experten sagen, dass Astra Zeneca viel besser ist als sein Ruf
Noch wird der Impfstoff von Astra Zeneca uneingeschränkt nur für Personen von 18 bis 64 Jahren empfohlen. Grund für die Zurückhaltung war die schlechte Datenlage bei Älteren. Neue Erkenntnisse aus Schottland könnten das bald ändern, sagte Ursula Wiedermann-Schmidt, Vorsitzende des Nationalen Impfgremiums, in der ORF-ZiB1. „Wir werden noch abwarten, bis die gesamte Studie geprüft und veröffentlicht ist. Die Daten sind aber schon sehr eindeutig“, sagt der Mediziner Karl Zwiauer, Mitglied des Impfgremiums, zum KURIER. „Insofern wird es nicht mehr lange dauern, bis wir unsere Empfehlung erweitern können.“
Was zeigen die neuen Daten aus Schottland?
Dort wurden Daten von 5,4 Millionen Menschen ausgewertet, davon 1,14 Millionen aller Altersgruppen von 18 bis über 80 mit je einer Teilimpfung von Biontech/Pfizer oder Astra Zeneca. Die erste Dosis von Biontech/Pfizer senkte das Risiko einer Spitalsaufnahme um 85 Prozent, die erste Dosis von Astra Zeneca um 94 Prozent. Bei den über 80-Jährigen zeigte sich in einer gemeinsamen Auswertung für beide Impfstoffe eine vergleichbare Verringerung der Spitalsaufenthalte um 81 Prozent.
Gibt es bei Astra Zeneca öfter Nebenwirkungen?
Im jüngsten Bericht über „Meldungen vermuteter Nebenwirkungen“ ist bei Astra Zeneca die Melderate zwar deutlich höher (siehe Infobox). „Die gemeldeten Reaktionen liegen aber nicht über den aus den Studien erwartbaren Werten“, beruhigt Impf-Experte Zwiauer. Er führt die häufigen Meldungen auch auf ein Imageproblem in Österreich zurück: „Es ist ganz sicher so, dass die Aufmerksamkeit, die Astra Zeneca geschenkt wird, bei uns höher ist und auch deshalb Impfreaktionen häufiger gemeldet werden als bei den anderen Impfstoffen.“
4.000 Meldungen insgesamt
486.896 Covid-19-Impfungen (laut e-Impfpass) wurden bis 19.2. in Österreich verabreicht. Im Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) sind dazu bis 19. Februar 4.007 Nebenwirkungsmeldungen eingelangt.
Unterschiede nach Impfstoff
60 Meldungen pro 1.000 Impfungen gab es bei Astra Zeneca, 4,9 pro1.000 bei Biontech/Pfizer und 7,6 pro 1.000 Dosen bei Moderna. Häufig sind Kopfschmerzen, Müdigkeit, Muskelschmerzen, Fiebrigkeit.
Aus Studien wisse man außerdem, dass bei Astra Zeneca nach der ersten Dosis Reaktionen häufiger sind. „Die bleiben bei der zweiten Dosis dann aus. Bei den mRNA-Impfstoffen ist es umgekehrt. Da gibt es bei der zweiten Teilimpfung mehr Reaktionen.“ Da aber bisher nur die erste Dosis von Astra Zeneca verimpft wurde, ist das Bild zusätzlich verzerrt.
Wären solche Nebenwirkungen aber nicht speziell für Ältere ein Nachteil?
„Nein“, sagt Zwiauer entschlossen. Denn die Impfreaktionen betreffen hauptsächlich Jüngere. „Gerade bei Älteren hat sich eine besonders gute Verträglichkeit von Astra Zeneca gezeigt. Das hat mit dem Immunsystem der jüngeren Personen zu tun, das reagiert besser.“ – „Astra Zeneca ist der einzige Hersteller, der untersucht hat, ob die vorbeugende Gabe von Paracetamol am Tag der Impfung und am Tag danach Impfreaktionen reduzieren kann, und da zeigte sich, dass dies der Fall ist“, betont der Infektiologe Herwig Kollaritsch zusätzlich.
Erhöht ein längerer Abstand zwischen den beiden Astra-Zeneca-Dosen die Wirksamkeit?
Eine Studie der Uni Oxford ergab, dass bei einem Abstand von zwölf und mehr Wochen zwischen den beiden Teilimpfungen in der Gruppe der Geimpften 81 Prozent weniger symptomatische Erkrankungen auftraten als bei Ungeimpften. Bei einem Abstand von sechs Wochen lag die Wirksamkeit nur bei 51 Prozent.
In den Anwendungsempfehlungen des Impfgremiums wird das bereits berücksichtigt: „Die 2. Dosis sollte vorzugsweise 11–12 Wochen nach der 1. Dosis verabreicht werden.“ Der längere Abstand führt zu einer besseren Ausreifung der Immunabwehr. Laut der Studie konnten Antikörper dadurch mehr als doppelt so gut an das Virus andocken.
Die längere Pause zwischen den Teilimpfungen bedeutet jedoch nicht, dass sich ein Impfschutz erst nach 12 Wochen einstellt: „Bereits drei Wochen nach der ersten Dosis beginnt die Schutzwirkung“, betont das Impfgremium.
Kann DNA aus Vektorimpfstoffen wie jenem von Astra Zeneca in das Erbgut integriert werden?
Dieser Impfstoff besteht aus einem harmlosen, bei Menschen nicht vermehrungsfähigen Erkältungsvirus (Adenovirus) von Schimpansen. Das Erbgut des Trägervirus wurde so verändert, dass es ein Gen mit dem Bauplan des Oberflächenproteins des Coronavirus enthält – darauf reagiert das Immunsystem.
„Auch bei natürlicher Infektion mit Adenoviren wurde bisher keine genetische Veränderung menschlicher Zellen beobachtet“, heißt es beim deutschen Paul-Ehrlich-Institut. Da sich diese Viren – anders als die natürlichen Erkältungsviren – nicht vermehren können, werden sie schnell vom Körper ausgeschieden.
Wie sieht es mit dem Impfschutz bei der südafrikanischen Variante aus?
Bei Astra Zeneca weiß man, dass er milde und moderate Verläufe nur in geringem Ausmaß verhindern kann. Die Virologin Dorothee von Laer ist aber zuversichtlich, dass die Wirksamkeit von T-Zellen (schützen vor schweren Verläufen) nicht verändert ist. Dazu gibt es aber noch von keinem Impfstoff Studiendaten aus der tatsächlichen Anwendung (und nicht nur aus dem Labor).
Kommentare