„Wer eine Infektion durchgemacht hat, der hat ja quasi schon eine erste Impfung bekommen“, sagt auch der Kinderarzt Karl Zwiauer, Mitglied des Nationalen Impfgremiums, im KURIER-Gespräch. „Und eine heftige Reaktion auf die erste Impfung zeigt auch, dass das Immunsystem stark stimuliert worden ist.“ Auch in den Anwendungsempfehlungen des Nationalen Impfgremiums steht bereits, dass Personen, die eine laborgesicherte Covid-19-Infektion hinter sich haben, möglicherweise nur eine Impfung benötigen, „um geboostert zu werden“.
„Höchstwahrscheinlich sind von einer Infektion Genesene mit einer Impfdosis auf der sicheren Seite“, sagt Zwiauer. Er betont aber, dass noch überprüfte Studiendaten abgewartet werden müssen, ehe die Impfempfehlungen geändert werden könnten. Dies steht so auch in den offiziellen Anwendungsempfehlungen: "Derzeit laufen Studien um diese Frage abzuklären. Daher wird die Datenlage laufend verfolgt und die Empfehlungen entsprechend angepasst."
Deshalb wird auch die erwähnte Krankenschwester eine zweite Dosis erhalten – und möglicherweise wieder heftiger reagieren.
Allerdings: Aufgrund der derzeitigen Impfstoffknappheit soll nach einer durchgemachten Infektion eine Impfung gegen Covid-19 ohnehin „bis auf Weiteres“ aufgeschoben werden, da die schützenden Antikörper für mindestens sechs bis acht Monate bestehen bleiben.
Eine Antikörpbestimmung als Entscheidungsgrundlage für eine Impfung wird derzeit übrigens nicht empfohlen, weder vor noch nach der Impfung: „Die Aussagekraft über eine Immunität ist derzeit noch zu unsicher“, sagt Zwiauer. "Eine Antikörpertestung ist vor einer Impfung nicht erforderlich, sie hat keine Konsequenz für eine Impfung", steht in den offiziellen Anwendungsempfehlungen.
Mehrfach haben Experten in den vergangenen Tagen Kritik an einer verringerten Wirksamkeit des Impfstoffes von Astra Zeneca zurückgewiesen - alle zugelassenen Impfstoffe schützen vor schweren Krankheitsverläufen.
Doch im Zuge dieser Diskussion kam auch die Frage auf, ob man Impfstoffe „mixen“ könne. Die ersten zwei Teilimpfungen sollten aber mit demselben Vakzin erfolgen. „Nur für diese Anwendung gibt es Daten und eine Zulassung“, so die Vakzinologin Ursula Wiedermann-Schmidt von der MedUni Wien, Vorsitzende des Impfgremiums. Man ist jedoch dann nicht lebenslang an diesen Impfstoff gebunden. „Aufgefrischt kann dann auch mit einem anderen Impfstoff werden.“
Auch Rot-Kreuz-Bundesrettungskommandant Gerry Foitik äußerte sich - nach Expertenrücksprache - auf Twitter in diese Richtung. Er berichtete von einem jungen Menschen, der im Krankenhaus arbeitet und sich unsicher ist, ob er den Astra-Zeneca-Impfstoff akzeptieren oder auf einen mRNA-Impfstoff warten soll. Antwort von Foitik: "Lösung: mit Astra Zeneca 2 x impfen lassen sobald es geht. Im Herbst/Winter auffrischen mit mRNA (evtl. 2.0)."
Auch Virologe Florian Krammer sieht das so: "Ja, ich würde mich mit AZ impfen lassen, wenn der Impfstoff zur Verfuegung steht. Draufimpfen mit einem angepasstem RNA-Impfstoff geht sicher."
Impfgremiums-Mitglied Karl Zwiauer betont: "Man sollte sich jetzt nicht verunsichern lassen. Der Astra-Zeneca-Impfstoff ist nicht so schlecht, wie das jetzt vielfach suggeriert wird. Wenn ich vor die Situation gestellt bin, mich mit Astra Zeneca impfen zu lassen oder ungeimpft zu bleiben, dann ist das gar keine Frage, dass ich mich sofort impfen lasse. Womit man dann eventuell im Herbst oder kommendes Jahr auffrischen wird, das wird sich weisen. Aber jetzt sollte man auf jeden Fall das vorgegebene Impfschema von zwei Teilimpfungen vorzugsweise innerhalb von elf bis zwölf Wochen einhalten."
Höchstwahrscheinlich wird es bis in den Herbst auch schon die ersten an die neuen Virusvarianten angepassten Impfstoffe geben.
Pharmakologe Markus Zeitlinger von der MedUni Wien: „Es ist ganz klar, dass es 2021 nicht mehr nur um die Entwicklung von Impfstoffen geht. In diesem Jahr wird es auch darum gehen, wie wir verschiedene Impfstoffe kombinieren.“
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