Abnehmwirkstoff Semaglutid: Steigt das Risiko für eine Augenerkrankung?

FILE PHOTO: Wegovy user Rebekah Carl in New Colombia
Eine von einem internationalen Forscherteam publizierte Studie zeigt einen möglichen Zusammenhang auf. Noch sind aber viele Fragen offen.

Der appetitzügelnde Wirkstoff "Semaglutid" soll Menschen mit starkem Übergewicht und Typ-2-Diabetes beim Abnehmen helfen: Semaglutid senkt den Blutzuckerspiegel und erhöht das Sättigungsgefühl. In den vergangenen Monaten wurden mehrere Studien zu positiven "Nebeneffekten" - wie weniger Herz-Kreislauf-Erkrankungen - publiziert. Jetzt zeigt die Studie eines internationalen Forscherteams ein mögliches Risiko auf: Demnach könnte Semaglutid das Risiko für eine seltene Augenerkrankung erhöhen, wie die im Fachjournal Jama Ophthalmology veröffentlichten Daten zeigen. Die Forscher betonen aber, dass es für eine endgültige Aussage zu früh ist und weitere Untersuchungen notwendig sind.

Konkret geht es um eine Augenerkrankung, die zu einem plötzlichen Sehverlust auf einem Auge führt, weil der Blutfluss zum Sehnerv unterbrochen wird ("nicht-arteriitische anteriore ischämische Optikusneuropathie").

Das Team durchforstete die Daten von knapp 17.000 Patientinnen und Patienten von Augenkliniken aus einem Zeitraum von sechs Jahren. Dabei identifizierten sich 710 Personen mit Typ-2-Diabetes und 979 Personen mit Übergewicht oder Adipositas, die entweder mit Semaglutid oder einem anderen Medikament behandelt wurden:

  • Bei den Menschen mit Typ-2-Diabetes lag das Risiko für eine Diagnose dieser Augenerkrankung während der dreijährigen Beobachtungsdauer bei 8,9 Prozent (17 Fälle), wenn sie Semaglutid injizierten, und bei 1,8 Prozent (6 Fälle), wenn sie ein anderes Medikament bekamen.
  • Bei den stark übergewichtigen bzw. fettleibigen (adipösen) Personen lag das Risiko bei 6,7 Prozent in der Semaglutid-Gruppe (20 Fälle) und bei 0,8 Prozent (3 Fälle) in der Gruppe, die andere Medikamente verschrieben bekam

Das Team der Forscherinnen und Forscher betont, dass dies kein Beweis sei, dass Semaglutid die Ursache dieser Risikoerhöhung sei und ein möglicher Zusammenhang weiter untersucht werden müsse. 

Weitere Studien zu Semaglutid sind erforderlich

Joseph Rizzo, Professor für Augenheilkunde an der Harvard Medical School und einer der Studienautoren, erklärte in einem Interview für die BBC: "Unsere Ergebnisse sollten als signifikant, aber vorläufig angesehen werden, da zukünftige Studien erforderlich sind, um diese Fragen in einer viel größeren und vielfältigeren Population zu untersuchen."

Die australische Pharmakologin Margaret Morris weist in einem vom Science Media Center Australien veröffentlichten Kommentar zu der Studie darauf hin, dass die Gruppe, der Semaglutid verschrieben wurde, im Schnitt älter war als die andere Gruppe. Auch sei es möglich, dass Semaglutid generell Personen mit einem schlechteren Gesundheitszustand verschrieben worden sei.

Laut dem BBC-Bericht erklärte der Hersteller von Semaglutid, die dänische Pharmafirma Novo Nordisk, dass in der Studie nicht berücksichtigt worden sei, ob die Patienten rauchten oder wie lange sie schon an Diabetes litten. Außerdem habe es Probleme bei der genauen Kodierung und Identifizierung von Fällen der Augenerkrankung gegeben.

Semaglutid ist der Wirkstoff in dem Medikament Ozempic, das ausschließlich eine Zulassung als Diabetes-Medikament hat In höherer Dosierung ist es auch in Wegovy enthalten, das für adipöse Menschen (Body-Mass-Index von 30 und mehr) bzw.  für stark Übergewichtige (BMI von 27 oder mehr) mit Begleiterkrankungen wie Diabetes, Bluthochdruck oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen zur Gewichtsregulierung und Gewichtsabnahme zugelassen ist. 

Semaglutid ahmt die Wirkung des körpereigenen Hormons GLP-1 nach. Das Hungergefühl wird reduziert, die Magenentleerung verlangsamt. Verabreicht wird es als Injektionslösung in einem Fertigpen und muss einmal in der Woche unter die Haut gespritzt werden.

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