Es klingt wie das Wundermittel, auf das alle gewartet haben: Diät- und Fitnessprogramme waren gestern, heute wirft man eine kleine Pille ein und wird den lästigen Winterspeck los.
Die sogenannte Abnehmspritze hat den mit Abstand größten Gesundheitshype der vergangenen Jahre ausgelöst und ist unter Namen wie Ozempic, Wegovy oder Saxenda auf dem Markt. Der Wermutstropfen ist, dass sie wöchentlich injiziert werden muss, um den Effekt von 15 bis zu 25 Prozent Verlust des Körpergewichts zu erreichen. Es wird aber bereits mit Hochdruck an der täglichen Abnehmpille geforscht.
➤ Tägliche Pille statt wöchentlicher Spritze: Abnehmmittel bald zum Schlucken?
Medikament wird schon seit rund 10 Jahren eingesetzt
Dabei hatte die Pharmabranche gar nicht mit diesem Boom gerechnet. Die Wirkstoffe werden schon seit rund zehn Jahren bei schwer übergewichtigen Diabetikern eingesetzt. Es zeigte sich, dass die Betroffenen nicht nur abnehmen, auch ihr Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen sinkt.
Die Medikamente regulieren den Appetit, indem sie ein Darmhormon, das Peptidhormon, nachahmen. Die GLP-1-Rezeptorantagonisten wirken positiv auf den Stoffwechsel, und die Magenentleerung, sie sorgen für ein längeres Sättigungsgefühl. So weit, so genial für Mediziner und ihre Patienten.
➤ Revolution beim Abnehmen: "Medikamente helfen, weniger zu essen"
Der Wandel vom Medizinprodukt zum Lifestylephänomen sorgte für Engpässe
Der große Hype im Vorjahr wurde durch Promis wie Elon Musk und Kim Kardashian losgetreten – auf einmal wurde das medizinische Produkt, das in erster Linie für schwer einzustellende Diabetiker- und Herzpatienten gedacht war, zum Lifestylephänomen. Scharen an Menschen mit leichtem Übergewicht ließen sich die Spritze verschreiben, um Kilos loszuwerden. Die Kosten von 140 bis 300 Euro pro Monat nahmen sie dafür in Kauf.
Es kam zu Engpässen, sodass Ärztegesellschaften Angst um die Versorgung der Patienten bekamen. Die Österreichische Diabetes Gesellschaft forderte im August sogar, die Substanzen vorerst nicht mehr an Menschen ohne Diabetes zu verschreiben.
➤ Engpässe bei Abnehmspritze: Vorerst nur noch für Diabetiker?
Pharmaunternehmen arbeiten schon an Konkurrenzprodukten
Die Pharmabranche bedauerte die Engpässe – vor allem aber, dass sie die Produktion nicht schnell genug ausbauen konnte, um den Bedarf zu decken. Die Kassen klingeln und von dem großen Kuchen wollen – wenig überraschend – auch andere naschen: Immerhin läuft das Patent für den Wirkstoff Semaglutid in einigen Jahren aus und etliche Unternehmen bringen sich in Startposition. Nach Angaben des Münchner Pharmadaten-Spezialisten Qyobo sollen weltweit bereits 21 Firmen damit beschäftigt sein, Generika zu entwickeln. Viele der Unternehmen haben ihren Sitz in Indien oder in China.
Gleichzeitig arbeiten andere, wie der US-Hersteller Eli Lilly, an Konkurrenzprodukten. Etwa Zepbound, das kürzlich von der Gesundheitsbehörde in den USA zugelassen wurde und in diesem Jahr in den europäischen Markt eingeführt werden soll.
Negative Effekte nicht unterschätzen
Doch lohnt sich die Abnehmspritze? Für die Pharmabranche auf jeden Fall, ebenso für Patienten mit einer medizinischen Indikation wie Adipositas oder Diabetes. Nicht selten kommt es aber zu Nebenwirkungen wie Übelkeit, Erbrechen oder Verdauungsproblemen. Wer unter seinem Gewicht leidet, nimmt das in Kauf.
Fraglich, ob das auch für jene gilt, die rasch ein bisschen abnehmen wollen. Vor allem: Wird die Therapie abgesetzt, kommen die Kilos schnell zurück.
➤ Welche Gefahren gibt es bei der Abnehmspritze?
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